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Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Klaus
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ihm und zu helfen ihm – weil Ihr liebt ihn. Als wäre nicht genug das, es gibt diese kleine wonnige Maid, die einem rührt an das Herz mit jedem Lächeln, das sie schenkt einem.“ Ryss drehte schwerfällig den Kopf und schaute Juli an.
    Hedwig spürte Tränen aufsteigen. Was er sagte, wie er über ihr Kind sprach, war wunderschön, und er sagte es mit einer Wärme und Sehnsucht in der Stimme, die sie zutiefst berührte.
    „Ihr bringt mich zum Weinen“, sagte sie und wischte sich über die Augen.
    Er sah sie an. „Das sollt Ihr nicht. Ihr müsst freuen Euch. Ihr sollt wissen: Es stimmt, wenn Ihr sagt, ich habe Sehnsucht nach meiner Heimat.“ Ryss rührte sich unter der Decke. „Und er fehlt mir“, flüsterte er, halb wach nur noch, übernächtigt wie sie selbst.
    Sie öffnete die Augen und sah zu ihm hin. Er hatte die seinen geschlossen. „Manchmal ich sehe vor mir sein Gesicht. Es lacht mich an, rot und glücklich vom Eislaufen – wir waren oft Eislaufen, wisst Ihr.“ Als er fortfuhr, hörte sie ein Lächeln in seiner Stimme. „Oft er ist gestürzt. Stand auf und lief weiter. Er war voller Leben.“
    „Es ist schön, dass Ihr sein Andenken bewahrt. Und Ihr könnt neue Freunde finden“, traute sie sich zu sagen.
    Halb öffnete er die Augen, sah sie an, müde, erschöpft.
    „Er ist nicht zu ersetzen, das meine ich nicht“, stotterte Hedwig und wusste nicht mehr weiter.
    „Ich weiß, was Ihr meint. Ihr wollt sagen, das Leben geht weiter.“
    „Alles wird gut, Ihr werdet es sehen“, lächelte sie.
    Schlaftrunken lächelte auch er. „Das habt Ihr mir gesagt auch letzte Nacht. Und ich glaube es.“
    Ein eigentümliches Glücksgefühl pochte ihr durchs Herz. Sie war so müde, gähnte erneut und bedauerte Ryss, der nun gleich in sein kaltes Zimmer hinüberging. Doch als sie im fahlen Morgenlicht erwachte, weil ein Hahn krähte und Juli sich regte, stellte sie fest, dass sie noch immer lagen, wie sie sich am späten Abend gebettet hatten: schief und krumm an die jeweiligen Bettenden gelehnt, in ihre Mäntel gehüllt, Bein an Bein zusammen unter dem Deckbett.

Vierzig
    Sein Körper zuckte, Philipp war wach. Er öffnete die schlafverklebten Augen – und sah doch nichts. Finsternis in seinem Gelass. War da ein Laut gewesen? Ratten womöglich? Oder hatte er mit den Zähnen geklappert? Er fasste nach der Decke, zog die Beine enger an den Bauch. Es half nichts. Er fror.
    Da war doch etwas? Oben beim Wärter?
    War es schon Morgen?
    Ganz sicher nicht.
    Philipp fasste sich an die Nase. Eiskalt. Die hatte er im eigenen Schlafgemach zwar auch, doch konnte er sie da wenigstens unter das Deckbett stecken und näher an Hedwig heranrücken. Hedwig! Mit Wucht kehrte die Erinnerung zurück. Er krümmte sich noch mehr zusammen, rieb die kalten Hände zwischen den Oberschenkeln.
    Dann – ganz eindeutig – ein Geräusch. Schritte?
    Der Riegel. Mitten in der Nacht?
    Die Tür öffnete sich, das Flämmchen eines Kienspans flackerte – mit einem Ruck saß Philipp aufrecht.
    Kilian! Doch also!
    Er kam auf die Beine, wankte, weil das zu schnell gewesen war, stolperte zum Fuß der Leiter.
    Dort oben stand ein Mann, verhüllt, Kapuze tief ins Gesicht gezogen. „So bist du also doch …?“ Er verstummte.
    Das war nicht Kilian. Kilian war kleiner.
    Und hätte die Kapuze zurückgeschlagen, damit er ihn sehen konnte.
    „Komm hoch!“ Der Arm dort oben machte eine entsprechende Bewegung.
    Die Stimme sprach leise. Verstellt. Verstellt wie vor einigen Nächten vor der Kanzlei.
    „Ihr?!“, rief Philipp entsetzt.
    Ihn schwindelte. Er starrte hinauf zu dem Mann, dessen Gestalt im spärlichen Lichtschein zu zucken schien wie ein böser Dämon. Er wich einen Schritt zurück.
    Was sollte das? Wieso war der hier? Er verstand nicht. „Aber was wollt Ihr?“, stotterte er. Waren etwa doch Regierungsgeschäfte im Gange, wenn der da die Macht hatte, ihn mitten in der Nacht aus dem Turm zu befehlen? Wenn der überhaupt erst hereinkam?
    „Muss ich erneut alles zweimal sagen? Hochkommen!“, zischte die Stimme.
    „Warum? Was wollt Ihr?“
    Mit einer zornigen Bewegung begann der Mann die Leiter herunterzusteigen.
    Philipp drückte sich an die kalte Mauer, sein Herz begann wild zu schlagen. „Warum seid Ihr nicht gekommen? Wo ist mein Weib?“, presste er hervor, während er zusah, wie der Mann herabkletterte. Ganz eigentümlich war ihm, er spürte die Kälte, die ihm in den steifen Gliedern hing, roch den Gestank der Decke, die er über

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