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Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Klaus
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zurück. Kraft? Mut? Um Julis willen. Für Juli.
    „Bitte, Herr“, wagte sie zu flüstern. „Lasst mich nach ihr sehen. Bevor sie wieder zu weinen beginnt.“ Sie verharrte in der gebückten Haltung, hatte Angst vor einem neuen Schlag. Und dann, jäh, ein Gedanke: Vor ihr die Holzscheite. Was, wenn sie ein Großes nähme, herumwirbelte, es ihm ins Gesicht schlug. Sie sah es vor sich. Er würde nicht darauf gefasst sein. Doch ihr Herz klopfte zu wild, sie überlegte zu lange, was, wenn sie ihn nicht träfe, wenn er auswich, sie nur seine Schulter streifte.
    Sie nahm das Scheit und warf es aufs Feuer.
    „Braves Mädchen. Noch eins!“, befahl er.
    Und das Schwert hob den Stoff.
    Tränen fielen auf ihre Hand, die nach dem Scheit griff.
    „Dada“, blubberte Juli.
    Etwas in ihrem Innern barst, als würden Fesseln mit einem kraftvollen Hieb durchtrennt. Sie wusste selbst nicht, wie es geschah, doch ruckartig richtete sie sich auf, die Röcke fielen, die Waffe drang
nicht
in ihren Leib, mit einer nie gekannten Entschlossenheit warf sie sich herum, hob das Holzstück, zum Schlag bereit, und schrie: „Hört auf, mich zu quälen!“
    Er war tatsächlich zu verdutzt, um etwas anderes zu tun, als sie anzuglotzen. Und ein rascher Blick auf den Schwarzhaarigen ließ sie mit Genugtuung erkennen, dass sie endlich dessen Aufmerksamkeit gewonnen hatte. Das galt es auszunutzen. „Ihr verschleppt mich, haltet mich gefangen, und ich weiß nicht weshalb!“, schrie sie weiter. „Ihr quält mich, und vielleicht trachtet Ihr mir gar nach dem Leben! Was habe ich Euch getan, was?! Ich kenne Euch nicht!“
    Sie zitterte.
    Das Gesicht des Widerlings verfinsterte sich. „Bist ja eine Wildkatze. Wer hätte das gedacht!“, raunte er.
    Ein Augenblick gefährlicher Stille, nur das brennende Holz knisterte.
    Er holte aus, diesmal wich sie vor ihm zurück, trotzdem erwischte er sie und schlug mit dem Handrücken fest in ihr Gesicht. Sie taumelte rückwärts, verlor das Scheit und fiel auf das Holz. Kanten und Ecken bohrten sich schmerzhaft in ihre Seite.
    „Das wagst du nicht noch einmal!“, zischte er.
    Sie wusste, sie hatte seine Ehre verletzt. Sich vor den Augen eines anderen gegen ihn zu stellen, war nicht ratsam gewesen. Doch etwas in ihr hatte sich wie losgelassen angefühlt. Das, was jedes Wesen zum Überleben antrieb. Es hatte keinen Platz gelassen für Überlegungen. Verrenkt und keuchend lag sie da und starrte in sein wutverzerrtes Gesicht.
    Juli fing an zu weinen. Jäh die Angst, dass er sich rächte, indem er ihrer Tochter nun doch etwas antat.
    „Herr“, hörte sie wie aus weiter Ferne die Stimme des Schwarzhaarigen. „Lasst von ihr ab.“
    Dankbar gewahrte sie, dass er sich ihnen zugewandt hatte. Sie sandte ein Flehen in seine Augen.
    Der Rothaarige fuhr zu ihm herum, knurrte wütend: „Glotz nicht! Kümmere dich um deine Aufgabe.“
    „Sicher“, nickte er und machte Anstalten, sich wieder abzuwenden.
    Die Angst schwoll an.
    Dann räusperte sich der Fremde, bat den Widerling mit einer Geste näher zu sich. „Ihr könnt vertiefen diese … äh … Angelegenheit“, raunte er. „Doppeltes Vergnügen. Ich habe Hilfsmittel. Wenn Ihr wisst, was ich meine.“ Mit dem Kinn deutete er in die Ecke, in der sein Rucksack lag.
    Der Blick des Rothaarigen huschte von dem Fremden zu ihr und wieder zu dem Fremden. „Du meinst …?“
    „Sicher!“, nickte der andere und lächelte ein gewinnendes Lächeln.
    Ihre Erleichterung schmolz dahin.
    Und mit ihr die Hoffnung.

Dreizehn
    Es gab zwei Möglichkeiten.
    Die eine war, er führte die Sache hier zu Ende, zögerte sie vielleicht noch etwas hinaus und ließ sich hinterher von Haudrauf Rotnase abstechen.
    Die andere war zuzusehen, dass er Land gewann.
    Nicht schwer, eine zu wählen. Wer hatte schon Lust, das Frühstück der Raben zu werden? Schwieriger war es da schon, die rechte Vorgehensweise zu finden.
    Vorhin noch hatte er geglaubt, er hätte sie gefunden. Anhand dessen, was er tat, meinte Ryss, halbwegs begriffen zu haben, um was es den Schelmen ging. Er war sich allerdings nicht sicher. Er sprach das Deutsche inzwischen recht gut. Aber die verschnörkelte Schriftsprache im Buch war eine andere Sache. Dennoch hatte er überlegt, eine Andeutung zu machen, sich sein Schweigen bezahlen zu lassen. Doch das hatte er wieder verworfen. Rotnase würde den Teufel tun und ihm Geld geben. Er war jähzornig, grausam und erbarmungslos. Dazu verschlagen. Und natürlich misstrauisch. Gut, mit

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