Das Buch mit dem Karfunkelstein
mit!«
Mit einem ängstlichen Blick auf Josef Steinhaus schloss Bastian Grimmel leise die Tür. Hoffentlich sagte der Gewürzkrämer
nichts! Grimmel wollte keinen Ärger mit dem Vogt. Der war immerhin der Stellvertreter des Stadtherrn Graf Wilhelm von Erlenburg
und ein mächtiger Mann.
»Und was führt Euch her?«, fragte Markus von Thalbach freundlich, nachdem Josef Steinhaus ihm auch seinen Schwager vorgestellt
hatte.
Der Gewürzkrämer wies auf seine Tochter und Agnes berichtete, was sie den beiden Männern zu Hause erzählt hatte. Der Vogt
hörte ihr aufmerksam zu.
»Wir dachten, Ihr könntet vielleicht etwas unternehmen, damit mein Sohn nicht mehr als Dieb dasteht! So etwas würde er nie
tun!«, drängte Caspar Zwolle. »Er würde niemals stehlen!«
»Und Paul geht es sehr schlecht mit diesem Verdacht«, sagte Agnes. »Wir müssen ihm helfen.«
»Richtig! Wir
müssen
ihm einfach irgendwie helfen. Und ich wäre Euch sehr verbunden«, fügte Caspar Zwolle hinzu. »Es ist immer schwer, in einer
fremden Stadt Unterstützung zu finden.«
Ungeduldig beobachtete Agnes, wie der Stadtvogt sich bedächtig über den Bart strich. Aber dann schüttelte er den Kopf.
»Es tut mir leid«, sagte er. »Ich würde gerne helfen, zumal die Sache tiefer zu gehen scheint. Es ist nicht einfach ein Diebstahl,
wenn ich das richtig verstehe. Dazu passt dieser geheimnisvolle Satz auf dem Pergamentstreifen nicht.«
»Genau so ist es!«, rief Josef Steinhaus aufgebracht. »Das meine ich auch!«
»Trotzdem.« Wieder schüttelte der Vogt den Kopf. »Ich kann nichts tun. Meine Gerichtsbarkeit reicht nur bis zu den Klostermauern,
dahinter herrscht Kirchenrecht. Falls der Dieb ein Mönch ist, wie du annimmst«, wandte er sich an Agnes, »dann bin ich machtlos.«
Er verstummte kurz, dann ging ein Lächeln über sein Gesicht. »Sind eigentlich Gäste oder Fremde im Kloster?«
Agnes verstand zwar nicht, wofür das wichtig sein sollte, aber sie hatte es selbst in der Klosterkirche gesehen, als ihre
ganze Familie dort die Vesper mitgefeiert hatte, zu der Besucher und Gäste gerne eingeladen waren. »Ein Ritter mit Gefolge
ist da, zwei Kaufleute und einige Pilger«, überlegte sie. »Und die Glasarbeiter fürdie neuen Kirchenfenster. Mehr habe ich nicht gesehen.«
»Das reicht mir aber schon für meine Zwecke«, nickte Markus von Thalbach. »Ich kann den Abt um die Erlaubnis bitten, die Gäste
und Glasarbeiter zu befragen. Sie haben mit dem Kloster ja nichts zu tun und Abt Urban wird mir dies nicht verwehren. Vielleicht
bringt uns das schon weiter.«
Agnes war enttäuscht, aber sie bedankte sich trotzdem. Der Stadtvogt bemühte sich ja wirklich. Und sie musste einsehen, dass
er nicht mehr tun konnte, wenn er nicht das Recht dazu hatte.
Der Vogt verabschiedete seine Besucher. »Grimmel wird im Kloster nachfragen und Euch benachrichtigen, damit Ihr mich zu Abt
Urban begleiten könnt«, sagte er zu den beiden Männern. »Wir sollten so bald wie möglich hingehen, am besten noch heute.«
Bastian Grimmel war wie ausgetauscht, als sie in seine Schreibstube zurückkamen. Er begleitete die Besucher sogar höflich
hinaus.
Vor der Tür stand Hannes. Die beiden Männer kehrten zu ihrem Schachspiel zurück. Sie wollten Adelgunde und Susanna Bescheid
sagen, die bald ihre Einkäufe erledigt haben mussten. Und sie wollten zu Hause sein, wenn Nachricht von Markus von Thalbach
kam. Agnes zog ihren erstaunten Freund in die Burggasse.
»Meine Mutter ist da vorne beim Silberschmied. Sie darf mich nicht sehen, denn eigentlich soll ich sticken!Hast du was herausgefunden? Konnte Vater Ambrosius uns helfen?«
Hannes nickte. »Er hat nur einen kurzen Blick auf das Pergament geworfen. Aber er wusste sofort Bescheid.«
»Und was heißt es nun?«, fragte Agnes aufgeregt.
»Es heißt ›Nicht lügen, Paulus‹. Und der Pfarrer meint, es wäre eine kurze Fassung des achten Gebots ›Du sollst nicht … nicht falsches Zeugnis reden wider deinen Nächsten‹. Und das hätte dieser Paulus wohl getan, wenn er eine solche Botschaft
bekommt!«
»Niemals!«, rief Agnes und berichtete dann von ihrem Besuch in der Vogtei. »Wegen dieser Botschaft glaubt der Stadtvogt sogar,
dass mehr hinter der ganzen Sache steckt. Es geht nicht nur um den Diebstahl. Jemand will Paul Angst machen.«
»Da hat er bestimmt recht. Vielleicht können die im Kloster Paul einfach nicht leiden«, schimpfte Hannes, »und wollen ihn
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