Das Buch ohne Namen - Anonymus: Buch ohne Namen - The Book With No Name
abwarten!«, flötete Jessica und bedachte ihn mit einem dreckigen Grinsen.
»Das musst du aber. Ich muss zuerst einen Kerl namens Marcus das Wiesel finden. Er hat nämlich eine Verabredung mit dem Teufel.«
Sanchez hörte mit, was Jefe über Marcus sagte, doch er entschied sich, nichts von seinem Verdacht zu erwähnen, dass Marcus längst das Zeitliche gesegnet hatte. Der Kopfgeldjäger würde das früh genug selbst herausfinden.
Siebzehn
Der Anruf erreichte Archibald Somers und Miles Jensen gegen sechs Uhr abends. Eine weitere Leiche war gefunden worden, diesmal im Hotel Santa Mondega International. Sie waren so schnell wie möglich hingeeilt. Somers war wie ein Besessener gefahren in dem Bemühen, dort zu sein und die ganze Gegend abzuriegeln auf die abwegige Chance hin, dass der Killer noch in der Nähe war.
Unglücklicherweise hatte sich die Neuigkeit wie ein Lauffeuer verbreitet, und als die beiden Detectives dort eintrafen, hing bereits die halbe Stadt vor dem Hotel herum und wartete darauf, dass eine Leiche nach draußen gebracht wurde.
Somers parkte fünfzig Meter vom Hotel entfernt am Straßenrand, und die beiden Detectives bahnten sich einen Weg durch das dichte Gedränge von Neugierigen vor dem Hoteleingang. Nachdem sie den beiden Beamten vor dem Haupteingang ihre Ausweise gezeigt hatten, ließen sie die gaffende Menschenmenge hinter sich und betraten die Lobby des Hotels. Jensen war beeindruckt vom schicken Erscheinungsbild des Hotels. In der Lobby sah es aus wie in den meisten modernen Hotels heutzutage. Die Teppiche waren hellbeige, und es gab ein paar sehr moderne, riesige purpurrote Sofas für Besucher. Hinter dem Empfang stand ein junger Mann, der für einen Sekundenbruchteil zu Jensen sah, bevor er sich wieder abwandte und den Eindruck zu erwecken suchte, er sei beschäftigt.
»Ich hab es bemerkt«, murmelte Somers seinem Partner zu. »Sie gehen nach oben zum Tatort, und ich beschäftige mich mit unserem kleinen Portiersfreund da drüben.«
»Alles klar, Partner«, antwortete Jensen. »Wir sehen uns dann gleich oben.«
Jensen nahm die Stufen hinauf in den siebten Stock, wo die Leiche des jüngsten Mordopfers entdeckt worden war. Man musste kein großer Detektiv sein, um auf den ersten Blick zu erkennen, in welchem Zimmer sich die Tat ereignet hatte. Die Tür war aus den Angeln gerissen, und ein uniformierter Beamter stand vor dem Eingang. Jensen trat vor ihn und zeigte seinen Ausweis.
»Hi. Ich bin Detective Jensen.«
»Ich weiß«, antwortete der Uniformierte. »Wir haben Sie erwartet. Gehen Sie gleich rein, Detective.«
Der Cop machte eine einladende Handbewegung in Richtung der zerschmetterten Tür. Jensen nickte ihm freundlich zu und betrat das Zimmer. Ein ekelhafter Gestank erwartete ihn – ein Gestank, der Miles Jensen nicht unvertraut war. Ekelhaft blieb er dennoch.
Leichen waren Jensen nichts Fremdes, doch er hatte noch nie so grauenhaft verstümmelte Körper gesehen wie in den ersten vierundzwanzig Stunden seit seiner Ankunft in Santa Mondega. Das jüngste Opfer war als ein einheimischer Punk und Krimineller namens Marcus das Wiesel identifiziert worden. Der Tote hatte sich unter falschem Namen im Hotel eingemietet, aller Wahrscheinlichkeit nach, weil er geglaubt hatte, sein Leben sei in Gefahr. Womit er offensichtlich richtig gelegen hatte.
Eine Sache, die Jensen im ersten Moment ins Auge stach, als sein Blick auf die Leiche fiel: Dieser Mord war ein klein wenig anders als die vorangegangenen. Marcus’ Augen waren nicht ausgequetscht worden. Seine Zunge war nicht herausgerissen worden, auch wenn der Killer sie aufgeschlitzt hatte. Sein Bauch war ebenfalls aufgeschlitzt, und – nach Aussage eines der Jungs von der Spurensicherung, die das Zimmer bearbeiteten – er war an seinen Eingeweiden durch das Zimmer geschleift worden. Außerdem gab es Berichte von anderen Gästen, die Schüsse gehört hatten. Das würde die zerschmetterten Kniescheiben erklären, auch wenn bis jetzt keine Kugeln gefunden worden waren, die dies bestätigten.
Zimmer Nr. 73 war ein einziges blutiges Chaos. Es war ohne Zweifel auch schon vor diesem jüngsten Mord ein Chaos gewesen, denn offensichtlich war eine Menge Alkohol aus der Minibar konsumiert worden. Überall lagen Flaschen auf dem Boden, und den Teppich verunzierten Bier-, Whisky – und Blutflecken. Die Tür der Minibar war offen, und der kleine Schrank war leer bis auf eine kleine, auf der Seite liegende Flasche Orangensaft und ein paar
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