Das Buch der verschollenen Geschichten - Teil 1 & Teil 2
Beren, ›die jetzt am dringlichsten geboten ist.‹ Und einige Elben flogen auf seinen Befehlwie Hirsche voraus und suchten Näheres über den Marsch der Zwerge und Indrafangs zu erkunden, doch am Morgen folgte er ihnen an der Spitze des Heeres der grünen Elben; und Tinúviel blieb auf der Lichtung zurück und beweinte den Tod Tinwelints, und Gwendelin beklagte sie ebenfalls, als sei sie tot.
Nun ist zu berichten, dass das schwer beladene Heer der Zwerge von der Stätte ihrer Plünderung fortzog, und Naugladur war an seiner Spitze, und neben ihm waren Ufedhin und Bodruith; und während sie ritten, suchte Ufedhin unablässig die furchtbaren Blicke Gwendelins von seinem Geist zu verscheuchen und konnte es nicht, und alle Fröhlichkeit war aus seinem Herzen geflohen, das beim Gedanken an diesen durchdringenden Blick zusammenschrumpfte; doch dies war nicht die einzige Unruhe, die ihn quälte, denn immer, wenn er seine Augen hob, fiel sein Blick auf das Halsband der Zwerge, das am welken Hals des alten Naugladur erglänzte, und sogleich wurden alle anderen Gedanken ausgelöscht, bis auf ein grenzenloses Verlangen nach seiner Schönheit.
So zogen diese drei dahin, und mit ihnen ihr ganzes Heer; doch die Folter, die Ufedhins Geist marterte, wurde so groß, dass er sie am Ende nicht mehr ertragen konnte; so kroch er denn, als zur Nacht Halt geboten wurde, verstohlen zu dem Platz, wo Naugladur schlief, und wenn er nahe genug an den alten Zwerg, den tiefer Schlummer umfing, herangekommen war, wollte er ihn ermorden und sich des wundersamen Nauglafring bemächtigen. Als er nun gerade sein Vorhaben auszuführen suchte, siehe, da packte ihn plötzlich jemand von hinten bei der Kehle, und es war Bodruith, der, von derselben Begierde erfasst, ebenfalls versuchte, das schöne Geschmeide in seinen Besitz zu bringen; als er jedoch Ufedhin überraschte, wollte er ihn töten, denn Bodruith war mit Naugladur verwandt. Da stach Ufedhin unversehens und auf gut Glück miteinem langen, scharfen und spitzen Messer, mit dem er Naugladur hatte töten wollen, nach hinten ins Dunkel, und dieses Messer durchbohrte Bodruith, Fürst von Belegost, so dass er sterbend auf Naugladur fiel, und dessen Hals und das zaubrische Halsband wurden aufs Neue mit Blut besudelt.
Darüber erwachte Naugladur mit einem gellenden Schrei, doch Ufedhin floh keuchend von diesem Ort, denn die langen Finger des Indrafang hätten ihn fast erdrosselt. Als nun einige Zwerge eilig mit Fackeln herbeikamen, glaubte Naugladur, dass Bodruith allein versucht hätte, ihm das Halsband zu rauben, und wunderte sich, wie er im letzten Augenblick hatte getötet werden können. Und er verhieß dem Mörder von Bodruith eine reiche Belohnung, wenn er sich melden und ihm alles berichten würde, was er gesehen hätte. So kam es, dass eine Weile niemand die Flucht Ufedhins bemerkte, und Zorn erwachte zwischen den Zwergen von Nogrod und den Indrafangs, und viele mussten ihr Leben lassen, bevor die Indrafangs, die in der Minderzahl waren, zersprengt wurden, sich recht und schlecht nach Belegost retteten und nur einen geringen Schatz mit sich trugen. Hieraus ging die Fehde zwischen diesen Geschlechtern der Zwerge hervor, die Zeitalter währte, sich über viele Lande ausbreitete und über die es viele Geschichten gibt, von denen die Elben wenig Kunde und die die Menschen kaum gehört haben. Doch mag man daraus ersehen, wie rasch der Fluch von Mîm heimkehrte und sich erfüllte, und wäre er tatsächlich bei dessen eigener Sippe zur Ruhe gekommen, hätte er sich nicht fortgepflanzt und die Eldar nie mehr heimgesucht.
So hört denn, dass, als dann auch die Flucht Ufedhins ans Licht kam, Naugladur in Zorn entflammte und er alle Gnomen aus dem Heer töten ließ, die noch übrig waren. Darauf sagte er: ›Nun sind wir die Indrafangs und Gnomen und alle Verräter los, und ich fürchte überhaupt nichts mehr.‹
Ufedhin aber durchstreifte in großer Furcht und Qual die wilden Länder, denn ihm schien, dass er zum Verräter an seinem Stamm geworden war, für die Elben mit Blutschuld beladen und heimgesucht von den glühenden Augen Gwendelins; nichts war ihm geblieben als Verbannung und Elend, und er besaß nicht das winzigste Stückchen vom Golde Glorunds, denn sein ganzes Herz brannte vor Begierde; doch wenige haben Mitleid mit ihm gehabt.
Nun weiß die Geschichte zu berichten, dass er mit den Waldläufern von Berens Volk zusammentraf, und als diese von ihm genaue Auskunft über das ganze Heer
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