Das Buch Ohne Gnade: Roman
zeigen, wie böse er ist«, sagte Elvis. »Der Typ ist eine wandelnde Karikatur. Hast du das nicht bemerkt?«
»Tatsache ist, dass ich genau das gar nicht tue«, protestierte Angus. »Diese Typen wussten nicht, wer ich bin. Sie dachten,ich helfe ihrem Boss. Aber ich habe Wichtigeres zu tun als das. Ich bin hier, um einige der Teilnehmer an dem Gesangswettbewerb zu eliminieren.«
Elvis musste Angus immer weiter reizen. »Siehst du, Sanchez? Ich sagte doch, er ist die reinste Karikatur. Jetzt verrät er uns die Einzelheiten seines raffinierten Plans, ehe er uns erschießt. Steck ihn in einen grauen Anzug, rasier ihm den Schädel und du hast Doctor Evil vor dir.«
»Halt verdammt noch mal die Schnauze!«, schnappte Angus.
Elvis ignorierte ihn. »Was kommt als Nächstes?«, fragte er. »Sperrst du uns jetzt irgendwo ein und fährst dann zum Hotel zurück und denkst nur, dass wir sterben?«
Angus’ Gesicht begann zu zucken, als Elvis’ Spöttelei seinen Ärger in rasende Wut verwandelte. »Hört mir gut zu«, knurrte er und zielte mit den Pistolen auf sie. »Ihr habt die Wahl. Einer von euch kann sein Leben retten, wenn er mir sagt, wo meine zwanzig Riesen sind.«
»Scheiße, Mann. Das wissen wir nicht«, erwiderte Elvis. »In dem Umschlag waren keine zwanzig Riesen, das schwöre ich.«
»Er hat Recht«, pflichtete Sanchez ihm eilig bei. Er wusste nicht, wovor er sich mehr fürchten sollte: davor, dass Angus glaubte, er wisse wo das Geld war, oder davor, dass Elvis herausbekam, dass sich in dem Umschlag tatsächlich zwanzig Riesen befunden hatten.
»Okay«, sagte Angus. »Wenn das so ist, dann fangt an, das verdammte Loch zu graben. Aber wenn einer von euch eine Idee hat, wie er meine zwanzig Riesen zurückholen kann, dann soll er sich keinen Zwang antun und seinem Freund mit der Schaufel eins über den Schädel geben. Wenn das geschieht, dann kann derjenige, der noch auf den Beinen steht, mit mir ins Hotel zurückkehren, um mir das Geld auszuhändigen, nachdem wir den Verlierer verscharrt haben.«
Sanchez musterte Elvis misstrauisch. Würde der King sich gegen ihn stellen? Sollte Sanchez tatsächlich so etwas wie Mummentwickeln und zuerst zuschlagen? Oder hatte Elvis wirklich einen Plan, um sie aus dieser gefährlichen Lage zu befreien?
»Ich denke, wir sollten anfangen zu graben«, schlug Elvis vor. Für jemanden, der wahrscheinlich schon bald sterben müsste, erschien er bemerkenswert sorglos.
Durch ihre eng zusammengebundenen Handgelenke behindert, stießen beide Männer unbeholfen die Schaufeln ins Erdreich und begannen ein Loch zu graben. Angus verstaute eine seiner Pistolen im Trenchcoat und holte eine Schachtel Zigaretten hervor. Während er mit den zähnen eine Zigarette herausangelte, flüsterte Sanchez mit Elvis.
»Mal im Ernst, du hast einen Plan, nicht wahr?«
»Irgendetwas wird passieren, Mann.«
»Woher weißt du das?«
»Es passiert immer irgendetwas.«
»Das ist es? Irgendetwas passiert immer? ist das dein Plan?«
»Hast du einen besseren?«
»Noch nicht.«
»Dann hör auf zu meckern.«
»Hör du auf zu meckern.«
Angus hatte die Zigarettenschachtel wieder eingesteckt und zündete sich jetzt seine Zigarette mit einem Edelstahl-Zippo an. Dann nahm er einen tiefen Zug und ließ das Feuerzeug wieder in seinem Mantel verschwinden. Er machte den Eindruck, als sei er jetzt bereit zu entscheiden, wer als Erster sterben sollte.
»Hey, weniger quatschen, schneller graben!«, rief er und blies eine Rauchwolke durch die Nasenlöcher aus.
Die beiden Gefangenen stießen die Schaufeln in das Grab, das allmählich Gestalt annahm. Sie gruben für einige Minuten weiter und warfen einander argwöhnische Blicke zu. Elvis hatte den meisten Erfolg mit seiner Schaufel, daher war das Grab an seinem Ende deutlich tiefer als bei Sanchez. Als Elvis’ Seite etwa dreißig Zentimeter tief war, meldete sich der Alarm seiner Armbanduhr und zeigte neun Uhr an. Es war ein leises Piepen, aberes klang deutlich hörbar durch die Stille der Wüste. Sanchez verfolgte, wie sein Freund die Schaufel in das Grab fallen ließ.
»Hey«, rief Angus und richtete die Pistole auf Elvis. »Heb das auf und grab weiter, du Mistkerl.«
Elvis schüttelte den Kopf. »Kann ich nicht«, sagte er.
»Warum nicht?«
»Gerade ist etwas passiert.«
DREIUNDZWANZIG ♦
Gewöhnlich betätigte sich der Bourbon Kid nicht als Lebensretter. Genau betrachtet, hatte Emily-die-Judy-Garland-Imitatorin es wahrscheinlich nicht verdient, am Leben
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