Das Buch des Todes: Roman (German Edition)
Tag hinter sich. Weil Flake sich zum Polizeidienst gemeldet hatte, war das Café geschlossen gewesen. Rick hatte den Tag damit verbracht, nach einem Ersatz für sie zu suchen, und keine fünf Minuten für sich allein gehabt. Wegen irgendeiner beschissenen Verordnung der Stadt konnte er absolut nichts dagegen tun, dass Flake bei einem Notstand zur Polizei ging.
Nachdem er alles Wichtige erledigt hatte, verließ er das Olé Au Lait und trat hinaus auf die verschneite Straße.
Der Himmel über der Stadt war noch immer wolkenverhangen, und es wurde und wurde nicht heller. Der Sturzregen und das Gewitter in der Nacht zuvor hatten Rick nichts ausgemacht, aber dieser ununterbrochene Schneefall war wirklich ein Albtraum. In dieser Stadt ging nicht alles mit rechten Dingen zu, so viel war mal klar. Mehrere Kinder hatten sich über einen durchgedrehten Fahrer beschwert, der sich einen Sport daraus machte, ihre Schneemänner umzufahren. Außerdem waren viele Senioren bei dem Glatteis ausgerutscht und mussten ins Krankenhaus.
Jetzt waren die Straßen menschenleer, was nicht weiter verwunderlich war – es war spät, es war dunkel, und es war verdammt gefährlich draußen. Obwohl eine Menge Vampire Halloween nicht überstanden hatten, befürchtete Rick trotzdem, dass immer noch ein paar auf Opfer lauerten. Bei dem Gedanken stellte er den Kragen seines Regenmantels auf.
Seine Wohnung lag nur eine Straßenecke vom Café entfernt. Normalerweise hätte er sich auf der kurzen Strecke keine Sorgen wegen einer möglichen Vampirattacke gemacht. Gäste von ihm, die das Café spät verließen, mussten schon eher Angst haben. Ihn, als den Besitzer des Cafés, ließ man hingegen in Ruhe. Auch Sanchez war vor den Vampiren sicher. Rick wusste warum – die Vampire waren scharf auf das Blut ihrer Kunden. Kein Olé Au Lait mehr bedeutete keine Leute, die abends noch einen Kaffee trinken gingen. Kein Tapioca, weniger betrunkene Idioten nachts auf den Straßen.
Als Rick um die Ecke bog, kam er auf einem Gullydeckel ins Rutschen, über dem sich eine dicke Eisschicht gebildet hatte. Glücklicherweise beobachtete ihn niemand, wie er fast gestürzt wäre – jedenfalls abgesehen von dem besoffenen Weihnachtsmann, der im Eingang eines Ladens auf der anderen Straßenseite lag. Sein ehemals weißer Bart war jetzt schmutzig grau und die rote Weihnachtsmannjacke voller Flecken. Wahrscheinlich hatte er sich mit dem Schnaps aus der Flasche bekleckert, die in einer braunen Papiertüte auf seinem Schoß lag.
»Armer alter Sack«, murmelte Rick. Bis zur Adventszeit dauerte es noch fast einen Monat, und vorher würden die Leute den alten Obdachlosen nicht gerade mit mildtätigen Gaben überschütten.
Als Rick vor seinem Haus ankam, war er vom Schnee durchnässt und wegen des eiskalten Winds vollkommen durchgefroren. Er ging die fünf Stufen hinunter, die zur Tür seiner Souterrainwohnung führten, und holte den Schlüsselbund aus der Tasche. Mit klammen Fingern suchte er nach dem passenden Schlüssel. Als er ihn endlich gefunden hatte, öffnete er damit die Tür. Im Flur schien es einigermaßen warm zu sein. Rick ging hinein. Ja, hier war es tatsächlich viel wärmer als draußen. Prüfend legte er die Hand auf den Heizkörper an der linken Wand. Ja, die Heizung lief. Allerdings würde er ihn bestimmt noch einmal etwas höherstellen müssen im Laufe der Nacht. Ricks Schuhe waren nass und schmutzig. Er strich sie an der braunen Fußmatte ab, auf der er stand, und wollte dann die Tür schließen. In dem Moment bemerkte er, dass er Besuch hatte. Und zwar keinen erfreulichen. Ein riesiger Kerl in Rot schob sich durch die Tür. Den Mund hatte er weit aufgerissen und die Vampirzähne entblößt.
»Scheiiiiiße!«
Eine große Hand legte sich über Ricks Mund und erstickte seinen Hilfeschrei. Rick starrte dem irren Vampir direkt in die Augen. Der Mann, der ihm eben noch wie ein bemitleidenswerter Obdachloser vorgekommen war, entpuppte sich nun als blutsaugender Killer. Und er sah aus, als hätte er einen ziemlichen Durst. Der Weihnachtsmann war kräftig und schob Rick durch den Flur, ohne die Hand von seinem Mund zu nehmen. Entsetzt entdeckte Rick Blutspuren im buschigen grauen Bart des Eindringlings.
Der Weihnachtsmann zog Rick fest an sich, legte ein Bein um seine Knie und drückte ihn auf den Boden. Mit einem Tritt nach hinten knallte er dabei die Tür zu.
»Ich bin der Besitzer vom Olé Au Lait«, stotterte Rick, in der Hoffnung, sich damit vielleicht
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