Das Buch der Zeit Band 2: Die Sieben Münzen
wiederzufinden versuchte. Sie befanden sich in einem dunklen Raum mit niedriger Decke, auf dessen linker Seite er eine hölzerne Maschine und in der Wand eine Art rechteckiges Bullauge erkannte. Durch die milchige Scheibe nahm Sam mit größter Mühe einen riesigen wassergefüllten Tank wahr, in den ein Schaufelrad eintauchte, das im Augenblick allerdings stillstand. Das Ganze war offenbar nicht besonders dicht, denn die Wand tropfte vor Feuchtigkeit. Ein Stück weiter lagen Hammer und Zangen auf dem Boden sowie eine Öllampe – ein deutlich höher entwickeltes Modell als das in der Höhle der Geister. Der Sonnenstein lehnte an der gegenüberliegenden Wand und war von einer dicken Salpeterschicht überzogen, unter der die eingravierte Sonne kaum noch zu erkennen war. Alles war durchdrungen von Feuchtigkeit. . .
Samuel nahm die Museumsmünze aus der Vertiefung des Steins und beugte sich zu seiner Cousine.
»Alles klar, Lili?« »Mein Schädel!«, murmelte sie benommen und wischte sich den Mund ab.
»Es ist vorbei, Lili, wir haben es geschafft.«
»Was geschafft?«
»Na, uns zu retten natürlich.«
»Bist du unter die Lateiner gegangen, Sammy?«
»Wie bitte?«
»Du sprichst Latein, Alter. Genau wie ich.«
»Ah!«
»Unglaublich, dieses automatische Übersetzungsprogramm!«, bemerkte sie mit einem schwachen Lächeln. »Wenn ich das in der Schule gehabt hätte . . .«
Sie verstummte plötzlich und spitzte die Ohren. Gedämpfte Stimmen drangen zu ihnen. Sie schienen aus dem Keller zu kommen, der sich vor ihnen in der Finsternis verlor. Stimmen, die schrittweise näher kamen.
»Es gibt etwas, das ich dir unbedingt sagen muss, Sammy. Es geht um unsere eigentliche Gegenwart.«
»Nun sag schon!«
»Die Polizei sucht nach dir.«
»Die Polizei?«
»Ja. Wegen des Einbruchs im Museum. Sie haben in dem Saal, in dem der Diebstahl passiert ist, dein Handy gefunden.«
Sein Handy! An das Ding hatte er überhaupt nicht mehr gedacht!
»Sie haben anhand der Nummern Nachforschungen angestellt und standen gegen Mittag bei Grandma auf der Matte. Weil du dort schon nicht mehr warst, wollten sie in der Barnboimstraße nachsehen. Wir waren gerade mit Mama vom Aquapark zurück, und ich bin sofort losgelaufen, um dich zu warnen. Doch als ich dich festhalten wollte ...«
»Das kann ja heiter werden, wenn sie merken, dass in der Buchhandlung auch eingebrochen worden ist. . .«
»Lagen deswegen all die Bücher überall herum?«
»Das war bestimmt der Tätowierte«, sagte Sam. »Ich glaube, er sucht irgendetwas. Vielleicht das schwarze Notizbuch oder das >Buch der Zeit<... Außerdem habe ich im Internet eine Gesellschaft namens Arkeos gefunden, die mit Antiquitäten handelt und . . .«
»Schsch«, warnte Lili, »sie sind schon ganz nah!«
Mittlerweile war die Unterhaltung, die aus dem Keller zu ihnen drang, besser zu verstehen:
»Es ist der älteste Teil des Gebäudes, du solltest wirklich langsam daran denken, ihn zu schließen, Corvus. Die undichten Stellen werden immer schlimmer und . . .«
»Was denn noch alles!«, donnerte eine zweite Stimme. »Wir haben Hochsommer, ich kann mich vor Kunden kaum retten! Ich brauche sämtliche Reserven! Du wirst mir das reparieren, und zwar schnell!«
»Sie kommen«, hauchte Lili. »Was sollen wir tun?«
Samuel ermutigte sie, aufzustehen und sich den Staub von den Kleidern zu klopfen. Ein gelblicher Lichtschimmer erhellte jetzt den Gang.
»Ich werde mich doch von so einer kleinen undichten Stelle nicht davon abhalten lassen zu öffnen, Julius! Und ich bezahle dich nicht, damit du mir sagst, dass du nicht in der Lage bist, die Sache wieder in Ordnung zu bringen! Aber was ist das . . .? «
Die beiden Männer traten in den Raum mit der Maschinerie und hielten abrupt inne, als dort plötzlich Sam und Lili vor ihnen standen.
»WAS HABT IHR HIER ZU SUCHEN?«, donnerte der eine, der die Lampe hielt, ein kahlköpfiger, mit einer Toga bekleideter untersetzter Mann.
»Wir haben uns verirrt«, brachte Sam heraus.
Der Kahlköpfige musterte ihre Kleidung.
»Seit wann ist es Sklaven erlaubt, in den Kellern herumzustreunen? Und wo ist eure Montur?«
»Äh . . . vergessen«, sagte Sam.
»Was soll das heißen, vergessen?«
Er hob den Stock in seiner Rechten und versetzte dem Aufsässigen einen kräftigen Schlag an die Beine.
»Die Bäder stehen kurz vor der Eröffnung für die ersten Besucher und ihr seid nicht auf eurem Posten? Wie heißt ihr?«
»Samus und Lilia«, antwortete Lili
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