Das Buch Ohne Gnade: Roman
Weltgewandtheit wie die akustische Version eines zweifelnden Stirnrunzelns.
»Nichts, womit ich nicht fertig würde.« Powell klang dafür beinahe mürrisch.
»Wirklich? Bist du ganz sicher?«
»Ja. Es ist alles vorbereitet. Da war nur so ein Schwachkopf, der versucht hat, den Wettbewerb zu manipulieren. Wenn die wüssten, was den Sieger in Wirklichkeit erwartet, hm? Ich glaube, dann würden sie nicht versuchen, am Ergebnis zu drehen, oder?«
Die gelblichen Augen des hochgewachsenen Mannes blitzten. Er legte den Kopf in den Nacken und lachte herzlich. »Weißt du, dass du von Jahr zu Jahr nervöser wirst, Nigel?«
»Und das gefällt dir, wie ich annehme.«
»Mir gefällt das Chaos. Das weißt du.«
Der Mann stand jetzt direkt hinter Powell. Er blickte über seine Schulter in den Spiegel, grinste ihn an, während sein warmer Atem über den Nacken des Hotelbesitzers fächelte. Er hatte einen sorgfältig gestutzten schmalen schwarzen Spitzbart. Zu dem ein genauso sorgfältig gestutzter Schnurrbart gehörte. Powell wollte ihn so schnell wie möglich loswerden. Er war niemand, den man sich als Gesellschaft wünschte. Tatsächlich war er in jeder erdenklichen Hinsicht ein böses Omen.
»Hübscher Bart«, sagte er sarkastisch.
»Nett von dir«, erwiderte der Mann. »Weißt du, dass du nur ein Facelifting davon entfernt bist, auch so einen Bart zu haben?«
»Vielleicht denke ich darüber nach, wenn sie wieder in Mode kommen«, erwiderte Powell mit noch triefenderem Sarkasmus. »Hast du einen Vertrag für mich?«
»Aber freilich.«
»Dann lass ihn bitte am Waschbecken liegen.« Den zusatz »Und dann verschwinde« verkniff er sich, wenn auch höchst ungern.
Der Mann in Rot griff in sein Jackett und holte einen dicken Stapel Papiere hervor. Es war gutes, schweres Papier, weiß, DIN -A4-Format und mit schwarzer Schrift dicht bedruckt. Er legte den Stapel neben Powells linke Hand auf den Waschbeckenrand.
»Du weißt, dass du noch nicht aus dem Schneider bist, Nigel«, sagte er.
»Und warum nicht?«
»Im Hotel ist ein Mann eingetroffen, der versucht, deine Show zu kippen. Die Uhr läuft. Tick-tack, tick-tack, tick-tack.«
»Was für ein Mann?« Powell drehte sich ruckartig um und musste feststellen, dass der Mann in Rot verschwunden war. Er blickte erneut in den Spiegel, und das Ebenbild seines Besuchers erschien abermals hinter ihm. Grinsend. »Was für ein Mann?«, wiederholte er seine Frage.
»Du weißt, dass ich dir nicht helfen kann. So sind die Regeln nun mal. Aber ich kann dir verraten, dass da draußen jemand ist, der alles versucht, um deine Show sterben zu lassen. Ein Mann Gottes. Ich kann mich da nicht einmischen. Du solltest den Vertrag lieber an einem sicheren Ort deponieren, damit er nicht in falsche Hände gerät.«
»Kannst du mir nicht wenigstens einen Tipp geben, wer es ist, der den Wettbewerb manipulieren will? Ist es dieser Bourbon Kid? Hast du ihn hierhergeschickt?«
Der Mann in Rot lachte wieder. »Ich bin natürlich auf deiner Seite. Ich schicke niemanden, der deine Pläne stören soll. Dein Kasino gefällt mir. Die Leute lieben es. Du musst nur darauf achten, ob jemand vom Mann ganz oben hierhergeschickt wurde. Das wäre jemand, vor dem du dich in Acht nehmen musst.«
»Dann handelt dieser Bourbon Kid also im Auftrag Gottes?«
»Hahaha! Nein, nein, nein. Du liebe Güte, nein! Der Bourbon Kid arbeitet für niemanden. Er ist ein ganz seltsamer Zeitgenosse. Du musst schon genauer hinsehen. Er ist es nicht, wegen dem du dir Sorgen machen musst.«
»Wer ist es dann?«
»Bist du noch immer nicht darauf gekommen?«
»Nein. Offensichtlich bin ich nicht so clever.«
»Dann solltest du dich lieber schnellstens schlaumachen, mein Freund. Dir gehen die Finalisten aus. Beim letzten Durchzählen waren nur noch zwei übrig.«
Powell hatte Mühe, die Ruhe zu bewahren. Die Ankunft dieses Mannes mit seinem grinsenden Gesicht hatte ihn aus dem Gleichgewicht gebracht, obgleich es weiß Gott nicht das erste Mal war, dass sie zusammentrafen. »Warum suche ich mir nicht irgendeinen Niemand aus, der in diesem Jahr den Vertrag unterschreibt?«, fragte er.
»Oh, nein, nein, nein, nein ! So läuft das nicht«, sagte der Mann in Rot. »Dieser Vertrag muss verdient werden. Das weißt du genau. ich will jemanden mit Talent. Jemanden, der hungrig ist nachRuhm und Reichtum. Jemanden, der fast alles dafür tun würde, egal, was es ihn kostet.«
»Bist du fertig?«, fragte Nigel ungeduldig.
Der Mann in Rot
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