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Das Buch ohne Staben - Anonymus: Buch ohne Staben - The Eye of the Moon

Titel: Das Buch ohne Staben - Anonymus: Buch ohne Staben - The Eye of the Moon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anonymus
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ein kleines Haus in einer zusammengewürfelten Reihe weiterer kleiner Häuser, befand sich im Rotlichtviertel von Santa Mondega. Dafür gab es zwei Gründe. Erstens konnten sie sich nicht mehr leisten. Und zweitens war ihre Mutter eine Hure. Dem Ruf nach wie dem Gewerbe. JD wusste Bescheid, doch Casper hatte nicht die leiseste Ahnung. Eines Tages würde er es wahrscheinlich begreifen und ein paar seelische Narben davontragen, doch dieser Tag schien zumindest für den Moment noch in weiter Zukunft zu liegen.
    JD hatte sich nie missbilligend über das Gewerbe seiner Mutter ausgelassen. Von dem Moment an, als er begriffen hatte, womit sie ihren Lebensunterhalt verdiente, hatte er auch die Gründe dafür gesehen. Es war kein Beruf, den sie sich selbst ausgesucht hätte. Sie war eine allein erziehende Mutter, die zwei heranwachsende Söhne ernähren musste. JD s Vater hatte sich aus dem Staub gemacht, als JD noch ein kleiner Junge gewesen war – still und leise, ohne jede Erklärung. Eine Weile hatte ihre Mutter mit einem anderen Mann zusammengelebt, Russo, dem Vater von Casper, und die Dinge hatten wieder besser ausgesehen, bis Russo ebenfalls abgehauen war – zurück zu seiner Exfrau, mit der er ebenfalls ein Kind hatte, einen Sohn namens Bull, der ungefähr in JD s Alter war. Sie wohnten immer noch in der Nähe.
    Die Eingangstür lag versteckt am Ende einer dunklen Seitengasse, und um dorthin zu gelangen, musste man normalerweise an Straßennutten, Zuhältern und Drogendealern vorbei. Es war keine beängstigende Erfahrung für die beiden, weil jeder wusste, wer sie waren. Die Kinder von Maria, und mehr oder weniger jeder, der hier in der Seitengasse herumhing, hatte irgendwann einmal entweder mit, hinter, unter oder auf ihrer Mutter gearbeitet. Nette Leute allesamt, wirklich. In dieser Nacht allerdings, angesichts des Regens und des Sturms, war niemand auf der Straße, so hart sie auch sonst sein mochten. JD und Casper gelangten ohne die übliche Begrüßungstour bis zur Haustür.
    JD drehte den Schlüssel im Schloss und drückte die Tür auf, um Casper reinzulassen. Er schlug die Kapuze seines neuen Umhangs nach hinten über die Schulter und folgte seinem kleinen Bruder nach drinnen. Sie betraten die kleine Diele. Der rote Teppich war bereits schmutzig, wahrscheinlich von einigen Kunden, die im Verlauf des Abends da gewesen waren. Doch beide Jungen hatten keinen Blick für den Schmutz, denn ihren Augen bot sich das reinste Schlachtfeld. Casper erstarrte vor Schreck und Verwirrung. Ein Blick in die Runde reichte JD , um eine Entscheidung zum Wohle seines kleinen Bruders zu treffen.
    »Casper, raus hier!«, schnappte er mit ungewohnter Schärfe.
    Das Haus war nicht groß, und es würde nicht lange dauern, bis sie weitere Spuren dessen fanden, was sich hier abgespielt hatte. JD wollte Casper aus dem Weg haben, bevor dessen unschuldige Augen auf irgendetwas fallen konnten, das ihn weiteren Albträumen aussetzte. Noch während er sprach, nahm er mehr und mehr bestürzende Details in sich auf. Und Casper starrte ihn vollkommen bestürzt an. »Was ist denn los?«, fragte er.
    JD packte den Kopf seines kleinen Bruders und drehte ihn zu sich. »Hör mir genau zu«, sagte er. »Ich möchte, dass du die Straße runterläufst zum Haus deines Vaters. Wenn du dort angekommen bist, sag ihm, dass etwas passiert ist und dass er sofort hierherkommen muss. Aber du bleibst dort, zusammen mit Bull, okay? Du kommst nicht wieder hierher, hast du verstanden? Nur dein Vater. Ich glaube, hier waren Einbrecher.«
    »Was ist mit dir?«, fragte Casper mit schriller Stimme, als Angst ihn zu überwältigen drohte.
    »Mach dir keine Sorgen um mich, hörst du? Ich helfe Mom beim Aufräumen.«
    »Aber wo ist Mom?«
    »Sie ist wahrscheinlich zur Polizei gelaufen. Casper! Sieh mich an! «
    Der Blick des Jungen war abgeschweift zur Wand hinter JD . Beim scharfen Zuruf seines Bruders sah er JD wieder an. »Ist das … ist das Blut an der Wand?«, fragte er.
    »Nein. Wahrscheinlich rote Farbe. Einbrecher malen oft Häuser rot an, wenn sie sie leer geräumt haben, damit sie wissen, dass sie nicht wiederkommen müssen.«
    »Ich will hier bei dir bleiben.« Caspers Unterlippe bebte, und er schluckte schwer.
    »Ich weiß, Kleiner, ich weiß. Trotzdem, du musst gehen. Ich komme später vorbei und hole dich, okay? Ich weiß, ich bin immer zu spät, aber am Ende halte ich mein Wort, oder etwa nicht?«
    Casper sah ihn traurig an. »Nicht immer.«
    »Von jetzt

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