Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman
dagegen sprach, betete ich täglich zum Herrn, er möge dich bewahren. Unterdessen setzten wir unseren Weg fort und nahmen den Kampf gegen die Muselmanen auf. Wir waren dabei, als Nicaea fiel, und fochten bei Dorylaeum, und wir durchwanderten die Wüste wie einst das Volk Israel. Die Hoffnung, dich jemals wiederzu s ehen, hatten wir fast schon aufgegeben – als wir von einem jungen Angelsachsen erfuhren, der sich in der Schlacht von Dorylaeum angeblich durch besondere Tapferkeit ausgezeichnet hatte.«
»Und da habt ihr an mich gedacht?«
»Natürlich – wie viele starrsinnige Angelsachsen, die dumm genug sind, in vorderster Reihe zu kämpfen, gibt es wohl auf diesem Feldzug?«, fragte jemand. Der Eingang des Zeltes wurde beiseitegeschlagen, und zwei weitere vertraute Gestalten traten an Conns Lager und schauten grinsend auf ihn herab.
»Bertrand! Remy!« Conn musste ebenfalls lächeln. »W ie ich mich freue, euch zu sehen!«
»Ich freue mich auch, mein unbedarfter Freund«, feixte Bertrand. »Schon weil mir deine dummen Fragen gefehlt haben.«
»Hör nicht auf ihn«, brummte Remy in seltener Redseligkeit. »Er ist nur froh, wieder jemanden zu haben, den sein ständiges Gerede nicht in den Wahnsinn treibt.«
»Und ich dachte schon, ihr wärt nicht mehr am Leben.«
»Dasselbe dachten wir von dir«, versicherte Bertrand. »Unser guter Remy hier war schon ganz verzweifelt deswegen.«
»Du redest Unsinn«, widersprach der Hüne. »W ie immer.«
Trotz der schmerzenden Wunde an seinem Hals musste Conn lachen. Er richtete sich auf seiner Decke auf und erzählte so knapp er es vermochte, was ihm seit jener stürmischen Nacht auf dem salandrium widerfahren war. Zu Beginn unterbrach Bertrand ihn gelegentlich, um einige erläuternde Bemerkungen anzubringen, aber je weiter Conn in seinem Bericht fortschritt, desto seltener wurden die Einwürfe und desto größer das Erstaunen der drei Normannen.
»Ich sehe«, meinte Baldric, nachdem Conn seinen Bericht beendet hatte, »die Sorgen, die ich mir deinetwegen gemacht habe, sind unnötig gewesen. Du hast die Lektionen, die ich dir erteilt habe, gut gelernt.«
» Und noch ein paar mehr«, fügte Conn in Erinnerung an die blutige Schlacht und den sich anschließenden entbehrungsreichen Marsch hinzu. »Aber wie konntet ihr mich am Ende finden? Ich habe seit Dorylaeum nach euch gesucht, aber …«
»W ir waren oft als Kundschafter eingesetzt und deshalb nicht im Lager«, erklärte Baldric. »W as die Suche nach dir betrifft, so hat uns wohl der Allmächtige selbst geholfen – in Gestalt eines seiner ergebenen Diener.«
Als wäre dies das Stichwort, wurde der Zelteingang abermals beiseitegeschlagen und kein anderer als Berengar trat ein, den Conn als allerletzten erwartet hätte. »Pater?«, fragte er ungläubig. »Aber …«
»Gottes Wege sind wahrhaft unergründlich, mein junger Freund«, entgegnete der Mönch. »W ie viele Streiter Christi kam auch Herr Baldric zu mir, auf dass ich seine Seele von Ballast befreie. Auf diese Weise erfuhr ich von Dingen, die ich aus deinem Mund bereits gehört hatte, und begann zu ahnen, dass ein Zusammenhang bestehen musste. Und so ergab eins das andere.«
»Dennoch wären wir beinah zu spät gekommen, denn der Franzose war drauf und dran, dir die Kehle durchzuschneiden«, fügte Bertrand grinsend hinzu.
Conn nickte, als hätte er alles verstanden – in Wahrheit konnte er kaum fassen, dass das Schicksal ihm nach all den Fährnissen ein solches Geschenk gemacht und ihn wieder mit den Gefährten zusammengeführt hatte, die allesamt wohlauf waren. Er ertappte sich dabei, dass er dem Schöpfer dafür dankte – jenem Schöpfer, von dem er früher stets angenommen hatte, dass er sich nur um die Belange der Großen und Mächtigen kümmere.
»Nicht nur lautere Herzen tummeln sich im Heer des Herrn«, knurrte Baldric missmutig. »Du musst vorsichtig sein, wenn du des Nachts das Lager durchstreifst.«
»Ich weiß«, versicherte Conn und rieb sich den brummen d en Schädel – dass er betrunken gewesen war und sich verlaufen hatte, behielt er geflissentlich für sich.
»Allerdings«, fuhr Baldric fort und wurde plötzlich ernst, »gibt es da eine Sache, die weitaus weniger leicht aus der Welt zu schaffen ist als ein hergelaufener Wegelagerer.«
»Ja?«, fragte Conn erstaunt.
»Als Pater Berengar sein Schweigen brach und mir von einem jungen Angelsachsen erzählte, der dem, den ich verloren glaubte, auf verblüffende Weise ähnelte, da sagte
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