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Das Buch Ohne Gnade: Roman

Das Buch Ohne Gnade: Roman

Titel: Das Buch Ohne Gnade: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymus , Michael Kubiak
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sein. Diese grotesk deformierten, Fleisch fressenden Vertreter der Untoten hatten ein ganzes Jahr ihren Winterschlaf gehalten.
    Und sie sahen verdammt hungrig aus.

SIEBENUNDZWANZIG ♦
    Als der letzte Interpret zum Vorsingen die Bühne betrat, waren die anderen Konkurrenten mittlerweile unglaublich nervös. Jeder wollte wissen, ob er oder sie es bis ins Finale geschafft hatte. Für diejenigen, die schon früh am Abend ihren Auftritt gehabt hatten, war das Warten unerträglich. Viele von ihnen hatten Zuflucht in einer der Hotelbars gesucht, um mit einem Drink die Nerven zu beruhigen, ehe die Finalisten bekannt gegeben wurden. Andere waren auf ihre Zimmer gegangen, um sich auszuruhen. Ein paar Unglücksraben waren getötet worden und ein anderer, Elvis, unternahm gerade eine Spazierfahrt in die Wüste.
    Eine der wenigen, die sich entschieden hatten, sich auch noch den Auftritt des letzten Konkurrenten anzusehen, war Emily. Sie war nicht so nervös und gespannt wie die anderen, weil sie wusste, dass ihr ein Platz im Finale sicher war. Sie wusste bereits seit Monaten, dass sie nichts anderes zu tun hatte als zu erscheinen und ihren Auftritt beim Vorsingen nicht zu vergeigen. Nachdem sie diese Hürde erfolgreich überwunden hatte, ließ sie den anderen Konkurrenten, von denen sie wusste, dass sie keine Chance hatten, ins Finale zu gelangen, ihre Unterstützung zuteilwerden. Diese Unterstützung war von Herzen aufrichtig gemeint. Sie nahm an, dass sie sich dann auch wegen des ganzen Schwindels besser fühlen würde.
    Der Mann auf der Bühne, der wie einer der Blues Brothers gekleidet war – nun, zumindest oben herum –, sah nicht so aus, als sei er eine Bedrohung, und außerdem erschien er viel zu nervös. Alssie sich daran erinnerte, wie nervös sie bei ihrem eigenen Auftritt gewesen war, flog ihm Emilys Herz zu. Hinzu kam, dass die rote Lederhose, die er trug, nicht gerade eine Hilfe war. Armer Kerl. Sie schaute von der Bühnenseite zu, wie er nervös mit einer Mundharmonika herumhantierte, während Nina Forina ihm ein paar Fragen stellte. Emily hatte das Glück gehabt, von der Showmasterin nicht interviewt zu werden, ehe sie sang. Wenn Nina einen Kandidaten bat, dem Publikum ein wenig über sich selbst zu erzählen, bedeutete das gewöhnlich, dass der Kandidat entweder ein Freak war oder dass er eine tränenreiche Geschichte auf Lager hatte.
    »So, Jacko, sind Sie nervös?«, fragte Nina und legte eine perfekt manikürte orangefarbene Hand auf seine Schulter.
    »Ja, ein wenig«, murmelte er leise.
    »Haben Sie irgendwelche Freunde oder Familienangehörige im Publikum?«
    »Äh – nein. Meine einzige Freundin war meine Frau Sally, aber sie ist vor Kurzem gestorben.«
    Das Publikum stieß ein einstimmiges und mitfühlendes »Aaah« aus.
    »Das tut mir leid«, sagte Nina mit einem Blick, der sicherlich mitfühlend ausgefallen wäre, wenn das Botox dies nicht verhindert hätte. »Und wie ist sie gestorben?«
    »Hä?«
    »Ihre Frau, Sally. Was war die Ursache ihres tragischen Todes? Oder ist es für Sie zu schmerzlich, darüber zu sprechen?«
    Emily kam es so vor, als bereitete diese Befragung Jacko Unbehagen und als wüsste er darauf keine Antworten. »Äh, ja – ich meine, ja, es war schmerzlich. Sie wurde von einem Leoparden gefressen.«
    »Von einem was ?«
    »Einem Leoparden.«
    Das Publikum stieß einen einstimmigen Seufzer aus. Indem sie sofort erkannte, dass das Interview schon lange genug gedauert hatte, wandte Nina sich wieder an das Publikum und schmettertein ihr Mikrofon: »Okay, das ist eine sehr traurige Geschichte. Aber trotzdem oder vielleicht gerade deshalb, Ladys und Gentlemen, bitte ich um Applaus für … den Blues Brother !«
    Emily beobachtete, wie der Blues Brother stocksteif stehen blieb, sich nicht vom Fleck rührte und lediglich tiefe Atemzüge machte. Du meine Güte, dachte sie, er ist leer. Der Applaus war verstummt und fast zwanzig Sekunden gespenstischer Stille verstrichen, ehe Jacko endlich zu singen begann. Der Song, den er sich ausgesucht hatte, war »Mustang Sally«, obgleich er Mühe hatte, die erste Zeile über die Lippen zu bringen.
    »Mustang Sally,
    Someone better slow your Mustang down.«
    Hätte kein Mikrofon vor ihm gestanden, hätten die Juroren, die nicht mehr als zehn Meter von ihm entfernt waren, ihn kaum gehört. Was letztlich auch ganz gut war, denn wenn man sich die zweite Textzeile genau anhörte, sang er anscheinend den völlig falschen Text. Wie jemand, der einen Titel

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