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Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Klaus
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zu tun haben und konnte sich doch nicht verschließen. Er wollte allein sein mit einem Gram, der zu ihm gehörte, und er bewegte sich wie jemand, der keinen Dank erwartet und ihn noch weniger annehmen kann.

Achtundzwanzig
    „Verschissene Sucherei! Der Teufel soll sie schänden, wo stecken sie?“
    „Und wenn sie längst in Heidelberg sind?“ Er hob den Blick zu Roth. Sein Vetter stand an der Feuerstelle, stützte sich mit dem Arm an die Hüttenwand, starrte in die Flammen und kratzte sich mit der freien Hand am Sack. Dann zog er geräuschvoll den Rotz hoch, spie ins Feuer und drehte ihm schließlich den Kopf zu. „Eineinhalb Nächte und einen Tag haben wir die Gegend durchkämmt. Auch die Wege nach Heidelberg. Sie sind noch nicht dort, ich hab’s im Urin, Vetter. Irgendwo sind sie untergekrochen. Ich hol Eitelfritz. Der kennt diesen scheiß Odenwald wie kein Zweiter.“
    Er saß auf dem Baumstumpf und senkte den Blick auf das knackende Gezüngel der Flammen vor sich. Roth hatte gut reden. Die zehn Jahre, die der jünger war als er selbst, zählten. Mit fünfunddreißig hatte auch er noch so manchen gen Bethlehem abgefertigt und war hernach trotzdem tagelang geritten. Anhaltende Bacchusfeste waren an ihm abgeprallt wie Wasser an einer Fettschwarte, das Lagern in Feld und Flur hatte ihn nicht am Arsch gekratzt. Und heute geriet er bereits nach zwei Nächten in der Hütte dieses Rußwurms in Trübsal, weil er jeden Knochen spürte. Langsam wurde er zu alt für diese Art Vergnügen. Ständig auf dem Pferd, dazu Kälte und harter Grund, auf dem man nächtigte. Wenn er ehrlich war, sehnte er sich nach seinem Bett. Nach seinem behaglichen Haus, auch wenn dessen Steine bröckelten, da er kaum die Mittel hatte, es zu erhalten. Was der Hauptgrund für diese Unternehmung war.
    „Zwei Stunden, ich eile mich“, sagte Roth. „Mit Eitelfritz ziehe ich noch einmal an den Gehöften vorbei, die du und ich gestern aufsuchten. Das Bürschchen ist gerissen, aber hol’s der Teufel, dem komm ich bei. Wenn ich den zu fassen krieg!“ Er fuhr mit der Handkante über die Kehle. „Den fressen die Raben.“ Grimmig setzte er hinzu: „Der verscheißert mich nicht mehr!“ Er sah kurz zur Feuerstelle, als ein Holzscheit mit lautem Knacken barst und Funken aufstoben, wandte sich dann wieder ihm zu. „Und was er mit sich rumschleppt – Öle, Salben, Hexenkram –, wird unser Säckel um einige Gulden schwerer machen. Wir erlösen die Welt von einem Betrüger, einem Hexer, einem Niemand, nach dem kein Hahn kräht.“ Er lachte trocken auf. „Die Hand, die uns geschlagen und verwundet hat, wird uns auch wieder verbinden und heilen.“
    „Und wenn du ihn und das Mädchen nicht aufspürst?“
    „Ich werd sie finden, verlass dich drauf! Eitelfritz ist ein vortrefflicher Spurenleser.“
    „Und ein Mitwisser.“
    „Ich leg meine Hand für ihn ins Feuer.“
    „So wie für Horn, was?“ Horn. Nicht dass ihm an diesem Strauchdieb etwas gelegen hätte, aber jetzt war er tot, und das war so nicht gewollt. Roth, dieser Hitzkopf. Er hatte Horn gedungen. Hatte seinem Kumpan gesagt, es ginge um eine Löschung in einem Buch. Hatte die Entführung nur halb erwähnt. Schon gar nicht das Kind. Von Anbeginn an hatte Horn ihnen da einen Strick draus gedreht. Es sei schwer gewesen, ein Weib samt Säugling aus der Stadt zu schaffen. Was, wenn das Balg zu plärren begonnen hätte, während Roth den Torwachen am Jakober Tor erklärte, das Mädchen vor sich im Sattel sei eine entfernte Base, sie fiebre und habe das Bewusstsein verloren, er wolle sie hinausbringen ins Spital? Auch wenn das Kind ebenfalls betäubt in einem am Pferd angebundenen Korb verwahrt war, hatte Horn von dem Augenblick an, da er selbst mit dem Kopialbuch zu ihm und Roth in die Hütte gekommen war, darauf herumgeritten, dass man das lästige Balg besser gleich ersäuft hätte. Mehrmals hatte er ihm verhackstücken müssen, dass sie auch das Kind brauchten. Was, wenn der Knecht nur sein Weib sähe, ohne es? Und nun waren sie fort. Dabei hatten sie einen solchen Aufwand betrieben. Hatten den Zeitpunkt ihres Vorhabens gut bedacht, denn wegen des Tataren und des Umzugs der Kanzlei nach Amberg herrschte ein so reges Treiben in der Stadt, dass niemand auf zwei weitere Vasallen achtgab. Und am Martinstag selbst feierten alle. Während Roth also tagelang das Mädchen beobachtete, hatte er selbst den Knecht belauert. Sie hatten beim Barbier mit Opium und dem Saft des Bilsenkrauts getränkte

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