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Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Klaus
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klopfen – und dann? Er fuhr herum. Sofort hatten sie die Hände an ihren Waffen. „Was habt Ihr vor?“, zischte er. „Wozu dieser nächtliche Handstreich?“
    „Voran!“
    Als er sich nicht von der Stelle rührte, verpasste man ihm einen groben Stoß.
    Philipp riss den Arm hoch. „Fasst mich nicht an! Ihr widert mich an! Warum seid Ihr nicht zum Treffpunkt gekommen? Wo ist mein Weib? Ich habe keinen Schlüssel zur Kanzlei, falls Ihr meint, wir könnten nun …“
    Der Faustschlag ließ ihn taumeln.
    „Maul! Weiter!“
    Philipp rieb sich mit dem Handrücken unter der Nase lang. Blut. Unbändiger Zorn wallte empor. Er wollte den Sauhund zu Brei schlagen! Aber wie, ohne Waffe?! Wieder wurde er gestoßen, stolperte weiter.
    Das Haus der Steinhauer lag nun hinter ihnen, vorbei die Möglichkeit, dass jemand den Wortwechsel gehört haben mochte. Und selbst wenn, wer wäre schon herausgekommen in die eiskalte Nacht? Fieberhaft überlegte er. Vielleicht brauchten sie seinen Schlüssel zur Kanzlei gar nicht – sie hatten womöglich einen eigenen? Schließlich waren sie auch in den Gefängnisturm gekommen. Durch Brückenhaus und Torturm hindurch. Besaßen sie also Schlüssel? Der Wächter? Hatte er nur getan, als schliefe er, weil er mit ihnen unter einer Decke steckte? Oder hatten sie ihn tatsächlich …? Ach – ein Dietrich, das musste es sein! Sie hatten einen Nachschlüssel. Damit sollte er in die Kanzlei. Und den Wärter hatten sie wohl betäubt wie ihn vor Tagen. Wieder blieb er stehen, wandte sich zu den beiden um: „Und wenn ich das Buch zurückgebracht habe? Werft Ihr mich zurück in den Seltenleer?“
    „Bürschchen“, zischte der Größere der beiden. „Sagen wir, wir ersparen dir die peinliche Befragung.“ Er bedeutete ihm weiterzugehen.
    „Was?“, stotterte Philipp, drehte sich halb um, blieb nach zwei Schritten erneut stehen, tappte weiter, weil man ihn vorwärtsdrängte.
    „Wo ist mein Weib?“, keuchte er über die Schulter.
    „Hier hoch“, hörte er den Befehl.
    Philipp erkannte eine schmal ausgetretene Spur, die rechts den Hang hinaufführte, folgte ihr.
    „Tja, dein Weib. Eben die ist die Schwierigkeit.“
    „Was soll das heißen?“, rief Philipp voll Zorn, während er aufwärts stolperte.
    „Das ist es, was wir dir nun verdeutlichen müssen, so schwer es uns fällt.“ Der Tonfall des Mannes war voll Spott – und einer Spur wahrhafter Ernsthaftigkeit.
    Sofort spürte Philipp, wie sein Herz noch härter gegen die Rippen schlug, wie das Blut in seinen Ohren rauschte. Hedwig! Was war mit Hedwig? Er mühte sich den Hang hinauf, weil sie hinter ihm waren und ihn unerbittlich vorantrieben. Aber wieso den Hang hinauf, wieso nicht hinunter, Richtung Stadt? Gebückt blieb er stehen, keuchte: „Sprecht endlich!“ Etwas stimmte ganz und gar nicht, kaum meinte er, durchschaut zu haben, was sie wollten, stürzten ihn ihre Befehle in einen neuen Strudel wirrer Gedanken. „Ich tue keinen Schritt weiter!“ Er spürte die wütende Kraft, die ihn zu diesem Widerstand trieb, obwohl er einen erneuten Schlag fürchten musste. Er kam nicht. Drohend wie zwei finstere Waldgeister standen die beiden unterhalb von ihm und sahen unter ihren Kapuzen zu ihm auf. Ein Kopfrucken.
    Philipp stieg rückwärts, zittrig, aufgewühlt.
    „Dorthin!“, befahl die verhasste Stimme.
    Philipp sah nach rechts, Steine, Felsen, spärlicher Baumbewuchs, nichts mehr als graue und schwarze Umrisse in der Schneenacht. Er musste sich umdrehen und voranstapfen. Was hatten sie vor? Einige Tannen zwischen kahlen Bäumen, etwa zehn Fuß oberhalb ein trüber Schemen, zerknautscht wie das Gesicht eines bösen Riesen, ein Findling.
    „Dein Weib also“, sagte der Größere, und Philipp hörte die Kurzatmigkeit in dessen Stimme. Auch ihn kostete der Anstieg Kraft. Hoffnung. Er würde es ihm nicht leicht machen. Er würde sich wehren – was immer sie vorhatten. Er würde sich nicht fügen wie ein Lamm.
    „Sie ließ sich mit einem zwielichtigen Kauz ein. Übler Geselle. Hat sich mit ihm davongemacht.“ Voller Betonung, scharf und ätzend der Nachsatz: „Teilt das Lager mit ihm.“
    Die Worte trafen Philipp wie ein Fausthieb. „Nie im Leben!“, fauchte er und blieb stehen. „Ihr lügt!“
    „Dumm nur, dass sie das Buch hat.“
    „Sie hat das Kopialbuch? Das ist unmöglich! Ihr hattet es. Was habt Ihr mit ihr gemacht?“ Rasend wurde er, alles in ihm purzelte, fiel auseinander, stürzte in Schwärze. Der hatte sie umgebracht!

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