Das Buch ohne Staben - Anonymus: Buch ohne Staben - The Eye of the Moon
besser. Schon jetzt drohte eine ganze Serie schlafloser Nächte, falls Casper anfing, Albträume zu entwickeln wegen dem, was er gesehen hatte.
»Willst du nicht wenigstens dem neuen Prediger die Hand schütteln?«, fragte Elvis, während JD seinen Bruder zum Ausgang zu schieben versuchte.
»Sicher ergibt sich ein andermal eine Gelegenheit«, sagte JD und lächelte höflich, während er Casper mit sich zum Ausgang zog.
»Hey, Vogelscheuche, du wirst ja klatschnass in dem Schweinewetter da draußen!«, rief Elvis. »Zieh wenigstens das hier an.«
Der King hatte einen dunklen Umhang vom Boden aufgehoben und warf ihn dem jungen Mann zu. Es war ein Kapuzenmantel, den einer der jetzt toten Vampire getragen hatte. JD fing ihn auf und sah ihn nachdenklich an.
»Danke, Elvis«, rief er dann.
»Kein Problem, Mann. Pass nur gut auf deinen kleinen Bruder auf, okay?«
Während JD den Umhang zurechtzupfte, so dass er ihn überstreifen konnte, ohne sich zu verheddern, ging Elvis an ihm vorbei und verschwand draußen in der Nacht. Er hatte andere Dinge zu erledigen, eine Boygroup aus der Gegend beispielsweise.
JD mühte sich einen Moment mit den Ärmeln des langen dunklen Umhangs ab. Als er ihn schließlich umgelegt hatte, stellte er fest, dass er sich um seine Schultern schmiegte und bis kurz über die Knöchel reichte, wie für ihn gemacht. Und nachdem er ihn mit einem schmalen Ledergürtel geschlossen hatte, schlug er die Kapuze hoch und folgte seinem aufgeregten kleinen Bruder in den Regen hinaus.
Acht
Beth saß in einem der beiden behaglichen, wenngleich unübersehbar schmuddeligen dunkelgrünen Lehnsessel, die Annabel de Frugyn in ihrem Wohnwagen stehen hatte. Die ältere Frau hatte gespürt, dass die Kälte und der Regen Beth zugesetzt hatten, und sie hatte Wasser heiß gemacht, um ihnen beiden eine Tasse von ihrem besten Tee zu brauen.
Der Kessel stand auf einem Sideboard hinter ihr am anderen Ende des Wohnwagens in der Kochnische. Mit dem Rücken zu Beth schenkte Annabel das dampfend heiße Wasser in ihre beiden besten Becher und rührte den Inhalt für ein paar Sekunden um, bevor sie zurückkam und Beth einen der Becher reichte, ehe sie sich dem jungen Mädchen gegenübersetzte.
Der Tee war extrem schwach. Schlimmer noch – auf dem Becher war ein Bild von John Denver. Der Grund für die Schwäche des Tees lag darin, dass Annabel de Frugyn sich beharrlich weigerte, mehr als einen Teebeutel am Tag zu benutzen. An diesem speziellen Tag hatte sie bereits vier Tassen getrunken, und so war die ausgelutschte Karikatur von einem Teebeutel nicht mehr imstande gewesen, dem heißen Wasser im Becher noch viel Aroma mitzugeben.
Annabel machte es sich im Lehnsessel gegenüber Beth bequem und stellte ihren eigenen Becher (mit einem Bild von Val Doonican) auf den kleinen Kaffeetisch zwischen ihnen beiden.
»Er kommt bestimmt zurück«, begann sie mit beruhigender Stimme.
»Ist es so offensichtlich?«, fragte Beth.
»Es steht dir praktisch auf die Stirn geschrieben, Liebes. Er ist der Eine für dich, weißt du? Ich kann es sehen. Ich habe eine Nase für diese Dinge. Ich bin nämlich von Beruf Wahrsagerin. Man nennt mich die Mystische Lady.«
»Tatsächlich?« Beth wurde munter. »Können Sie mir die Zukunft vorhersagen?« Doch dann fiel ihr etwas ein. »Ich habe kein Geld, leider«, sagte sie dümmlich.
Die dunkel gekleidete Frau lächelte. »Natürlich. Gib mir deine Hände. Ich lese aus deinen Handflächen.«
»Okay.«
Beth stellte den John-Denver-Becher so auf den Tisch, dass John und Val Doonican sich feindselig anstarrten, dann streckte sie die Hände aus, damit Annabel sie untersuchen konnte.
Draußen wurde der Regen noch heftiger und trommelte lärmend auf das Blechdach des Anhängers. Es schien keine elektrische Beleuchtung zu geben, und das einzige Licht kam von Kerzen, die in regelmäßigen Abständen auf einem Sims entlang der Wand standen und ausnahmslos in einem unheimlichen Grün flackerten. Das einzige Fenster befand sich direkt hinter Beth, und immer wieder leuchtete Annabels warziges Gesicht weiß im Halbdunkel auf, wenn draußen ein greller Blitz durch die Nacht zuckte.
Annabel ergriff Beths Hand, und beim nächsten Blitz lächelte sie das Mädchen mit ihrem breiten Zahnlückenlächeln an.
Nach einer langen Pause begann sie schließlich zu sprechen. »Ich spüre große Dinge für dich, Beth, mein Liebes.«
»Wirklich? Was denn?«
Annabel musterte Beth von oben bis unten und nickte. »Ja, ja. Du
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