Das Buch meiner Leben
ist: » Mag der Kampf auch ewig währen / Mag geschehen, was nicht kann geschehen. « Er wird sein Volk durch die Hölle des Todes zu Ehre und Erlösung führen: » Auf den Gräbern werden Blumen sprießen / Dem Geschlechte einer fernen Zukunft. «
Karadžić, der in dem Teil Bosniens aufwuchs, wo die Post von Wölfen zugestellt wird (wie wir in Sarajevo sagten), war mit der epischen Dichtung Serbiens bestens vertraut. Als guter Spieler der Gusle (einer einsaitigen Fiedel, die gern zur Begleitung von mündlich vorgetragenen Epen eingesetzt wird) interpretierte er seine Rolle im strahlenden Licht Vladika Danilos. Er erkannte sich im Märtyrertod des Führers, hielt sich für denjenigen, der auserkoren war, das Werk Vladika Danilos zu Ende zu bringen. Er sah sich als Held in einem Epos, das künftige Generationen singen würden.
Und tatsächlich war er, als er sich nach dem Krieg in Belgrad als New-Age-Quacksalber frei bewegte, Stammgast in der Kneipe Luda kuća (Irrenhaus). Regelmäßig wurden dort zur Gusle serbische Epen gesungen, an der Wand hingen Porträts von ihm und General Mladić (der inzwischen in Den Haag vor Gericht steht). Eine Lokalzeitung schrieb, Karadžić habe mindestens einmal ein episches Gedicht vorgetragen, dessen kriegerischer Held er selbst war. Man stelle sich die bizarre Situation vor: Ein getarnter Kriegsverbrecher erzählt in Zehnsilbern von seinen schrecklichen Taten, ohne seine Identität preiszugeben, um die Geschichte noch brutaler und heroischer darstellen zu können.
Die tragische Ironie ist natürlich, dass Karadžić seine historische, pseudoheroische Rolle in nicht einmal zehn Jahren ausagierte. In dieser infernalischen Zeit wurden Hunderttausende umgebracht, Millionen vertrieben (darunter auch die Hemons), Unzählige mussten für seine Aufnahme in das Pantheon der serbischen Nationaldichtung mit Leid bezahlen. Gut möglich, dass er sich seinen Haager Mitgefangenen als weiser Sänger vorstellte.
Als Schriftsteller kann man nicht umhin, in der Geschichte des Radovan Karadžić eine Art Shakespeare-für-Dummköpfe-Lektion zu sehen. Seine eigentliche Heimat war die Hölle, die er anderen bereitete, bevor er Führer der bosnischen Serben wurde, und kaum wurde er von Slobodan Milo š ević (der ihn stützte, solange er ihm nützlich war) fallen gelassen, war er ein Niemand. Vor dem Krieg war er ein mittelmäßiger Psychiater, drittklassiger Dichter und kleiner Betrüger, bei seiner Verhaftung ein Scharlatan mit Haarknoten auf der Stirn, der die kosmische Energie anziehen sollte. Erst während des Krieges, als Darsteller auf blutgetränkter Bühne, konnte er sein unmenschliches Potential voll entfalten. Er war, der er war, weil das, was nicht sein konnte, dann doch geschah.
Hundeleben
Als Kind brachte ich oft junge räudige Hunde mit nach Hause, die ich auf der Straße aufgelesen hatte. Ich bereitete aus Sofakissen ein weiches Bett, ging zur Schule und überließ den Findling seinem neuen Leben, in der Hoffnung, er werde, wenn er sich nur einigermaßen wohlfühlte, lebenslange Freundschaft mit mir schließen. Doch wenn meine Eltern von der Arbeit nach Hause kamen, war die Wohnung ein einziges Chaos. Der Hund hatte die Kissen zerfetzt und auf den Boden gepinkelt. Mein erhoffter lebenslanger Freund landete sofort wieder auf der Straße.
Meine Eltern stammten aus armen Bauernfamilien, für die es nur landwirtschaftliche Nutztiere gab, Haustiere waren undenkbar. Also musste ich leidenschaftlich um mein Recht auf einen Hund kämpfen. Unsere Familie war keine demokratische Veranstaltung. Unmissverständlich wurde mir zu verstehen gegeben, dass meine Pflichten der Familie gegenüber wichtiger seien als alles andere. Auf mehr als Essen, ein Dach über dem Kopf, Erziehung und Liebe hatte ich keinen Anspruch. Und endgültig besiegelt wurden meine Hundebesitzerhoffnungen durch das schwer zu widerlegende Argument meiner Mutter, dass ich nie aufräumte und daher auch nicht hinter einem Hund aufräumen würde.
Doch meine Schwester Kristina war (und ist) eine willensstarke Natur. Während ich um das Recht kämpfte, über meine Rechte zu diskutieren, verfolgte meine zielstrebige Schwester einen viel wirkungsvolleren Ansatz. Sie forderte die ihr zustehenden Rechte nicht ein, sondern setzte sie einfach voraus und handelte entsprechend.
Erst tauchte sie mit einer siamesischen Katze auf, die an einer so seltenen Form von Peritonitis starb, dass wir sie der Tiermedizinischen Klinik zu
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