Das Buch des Kurfürsten: Historischer Roman (German Edition)
noch etwas anderem. Aus Gottes Hilfe, würden die Priester sagen. Er wusste, es waren die Kräfte Carmarthenshires. Jene Altvorderen seiner hügeligen Heimat, die selbst in der Ferne um ihn waren und ihn beschirmten. Allen voran der Weise Myrddin Emrys, dessen Verbundenheit mit der geistigen Welt auch er in sich spürte. Gleichwohl folgte das Volk der Bendith y Mamau unsichtbar seinem Weg. Und ganz sicher begleiteten ihn Rhiwallon und seine Söhne, deren Wissen er in sich trug. Sie alle halfen, dass er sich in der Fremde nicht allzu verloren fühlte und auf das vertraute, was ihm durch sie mitgegeben war. Geformt durch ihren Einfluss erkannte er: Sie näherten sich menschlicher Behausung. In den Geruch des Waldes nach Holz, Winterluft, Schnee und Stein mischte sich der nach Rauch, Dung und Schaf. Auch Essensgerüche nahm er wahr, zusammen mit dem Zittern in der Luft, wie es von menschlichen und tierischen Stimmen verursacht wurde, die zahlreich an einem Fleck versammelt waren.
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! Und recht an der Zeit. Bleiern und nebelgrau dämmerte der Nachmittag dem Abend entgegen. Die Aussicht auf Nahrung und Wärme ließ ihn innerlich aufatmen. Er würde die Maid noch einmal in Erstaunen versetzen. Er drehte sich zu ihr um. „An einer Taube ist nicht viel dran. Sie stillte nur wenig den Hunger, was? Aber bald wir werden haben ein Nachtmahl.“
Verwundert sah sie ihn an. Dunkel waren ihre Augen in dem dämmrigen Licht.
Er lächelte. „Eine Behausung ist nah, ein Dorf vielleicht.“
„Woher wisst Ihr das? Riecht Ihr etwa schon wieder Rauch?“
Er schmunzelte über den brummigen Ton, den sie anschlug und dem anzuhören war, dass sie sich unwissend vorkam. Sie machte ein mürrisches Gesicht, und dabei wölbte sich der kleine Knubbel in der Mitte ihrer Oberlippe über die untere. Sie sah gleichermaßen verdrossen wie spaßig dabei aus. Sie war so jung! Unvermittelt tauchte Megan vor seinem inneren Auge auf. Sie musste ungefähr im gleichen Alter wie Maid Hedwig gewesen sein, damals, als er sie das letzte Mal sah. Sie war die älteste seiner drei jüngeren Schwestern – und ihm immer die liebste gewesen. Wie es ihr wohl ging? Ob sie schon geheiratet hatte? Plötzlich vermisste er sie schmerzlich. Und er wünschte, er wüsste, wen sie erwählt hatte und ob der ein redlicher Mann war, der sie gut behandelte. Er wünschte, er wäre für sie da gewesen. Aber er war es nicht, und so nutzte das alles nichts, er stand hier in diesem unwirtlichen Winterland mit einem jungen Weib, das ihn noch immer fragend ansah und für das er … nun, für das er etwas tun
konnte
.
„Ihr seid um eine Antwort verlegen?“, fragte sie spöttisch. „Womöglich haben unsere Verfolger recht, und Ihr seid mit dem Teufel im Bunde, dass Ihr solcherlei Dinge wisst, die kein Mensch sonst wissen kann!“
Obwohl sie ihm das schnippisch hinrotzte, hörte er die leise, bange Angst, es könne wirklich so sein.
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, sie war wirklich jung! Und wiewohl ihn ihre spitze Art ärgerte, überkam ihn dennoch ein Mitgefühl für sie, für ihre Notlage und ihre Unsicherheit, die sich aus ihrer Jugend speiste. „Es ist nur eine Gabe, Maid Hedwig, die kommt vom Wandern, sonst nichts. Ich sagte es Euch bereits“, erklärte er daher schlicht.
Sie hatte einen Arm schützend um das schlafende Kind gelegt und sah ihn zweifelnd an. Aber er sah auch den Funken Hoffnung, den seine Worte in ihr entfachten. „Lasst uns weitergehen und schauen, ob es ist so.“
Sie nickte unmerklich, nahm das Buch unter den anderen Arm, zeigte ihm so, dass sie bereit war, ihm zu folgen. So stapfte er voran. Wenn da wirklich ein Dorf war, mussten sie dennoch vorsichtig sein. Es war anzunehmen, dass ihre Verfolger auch dort von einem Lumpenpaar gesprochen hatten, das man besser in Gewahrsam nahm. Er fragte sich, ob es nicht günstiger wäre, das Buch zu verstecken. Doch es zurücklassen? Wie es später wiederfinden? Wo? Bäume, Büsche und Sträucher. Alles sah gleich aus. Mal ging es ein Stück hinauf, dann wieder hinunter. Augenblicklich ging es sanft abwärts. Er sank in wadentiefen, unberührten Schnee, vor ihm huschte ein Eichhörnchen flink an einem Stamm empor. Und dann, von einem Augenblick zum nächsten – Fußstapfen! Er blieb stehen, folgte ihnen mit den Augen. Sie verliefen im rechten Winkel zu ihrer Laufrichtung. Er besah sie sich genauer. Sie verliefen von rechts, hügelan, nach links, hinunter in eine Senke. Schuhabdrücke, neben denen in regelmäßigen Abständen ein
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