Das Buch ohne Namen - Anonymus: Buch ohne Namen - The Book With No Name
legte beide Hände auf den Tresen. Er brachte sein Gesicht so nah an das von Ulrika Price, dass der Einschüchterungsversuch nicht zu übersehen war.
»Sagen Sie mir, wo ich sie Ihrer Meinung nach am wahrscheinlichsten finden kann«, sagte er kalt. »Ihr Leben ist in Gefahr. Wenn ich Miss de Frugyn nicht rechtzeitig finde und sie ermordet wird, werde ich Sie dafür zur Rechenschaft ziehen.«
»Sie sind ein Cop, wie?«
»Ja. Ich bin ein Cop. Und es ist Ihre verdammte Bürgerpflicht als Bibliothekarin in dieser beschissenen Stadt, mir zu helfen. Verraten Sie mir jetzt, wo ich Annabel de Frugyn finde?«
»Sie lebt in einem Wohnwagen, aber sie bleibt nie länger als zwei Nächte an einem Fleck stehen. Das ist alles, was ich weiß.«
»Das ist alles, was Sie wissen?« Jensen war skeptisch und ließ es sich anmerken.
»Na ja, nicht ganz.« Mrs. Price seufzte. Sie atmete tief durch und fuhr fort: »Es gibt da noch etwas, das Sie vielleicht interessieren könnte.«
»Reden Sie weiter.«
»Ein Mann war heute Morgen hier und hat nach ihr und diesem Buch gefragt.«
»Was für ein Mann? Wie sah er aus?«
Ulrika Price wurde plötzlich sehr nervös. Sie erschauerte sogar. Ihr kühler Blick und ihre Unnahbarkeit waren verflogen.
»Es war er . Der Mann ohne Gesicht.«
»Der Mann ohne Gesicht? Was zur Hölle … was soll das heißen, ohne Gesicht? Hat er vielleicht eine Maske getragen oder was?«
»Er zeigt niemals sein Gesicht«, antwortete sie sehr leise. Ihre Stimme zitterte, und ihre Augen wurden nass. In Jensen erwachten Schuldgefühle, weil er versucht hatte, sie einzuschüchtern, und er zog sich ein wenig zurück, um ihr mehr Raum zu lassen.
»Es war der Mann mit der Kapuze«, fuhr sie fort. »Wir haben ihn lange nicht mehr in Santa Mondega gesehen, nicht seit der letzten Sonnenfinsternis. Und jetzt war er schon zweimal hier.«
»Was für ein Mann mit der Kapuze? Etwa Bourbon Kid? Sie haben den Namen schon gehört, richtig? Ist der Mann mit der Kapuze Bourbon Kid?« Seine Aufregung war nicht zu übersehen.
»Ja. Ich habe den Namen gehört. Jeder kennt ihn. Aber wie ich bereits sagte, ich habe sein Gesicht noch nie gesehen, deswegen kann ich nicht sagen, ob er es ist oder nicht … Nicht, dass ich je das Gesicht von diesem … anderen Mann gesehen hätte.«
Jensen trommelte mit den Fingern auf den Tresen. Das tat er häufig, wenn er im Stehen nachdachte. Das Trommeln gab einen Takt vor, der seinen Verstand irgendwie in Schwung brachte. Es war an der Zeit, das Tempo der Befragung zu erhöhen.
»Okay, okay. Was haben Sie diesem Mann mit der Kapuze erzählt?«, fragte er mit beträchtlichem Nachdruck.
»Ich habe etwas Dummes getan …«, antwortete sie ganz verzagt.
»Was soll das heißen, etwas Dummes? Was haben Sie getan?« Fang endlich an zu reden, verdammt! , dachte er bei sich.
»Ich habe ihm eine Adresse von Annabel de Frugyn gegeben.«
»Aber Sie haben gesagt, Annabel de Frugyn hätte keine feste Adresse!«
»Hat sie auch nicht. Ich habe ihm die Adresse eines einheimischen Gangsterbosses gegeben. Eines Mannes namens El Santino.«
»El Santino? Ich verstehe nicht. Warum sollten Sie so etwas tun?«
»Weil dieser Mann mit der Kapuze, wenn er Bourbon Kid ist, meinen Ehemann vor fünf Jahren ermordet hat. Ich dachte mir, wenn ich ihn zum Haus von El Santino schicke, kommt es vielleicht zum Kampf. El Santino ist der Einzige, der Bourbon Kid vielleicht besiegen kann. Wenn er es schafft, habe ich mich für das gerächt, was er mir vor fünf Jahren genommen hat.«
Jensen trat vom Tresen zurück. Diese Frau hatte ihn kalt erwischt. So ein naseweises Miststück. Sie hatte ihm ein paar nützliche Informationen gegeben, doch nun musste er herausfinden, was er damit anfangen sollte. Als Erstes musste er sich mit Somers in Verbindung setzen und mit ihm einen Plan aushecken. Doch vorher hatte er noch eine letzte Frage an Ulrika Price.
»Sie sagten, der Mann mit der Kapuze wäre bereits zweimal da gewesen, richtig?«
»Ja.«
»Wann war er zum ersten Mal da?«
»Vor zwei Wochen. Alle sind vor ihm geflüchtet. Alle hatten Angst vor ihm. Nur das Personal war noch da. Er kam zu mir an den Tresen und verlangte, dass ich ihn an meinen Computer ließ.«
»Und Sie haben ihn gelassen … richtig?«
»Was hätte ich denn tun sollen? Ich war außer mir vor Angst!«
»Was hat er an Ihrem Computer gemacht?«
»Er war nur eine Minute daran. Er schrieb eine Liste von Namen ab, dann war er wieder weg.«
»Haben Sie
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