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Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Klaus
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Schutzlosigkeit. „Ihr hättet das doch verhindert?“, fragte sie bestürzt.
    Er ruckte den Kopf herum und sein Habichtblick hackte auf sie ein: „Gute Maid!“, zischte er erbost. „Mein Leben mir ist lieb und teuer! Ich bin heilfroh, dass ich noch habe es – gerade so. Mein aufgeschlitzter Leib als Rabenfutter? Es mir war scheißig einerlei, ob schläft das Kind oder nicht!“
    „Was … was meint Ihr?“, stotterte Hedwig. Wie konnte er nur so abscheulich sein?!
    „Sie hätten beinahe entdeckt uns.“
    Vor Schreck stockte ihr der Atem. „Sie waren hier?“
    Er nickte und sah vor sich. „Glücklicherweise Ihr habt geschlafen. Und tausendmal glücklicherweise Euer Kind gab Ruhe. Aus welchen Gründen auch immer.“
    Hedwig schluckte und sah betreten auf Juli hinab. Sie fühlte sich schuldig und gleichzeitig ärgerte sie sich darüber. Sie wollte diesem Fremden nicht zur Last fallen und war gleichwohl auf seine Hilfe angewiesen. Aber dass ihm gleich war, ob Juli lebte oder nicht, traf sie hart. Sie spürte Groll aufsteigen. Und eine Unsicherheit, die sich unangenehm anfühlte. „Nun redet schon“, sagte sie, wohl wissend, dass sie patzig klang. Sollte er ruhig merken, dass er ein Grobian war. Ein Spitzbube zudem.
    „Ich sie hörte kommen“, sagte er, ohne sie anzusehen. „Zu Fuß. Gaben acht, nicht Lärm zu machen. Doch unser Freund zu gerne ruft den Teufel an.“ Jetzt sprach er leise und ruhig, und die fremdländische Färbung in seiner Stimme klang weniger bedrohlich. Er deutete mit der Hand nach oben. „Die vermeintliche Suhle war Rettung. Sie sprachen, ob sie wohl gefolgt waren einer falschen Spur.“
    Ihr Herz klopfte wild. Er hatte sie also mit seiner List gerettet. Ein weiteres Mal. Ihr war beklommen zumut, und flüsternd fragte sie: „Meint Ihr, sie sind noch in der Nähe?“
    „Ich denke nicht.“
    „Sie suchen uns.“
    „Natürlich sie tun das.“
    Er sagte dies nicht selbstgerecht, dennoch ärgerte sie sich schon wieder. Wofür hielt er sie? Auch ihr war klar, dass die beiden sie suchten. Sie hatte das einfach so gesagt. Als Feststellung. Um irgendetwas zu sagen. Und weil sie außerdem ihre schmerzenden Brüste spürte und sie dies hilflos machte. Auch die Brustwarzen taten weh. Üblicherweise rieb sie sie mit Nussöl ein, das hatte Mutter ihr beigebracht. Aber sie hatte kein Nussöl. Sie war nicht zu Hause. Sie kauerte in der Höhlung unter einem Baumriesen, der schräg über einem kleinen Abgrund hing und dessen Wurzeln wirr in alle Richtungen abstanden. Und sie war mit einem nach Kräutern riechenden Fremden hier, mit dem sie keinesfalls je irgendwo sein wollte. Verzweiflung wallte in ihr empor, und sie mühte sich, nicht zu weinen. Sie betrachtete Juli. Mein Kind, dachte sie. Philipps und mein Kind. Sie braucht meinen Schutz. Ich werde nicht zulassen, dass irgendwer ihr etwas antut. Gleich ob Hexen oder …
    „Wir sollten weiter“, unterbrach er ihre Gedanken.
    Sie schaute abweisend und erwiderte spitz: „Natürlich. Je eher wir ein Gehöft finden, wo uns Hilfe zuteilwird, desto eher seid Ihr mich los.“ Und ich Euch, ergänzte sie in Gedanken.
    Der Fremde rührte sich, erhob sich, stand gebückt. Er kletterte auf die Wurzel, lugte vorsichtig hinauf. Dann wandte er sich zu ihr um. „Dies ist ein guter Platz, zu füttern das Kind.“
    „Der Platz mag noch so geeignet sein, wenn sie keinen Hunger hat, nutzt er gar nichts!“, gab sie schneidend zurück.
    Wieder traf sie sein Raubvogelblick. Ungehalten, angesäuert wie Sauerkraut. Der Vergleich ließ sie ihren Hunger spüren.
    Wortlos drehte er sich um und kletterte hinauf auf den Grund.

Neunzehn
    Alles schien vor seinem Blick zu verschwimmen. Blind und taub und schier verrückt vor Angst und Sorge taumelte Philipp zurück zur Kanzlei. Er hatte kein Auge für die Leute, die ihm entgegenschlitterten, keines für die Umgebung.
    Er konnte es nicht glauben. Dieser Sauhund war nicht gekommen. Warum nicht? Philipp stürzte in einen Abgrund aus Verzweiflung. Es gab keinen Halt. Was war mit Hedwig und Juli? Hatte man sie getötet?
    Was sollte er nun tun? Wie seine Arbeit fortsetzen?
    Philipp schwankte die Obere Kalte Talgasse entlang. Er fühlte sich wie ein gehetztes, in die Enge getriebenes Tier. In seinem Kopf herrschte ein heilloses Durcheinander. Er suchte nach einer Erklärung, einer Lösung. Unzählige Fragen, Vermutungen, vermeintliche Antworten fochten einen Kampf in seinem Geist, der ihn dumm und irr machte. Er war völlig

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