Das Buch Ohne Gnade: Roman
das stets freundliche Lächeln und den billigen blauen Anzug. Er war ein stark tätowierter Biker mit kahl rasiertem Schädel und einer fünf Zentimeter langen Narbe, die horizontal unter seinem linken Auge verlief. Wenn er etwas weniger einschüchternd ausgesehen hätte, wäre vieles für ihn vielleicht anders verlaufen.
Nach einer frühen Karriere als Möchtegernprediger hatte er einen Mann namens Rodeo Rex kennen gelernt, der ihm gezeigt hatte, dass die Würdigung der Werke Gottes aus mehr bestand, als nur seine Lehre zu verbreiten und einen festen Glauben zu haben. Es gab noch eine andere Seite. Eine viel dunklere Seite. Eine Seite, auf der im Namen des Herrn getötet wurde, um die Menschheit zu schützen. Rex hatte ihn alles über das Jagen und Töten von Teufelsanbetern, Vampiren, Werwölfen und anderem untotem Abschaum sowie verschiedener anderer böser Erscheinungengelehrt, die auf dieser Erde keinen Platz hatten (und sowieso niemals in den Himmel kommen würden).
Zuletzt waren sie in Plainview, Texas, gewesen und hatten einen Vampir-Zirkel ausgelöscht, der ein unterirdisches, die ganze Nacht geöffnetes Spielkasino mit Selbstbedienungsrestaurant betrieb. Alle, die beim Spiel verloren, durften das Etablissement verlassen, da sie mit ziemlicher Sicherheit am nächsten Tag zurückkehren würden, doch alle, die hoch gewonnen hatten, kamen nicht mehr raus. Zumindest nicht lebendig. Sie wurden stattdessen den Unsterblichen als Nahrung serviert, was wiederum den Vorteil hatte, dass auch sie sich in Vampire verwandelten und somit keine Nachwuchsprobleme entstanden.
Daher hatten Gabriel, sein Mentor Rex und zwei andere New Age Disciples sich dort eingefunden und das Kasino lange beobachtet, ehe sie bis an die Zähne bewaffnet eines Nachts dem Laden einen Besuch abstatteten. Die Vampire hatten nur schwache Gegenwehr geleistet, wie sich herausstellte. Sie waren typische Blutsauger, die es nur auf die Schwachen abgesehen hatten. Und tatsächlich brachten einige von ihnen sich lieber selbst um, als möglicherweise Rex’ Bande in die Hände zu fallen. Die Operation war ein unglaublicher Erfolg.
Aber zwei bedeutsame Dinge waren während ihres einmonatigen Aufenthalts in Plainview geschehen. Erstens lernten sie einen kleinen kahlköpfigen schwarzen Mann kennen, der behauptete, mehr als zweitausend Jahre alt zu sein. Er war sozusagen aus dem Nichts aufgetaucht und behauptete, Gott hätte ihn ausgesandt, um die Disciples zu suchen und ihnen den Auftrag für eine neue Mission zu übermitteln. Dieser Mann firmierte unter dem Namen Julius. Er war gleichermaßen freundlich, kultiviert und gebildet. Und er kannte sich in religiösen Dingen aus.
Für die meisten Menschen wäre jemand, der behauptete, zweitausend Jahre alt zu sein, ein Lügner und ein Narr gewesen, aber nicht für Gabriel. Der Gnädige Gott führte ihn oft in alle Winkel der Erde und brachte ihn mit den verschiedensten Personenzusammen, die ähnlich haarsträubende Dinge behaupteten wie Julius. Gabriel hatte einen unerschütterlichen Gottesglauben und war aus diesem Grund überzeugt, dass Julius die Wahrheit sprach. Als nun der kleine Mann Rex und seine Mannschaft bat, ihm bei der Erledigung eines Jobs im Namen Gottes behilflich zu sein und die Mächte des Bösen zu bekämpfen, wussten sie, dass er einer von den Guten war.
Ihrer Unterstützung sicher, hatte Julius erläutert, dass sie ihm helfen müssten, einen Fluch vom Hotel Pasadena auf Devil’s Graveyard aufzuheben. Der Job hatte alles, was sie sich von einer Mission Gottes wünschen konnten. Untote waren beteiligt, es gab Verträge, die mit dem Teufel geschlossen wurden, eine Talentshow, in der die Imitatoren von berühmten verstorbenen Stars auftraten, und, fast ebenso wichtig, es gab eine Belohnung von fünfzigtausend Dollar.
Rex hatte sich einverstanden erklärt, dass er und seine Mannschaft den Job annehmen würden – tatsächlich konnten sie es kaum erwarten –, aber dann kam es zum zweiten bedeutsamen Ereignis in Plainview, Texas. In der Nacht, in der sie erfolgreich das Vampir-Kasino vernichtet hatten, statteten sie dem örtlichen Rotlichtbezirk einen Besuch ab. Und dort kamen sie zu einer verrauchten, heruntergekommenen Bar, in der ein Wettkampf im Armdrücken stattfand. Ein Mann besiegte alle Besucher. Ein finster aussehender Zeitgenosse mit dunklem, fettigem schulterlangem Haar und einem Zweitagebart. Er sah aus wie ein Bikertyp, der mit jeder heiklen Situation fertig wurde.
Es
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