Das Buch ohne Staben - Anonymus: Buch ohne Staben - The Eye of the Moon
Ordnung?«
Langsam rollte Olivia Jane Lansbury in ihrem durchnässten Gewand von ihrer Stieftochter herunter und kam auf dem Rücken auf dem roten Teppich zu liegen. Sie rührte sich nicht mehr. Der goldene Dolch steckte in ihrem Hals, und Blut spritzte aus der Wunde. Neben ihr starrte Beth voller Panik und mit blutigem Gesicht hinauf zu dem maskierten Teufelsanbeter in ihrem Heim. Ein weiterer Blick auf die blutende, sterbende Gestalt ihrer Stiefmutter am Boden neben ihr genügte, um sie aufzurütteln. Mit einer aus schierem Terror geborenen blitzartigen Bewegung war sie auf den Beinen und durch die während der gesamten Prozedur halb offene Tür hindurch. Sie rannte hinaus in den Regen, besudelt mit dem Blut ihrer Stiefmutter und ihrem eigenen, das aus der grausigen Wunde in ihrer Wange strömte. Ihr einziger Gedanke war der Pier, wo sie Trost in den Armen von JD zu finden hoffte, dem einzigen Menschen auf der Welt, dem sie jetzt noch vertraute.
Der Mann in dem weißen Gewand, der Olivia Jane den goldenen Dolch gegeben hatte, trat vor und spähte zur Tür hinaus. Er beobachtete, wie das verstörte junge Mädchen den Hügel hinunterrannte in Richtung Stadt und Hafenpromenade. Er riss sich die Maske vom Kopf und schleuderte sie zu Boden. Seine schroffen, zerfurchten Gesichtszüge flossen über vor Frustration, als er sich zu den zwölf übrigen Mitgliedern des Kults umwandte.
»Okay, Leute. Ihr räumt jetzt besser diese Sauerei hier auf«, sagte er mit befehlsgewohnter Stimme. »Ich knöpfe mir das Mädchen vor. Ich schätze, ich werde die Kleine wohl verhaften.«
Dreizehn
In der mit Blut und Erbrochenem besudelten Küche beugte sich JD über seine Mutter, die verkrümmt und gebrochen am Boden lag. Die Unmengen Blut überall waren extrem beunruhigend, doch er verdrängte den Gedanken. Er kauerte neben ihr und richtete sie in eine sitzende Position auf, mit dem Rücken gegen einen der unteren Schränke. Dann strich er ihr behutsam die blutigen Haare aus den Augen und löste ein paar Strähnen, die aufgrund des trocknenden Bluts auf ihrem Gesicht klebten. Sie sah ihn an, und in ihren Augen standen der Schock und der Schmerz, den sie empfand. Er wusste, dass es schlimm um sie stand – das Blut und die klaffende Wunde in ihrem Hals machten das mehr als deutlich –, doch die Bestätigung fand er in ihren Augen und in den rasselnden, mühsamen Atemzügen. Seine Mutter zeigte normalerweise nie irgendwelchen Schmerz, weder physisch noch psychisch, doch diesen Schmerz konnte sie nicht verbergen. Sie starb, und sie wusste es, und JD begriff es ebenfalls langsam. Es war unmöglich, in dieser Situation etwas Tröstendes zu sagen. Es war nicht genügend Zeit, um über die richtigen Worte nachzudenken – dies war ein Augenblick, in dem sich das betäubte Gehirn abschaltete und der Autopilot übernahm.
»Stirb nicht, Mom! Bitte stirb nicht! Was soll ich denn ohne dich tun? Was wird aus Casper?« Seine Stimme brach. Es war das letzte Mal, dass er je mit seiner Mutter reden würde, der einen und einzigen Person in seinem Leben, die immer da gewesen war für ihn. Und doch wusste er, dass er nicht an sich selbst denken durfte. Sie lag im Sterben, und sie brauchte Trost in diesen letzten Augenblicken.
Sie sah zu ihm hoch, während sie verzweifelt nach Luft schnappte. Es schien klar, dass sie ihn kaum sehen konnte. Es war seine Stimme, die ihr in diesen letzten Minuten Trost schenkte.
»Sohn«, ächzte sie. » Töte mich .«
»Du hast einen Schock erlitten, Mom«, murmelte JD und streichelte ihren Kopf. »Ich rufe einen Krankenwagen …«
»Dazu ist es zu spät, Junge. Töte mich. «
»Mom, ich werde dich nicht …«
» Töte mich ! « Ihre Stimme hatte plötzlich einen anderen Tonfall. Dies war keine Bitte mehr, es war ein Befehl. Und es war die Stimme eines Vampirs. Eines Untoten. Denn das stand sie im Begriff zu werden. Ihre Pupillen schrumpften, und sie richtete sich ein bisschen auf und grinste ihren zitternden, bebenden Sohn an und enthüllte bösartige weiße Fangzähne, wo vorher noch keine gewesen waren.
Erschrocken wich JD zurück und fiel auf den Hintern. » Wwwas …? «
» Töte mich ! «, fauchte seine Mutter erneut. Ihr Körper und ihre Seele gehörten nun zu den Untoten, doch ihr Herz schlug immer noch für ihren Sohn – für eine kurze Zeit jedenfalls.
»Ich kann dich nicht töten, Mutter. Sei nicht dumm.«
»Wenn – du – mich – jetzt – nicht – tötest …«, röchelte sie, »...
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