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Das Buch der Zeit Band 2: Die Sieben Münzen

Das Buch der Zeit Band 2: Die Sieben Münzen

Titel: Das Buch der Zeit Band 2: Die Sieben Münzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guillaume Prevost
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setzten eine ernste Miene auf. Der Priester legte eine Hand auf die Schulter des Hirten, der den Blick gesenkt hielt.
    »Metaxos, bist du vor drei Tagen in der Stadt gewesen?«
    Der junge Mann starrte, leicht hin und her wippend, auf seine nackten Füße.
    »Metaxos, es ist sehr wichtig, dass ich das weiß. Bist du vor drei Tagen in die Stadt gegangen?«
    Das Schweigen schien endlos. Man hörte nur das Summen der Insekten, die Ziegen, die ein Stück weiter hinten grasten, und das leise Hecheln von Argos, der sich unter einem Baum ausgestreckt hatte.
    »Ich glaube, du hattest recht, Lydias«, seufzte der alte Mann. »Er muss an jenem Tag in Delphi gewesen sein.«
    »Natürlich hatte ich recht«, ereiferte sich ein kleiner braunhaariger Mann und schüttelte seinen Stock. »Ich habe ihn mit eigenen Augen gesehen. Er schlich um den Schatz der Athener herum und . . .«
    Metaxos duckte sich plötzlich und versuchte seinen ungebetenen Gästen zu entkommen, indem er sich seitlich davonstahl. Doch alle stürzten sich auf ihn, und im nächsten Augenblick lag er bereits gefesselt auf dem Boden.
    »Ich habe nichts getan, guter Priester!«, rief er aus, während zwei Männer ihn wieder auf die Füße stellten und festhielten. »Ich bin ein lieber Hirte!«
    »Seht Ihr!«, hetzte Lydias. »Er hat versucht zu fliehen! Wenn das kein Beweis ist!« »Metaxos!« Der Priester hatte offensichtlich große Mühe, die Ruhe zu bewahren. »Metaxos, hör mir zu und lass das Jammern sein. Hast du den Nabel der Welt aus dem Schatz der Athener gestohlen, ja oder nein? Metaxos, sag mir die Wahrheit, das ist deine einzige Chance!«
    Der Hirte sah den Priester mit tränenverschleierten Augen an.
    »Ich habe nichts getan, guter Priester! Ich schwöre, ich habe nichts getan!«
    Der Priester machte eine wegwerfende Handbewegung.
    »Der Archon wird sie sicher selbst befragen wollen. Also werden wir sie ins Gefängnis von Delphi schaffen müssen.«
    V.
    Der Fremde
     
    Die Stadt Delphi thronte majestätisch wie ein Adlernest hoch oben inmitten erhabener Berge, eine weiße Perle in einem Schmuckkästchen aus grauem Felsgestein. Als sie ihr durch das benachbarte Tal näher kamen und Sam die Stadt auf einmal vor sich liegen sah, stockte ihm der Atem: Wie Trauben hingen die Häuser mit ihren Ziegeldächern dicht an dicht um gleißende Konstruktionen, deren große dreieckige Giebel das strahlende Sonnenlicht zurückwarfen. Der Anblick wurde noch beeindruckender dadurch, dass die Stadt fernab der Welt in einem Meer aus senkrecht in den Himmel ragenden Felswänden und schwindelerregenden Abgründen zu schweben schien: kein anderes Dorf weit und breit, kein Hof, nur zerklüftete Felsen und Himmel.
    Doch trotz seiner isolierten Lage war Delphi alles andere als verlassen: Eine dichte Menschenmenge drängte sich in den Straßen, und der schmale ockerfarbene Pfad, der sich zu ihren Füßen dahinschlängelte, war voll mit Karren und Pilgern.
    Nach einem dreiviertelstündigen schweigsamen Marsch wurden die beiden Gefangenen in ein Gebäude eskortiert, das von Lanzenreitern bewacht wurde. Man brachte sie in einen unmöblierten, fensterlosen Raum im hinteren Teil des Gebäudes, in dem nur ein paar Matten auf dem Boden lagen.
    »Ich werde den Archon holen«, sagte der Priester an die beiden gewandt. »Denkt bis dahin gut darüber nach, was ihr ihm erzählen wollt.«
    Er verschloss die Tür, und die beiden Jungen fanden sich in finsterster Dunkelheit wieder. Metaxos rollte sich schniefend in einer Ecke zusammen, und Samuel ließ sich auf eine der Flechtmatten sinken. Er war sich mittlerweile sicher, dass er sich in Griechenland befand. Athen, Apollon, die Tuniken, die Tempel, die Säulen – das passte alles zusammen. Doch in welchem Jahrhundert? Großes Rätsel. Delphi musste eine Art Heiligtum sein, zu dem die Griechen kamen, um das Orakel zu befragen, damit es – damit sie! – ihnen bei den unterschiedlichsten Problemen Ratschläge gab – wie eine Urversion von Matrix. So viel hatte er zumindest aus einer Unterhaltung vor den Toren der Stadt herausgehört, als der Priester einem Soldaten erklärt hatte, was man beachten musste, wenn man sich an die Pythia wandte, und welche Formalitäten es vorher zu erledigen galt. Die Pythia, das Orakel – auch wenn Sam sich immer noch nicht ganz sicher war, klang das alles in seinen Ohren ziemlich griechisch.
    Das Wichtigste war jedoch etwas ganz anderes. Das Wichtigste betraf seinen Vater. Allan war in Delphi gewesen. Mehr noch,

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