Das Buch der Zeit Band 2: Die Sieben Münzen
sollte, seine Mission zu erfüllen: ein Schmuckstück, das er den >Goldenen Kreis< nannte – ein aufwendig gearbeiteter Armreif, auf welchen man sechs der sieben Münzen schieben konnte, bevor man sie in die sechs Strahlen der Sonne gleiten ließ . . . Auf diese Weise konnte der Arzt, sobald er die mittlere Münze auf der Sonnenscheibe platziert hatte, nicht nur das gewünschte Ziel erreichen, sondern auch alle Münzen mit auf die Reise nehmen, als wären sie ein Teil von ihm. Der Armreif erlaubte ihm so, sich nach Belieben in den sieben Jahrhunderten zu bewegen, die die Münzen für ihn bestimmten! Ein wahrer Sesam-öffne-dich auf allen Wegen durch die Zeit!«
»Und deshalb haben alle Münzen auch ein Loch in der Mitte!«, rief Lili aus. »Um sie zusammenzuhalten, wenn man sie auf den Goldenen Ring gefädelt hat!«
Sam hielt es nicht länger auf seinem Platz. Impulsiv sprang er auf und trat auf den Hohepriester zu.
»Wo kann man diesen Reif finden?«
Setni tätschelte ihm beschwichtigend die Schulter.
»Den Goldenen Kreis? Meines Wissens wurde irgendwo im Orient eine Kopie angefertigt, wahrscheinlich nach Imhoteps verloren gegangenem Bericht. In wessen Besitz er sich allerdings heute befindet. . .«
»Und das Original?«, drängte Sam.
»Das besitze ich«, antwortete Setni ruhig. »Doch ich werde es dir nicht geben, wie du dir sicher vorstellen kannst... Nicht einmal zeigen werde ich es dir, denn es besteht die Gefahr, dass es dir den Verstand raubt. Sein Einfluss ist gewissermaßen unsichtbar: Schon viele sind bei dem Gedanken verrückt geworden, sich eines Tages seiner zu bemächtigen.«
Samuel spürte eine Welle der Wut in sich aufsteigen, gegen die er nichts tun konnte. Er musste diesen Armreif bekommen! Nur so würde er seinen Vater retten können! Auf der Stelle! Und wenn Setni ihn nicht freiwillig hergeben wollte . . .
Beinahe gegen seinen Willen machte er einen Schritt auf den alten Mann zu. Der gebot ihm mit einer Handbewegung Einhalt.
»Ich ahne, was in dir vorgeht, mein Junge, aber denke daran, wie es vorhin Paxton und seiner Bande ergangen ist. Das solltest du nicht riskieren.«
Die entschiedene Stimme des Hohepriesters und sein vollkommen ruhiger Ausdruck ließen mit einem Schlag alle Aggressivität von Sam abfallen.
»Ihr müsst entschuldigen«, stammelte er verwirrt, »ich weiß nicht, was in mich gefahren ist. Es ... es war stärker als ich.«
»Die Faszination, die von dem Goldreif ausgeht, hat schon so manchen gutwilligen Geist verwirrt, mein Junge. Daher deine . . . Stimmungsschwankung. Betrachte es als eine Warnung, und versuch dich in Zukunft immer daran zu erinnern.«
»Aber warum erklärt Ihr uns das alles, wenn es uns doch nicht hilft, Sammys Vater zu befreien?«
»Bei dieser Art von Suche, wie ihr sie auf euch genommen habt, meine jungen Freunde, ist die Wahrheit bei Weitem der Lüge vorzuziehen. Sie hilft euch dabei, wenn der Moment gekommen ist, die rechten und notwendigen Entscheidungen zu treffen. Und dieser Moment wird kommen, da könnt ihr sicher sein, und viel eher, als ihr es euch wünscht. Denn zu viele Dinge brauen sich um euch und um den Sonnenstein zusammen . . . Dieser Bär, der sich in der Höhle auf ihn stürzte, dieses Erdbeben, das ihn unter Wasser setzte und spaltete, diese Maschinen, die ihn auf der Baustelle begruben . . . Glaubt ihr, das ist zufällig passiert? Normalerweise bemerken die Menschen den Stein des Thot kaum oder gar nicht. Was die Tiere angeht. . .«
Er rollte wieder die Karte vor ihnen aus und wies auf einige Nadeleinstiche auf dem Papyrus:
»Mich haben verschiedene Zeichen darauf aufmerksam gemacht, dass auf den Wegen durch die Zeit eine Gefahr lastet. Seht her, an all diesen Stellen sind in den letzten Monaten Sonnensteine verschwunden . . . Hier zum Beispiel ist die Stadt am Vesuv, und die Bärenhöhle ist dort. . .«
Er zeigte auf zwei ziemlich weit voneinander entfernte kleine Löcher auf einem bunten Klecks, der vage die Form eines Sterns erkennen ließ und möglicherweise Europa darstellte.
»Wie ich euch bereits gesagt habe, habe ich eure Bekanntschaft gemacht, als ich einen dieser Orte hier in Chicago« -er wies auf ein Gebiet von der Form einer ausgedehnten Acht, es musste sich um Amerika handeln – »besuchte. Und nachdem ich euren Bericht gehört habe, bin ich zu folgendem Schluss gekommen: Ich bin sicher, dass das Orakel von Delphi recht hat und dass in der Tat jemand versucht, die Pforten der Zeit zu schließen. Jemand hat
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