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Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Klaus
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linken hinteren Ende vor dem Pferdestand einer Fuchsstute. Neben Kilian drückte sich dessen Kollege Georg dicht ans brusthohe Holzgatter, beide Hausknechte stützten die Unterarme auf die Kante, jeder biss von etwas ab, das wie Brot aussah, während sie das Tier betrachteten, kauten und gleichzeitig miteinander sprachen. Sie wandten ihm den Kopf zu, als er herankam. Die Stute schnaubte leise.
    „Holla, Freund, da bist du ja!“, begrüßte ihn Kilian lächelnd.
    Georg und er nickten sich zu, Philipp sah, dass es tatsächlich Brot war, dicke Schnitten, zwischen denen ein ebenso dickes Stück braun gebratenen Fleisches lag. Es roch vortrefflich und erinnerte ihn daran, dass er nichts gegessen hatte. Und das nicht nur, weil sein Magen von Nickels Stoß wehtat.
    „Warum ist schon so viel Umtrieb hier?“, fragte Philipp. „Sind doch noch fast zwei Monate bis zur Abreise nach Amberg.“
    Kilian zuckte die Schultern, während er an Georg vorbei auf ihn zutrat. „Eindrucksvoll, was?“ Er klopfte ihm auf die Schulter.
    Philipp nickte zustimmend.
    „Deine Fresse sieht bald aus wie Cronbergs Schamkapseln!“, feixte Kilian und drehte den Kopf zu Georg, der ebenfalls lachte.
    Untermarschall von Cronberg war bekannt für seine Vorliebe für pflaumenblau und gelb geschlitzte Hosenlätze, und hinter vorgehaltener Hand machte man sich darüber lustig. „Dumm, wenn das Tor beim Heimweg plötzlich acht Fuß weiter links steht als beim Hinweg.“
    „Wer denn Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen“, erwiderte Philipp und versuchte ein schiefes Grinsen.
    „Hast du dich draußen umgesehen?“, fragte Kilian.
    „Hm“, machte Philipp. Kilian biss von seinem Brot ab und sagte mit vollem Mund: „Seit Friedrich regiert und sie wieder an den Hof dürfen, laufen einige der Vasallen so aufrecht und so stolzen Schritts herum, als wollten sie mit ihren Scheiteln an die Sterne stoßen.“ Er machte eine entsprechende Geste und Georg lachte. Philipp fiel mit ein.
    Kilian, von all dem Auftrieb angetan, fuhr fort: „Was glaubst du, wie stinklangweilig es hier sein wird, wenn erst einmal alle abgezogen sind und das lärmende Treiben vorbei ist?“
    Philipp nickte unbestimmt. Als seine Augen die von Kilian trafen, merkte er, dass sein Freund von alledem nicht nur deshalb so vergnügt plauderte, weil er die Schwätzerei genoss, sondern auch, weil er ihn aufmuntern wollte. Wähnte er ihn doch in Gedanken bei Weib und kranker Schwiegermutter in Reilingen.
    Er biss sich auf die Unterlippe. Das Gefühl, das ihn zuvor im Innenhof überfallen hatte, schien erneut aufkommen zu wollen. Er starrte auf die blaugelben Schabracken, die links an der steinernen Stallwand auf Holzböcken hingen, und kämpfte es hinunter. Ein heißer Klumpen Pech lag ihm im Magen. Er war unfähig, auch nur ein Wort zu sagen, spürte Leere, spürte Not, fühlte Schmerz.
    Irgendwo lachte jemand laut, ein Gaul wieherte, ein Hammer, der auf Eisen schlug. Philipp zwang sich in die Wirklichkeit und sah Kilian an.
    Und wie Kilian ihn ansah, da spürte er plötzlich Wärme im Bauch und wurde verlegen. Im Blick seines Freundes lag das Wissen um etwas Unausgesprochenes, das ihn einhüllte, und die Bereitschaft, für ihn da zu sein, wenn er ihn benötigte.
    Er schluckte. „Ich muss los“, sagte er und verabschiedete sich mit einem Nicken.

Zwölf
    Seit sie diesen Fremden gefangen und dessen Rucksack durchsucht hatten, herrschte eine eigenartige Spannung in der Hütte. Als wären die beiden Bösewichte darauf gefasst, dass er mit irgendeiner Zauberei grünbäuchige Dämonen herbeirief, die sie allesamt mit Stumpf und Stiel verschlangen.
    Könnte er das? Unheimlich war er schon, mit allem, was er da in seiner Tasche hatte, dazu so bleich und so gänzlich in böses Schwarz gehüllt wie der Leibhaftige selbst. Wieder äugte Hedwig vorsichtig hinüber zur Feuerstelle. Ja, keine Frage, er war es. Sie hatte diese Stimme mit der seltsamen Färbung darin schon einmal gehört. Sie hatte dieses milchweiße Gesicht gestern Abend im Fackelschein des Belierschen Hofes gesehen. Jetzt sah sie es hier im Schein der Laternen und des Feuers. Wenngleich nur von der Seite, war sie sich doch gewiss, dass es sich um den Hausierer handelte, der ihr zugerufen hatte, sie sei hold wie die Sonne. Sie hatte es nicht vergessen. Sie hatte es gegen ihren Willen gern gehört. Auch wenn sie wusste, dass es nicht mehr gewesen war als ein Beutel voll Luft, eine Schmeichelei, damit sie ihm etwas

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