Das Buch ohne Namen - Anonymus: Buch ohne Namen - The Book With No Name
Flaschen Wasser. Das forensische Team verfolgte die übliche Prozedur, alles zu notieren und an seinem Ort zu fotografieren. Jensen achtete peinlich darauf, nichts anzufassen.
»Sie wissen, dass Lieutenant Scraggs hinten im Badezimmer ist?«, fragte einer der Jungs von der Spurensicherung, der auf Händen und Knien umherrutschte und mit einer Pinzette kleine Fetzen von Marcus’ Magen aufsammelte.
»Ah. Danke.« Es war ein Stichwort, eine Art Palmzweig, der Jensen angeboten wurde. Er fühlte sich bereits jetzt ziemlich überflüssig. Als würde er am Tatort unnütz im Weg herumstehen. Also beschloss er, ins Bad zu gehen und herauszufinden, was Scraggs dort machte.
»Hey, Lieutenant Scraggs!«, rief er jovial und steckte den Kopf durch die Badezimmertür. »Irgendwas gefunden da drin?«
Lieutenant Scraggs war dabei, sein Spiegelbild über dem Waschbecken zu untersuchen. Er zuckte überrascht und verlegen zusammen, weil er von Jensen beim Posieren erwischt worden war.
»Nichts, Sir. Haben Sie schon eine Theorie wegen dieser Geschichte?«
»Im Moment nicht«, räumte Jensen ein. »Aber es ist noch ziemlich früh dafür, oder? Haben Sie so etwas schon mal gesehen?«
Scraggs schien sich von seiner anfänglichen Verlegenheit erholt zu haben. Er drehte sich erneut zum Spiegel um, strich sich mit den Händen durch das dichte schwarze Haar und rückte seine dünne blaue Krawatte zurecht.
»Ich hab jede Menge Leichen wie die da draußen gesehen, und ich sag Ihnen was, ob es Ihnen passt oder nicht, Detective: Das war nicht die Arbeit des Bourbon Kid. Ihr Partner Somers wird Ihnen das einreden wollen, aber er würde Bourbon Kid selbst die Ermordung von JFK in die Schuhe schieben, wenn er könnte.«
»Wie können Sie so sicher sein, dass es nicht Bourbon Kid war?«
»Weil er es nicht war!«, schnappte Scraggs und drehte sich zu Jensen um. »Bourbon Kid ist Geschichte! Er ist in die Stadt gekommen, hat eine Wagenladung Leute über den Haufen geschossen und ist wieder verschwunden. Somers hat in einer einzigen Woche so ungefähr jeden verloren, der ihm etwas bedeutet hat, alle ermordet vom Bourbon Kid. Er versucht, dem Kerl alles in die Schuhe zu schieben, weil er denkt, es hilft, ihn zu schnappen. In Wirklichkeit erreicht er damit nur, dass die Legende des Bourbon Kid wächst und wächst und er zu einer Art modernem John Wesley Hardin wird.«
Scraggs zog ein Paar Latexhandschuhe über, die neben dem Waschbecken gelegen hatten, und marschierte an Jensen vorbei zurück ins Schlafzimmer, wo er fast auf die sterblichen Überreste von Marcus dem Wiesel getreten wäre.
Jensen eilte ihm hinterher. »Ist es das, was alle darüber denken?«, fragte er den Lieutenant.
Scraggs hielt inne, doch diesmal drehte er sich nicht zu dem Detective um. »Nein, es ist nicht das, was alle denken . Es ist das, was alle wissen .«
Scraggs umrundete ein paar Brocken Fleisch auf dem Teppich und marschierte durch das Loch, das einmal ein Eingang gewesen war, aus dem Zimmer auf den Gang hinaus. Dabei wäre er beinahe mit Detective Archibald Somers zusammengestoßen, der auf dem Weg nach drinnen war und zwei Pappbecher mit Kaffee trug. Somers blieb wie angewurzelt stehen, als er im Zimmer war.
»Was haben Sie inzwischen herausgefunden, Partner?«, fragte er Jensen.
Der jüngere Detective wartete mit seiner Antwort, während Somers Blick durch den Raum schweifte. Seine Augen blieben auf der blutigen Masse auf dem Teppich haften, die einmal Marcus das Wiesel gewesen war.
»Nicht viel«, antwortete Jensen. »Die Augen wurden ihm nicht ausgequetscht, und die Zunge wurde zwar aufgeschlitzt, aber nicht herausgerissen.«
»Hübsch«, sagte Somers und schnüffelte am Deckel eines der beiden Becher. »Hier«, sagte er und hielt Jensen den anderen Becher hin. »Ich hab Ihnen einen Kaffee mitgebracht.«
»Nein, danke. Ich trinke dieses Zeug nicht.«
»Wie Sie meinen.«
Somers blickte sich nach einer freien Stelle um, wo er den Becher abstellen konnte. Es gab tatsächlich nicht eine einzige Stelle, wo er den dampfend heißen Kaffee hätte deponieren können. Die Jungs von der Spurensicherung hätten sicher ziemlich sauer reagiert – sie waren gerade dabei, alles nach Fingerabdrücken und DNS -Spuren abzusuchen –, also lehnte er sich aus der Tür und starrte Scraggs hinterher, der auf dem Weg zur Treppe war.
» Hey , Scraggs !«, rief er. » Fang auf !«
Jensen sah nur, wie Somers den Becher den Gang hinunter in die Richtung warf, in die
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