Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman
Geheimnis von sich aus zu offenbaren. Doch die ohnehin nur flüchtige Gelegenheit schien bereits wieder verstrichen.
»Gibt es etwas, das du mir zu sagen hast, mein Kind?« Isaac blickte ihr dabei prüfend ins Gesicht.
Chaya schluckte so heftig, dass es in ihrer trockenen Kehle schmerzte. Sollte sie ihrem Vater die Wahrheit sagen?
Ahnte er womöglich bereits etwas?
Hatte sie sich verraten?
Für einen kurzen Augenblick war sie dazu bereit – dann kamen ihr Zweifel und sie wollte die Anerkennung, die ihr Vater ihr soeben hatte zuteilwerden lassen, nicht gleich wieder zunichte machen.
»Nein«, erwiderte sie deshalb kopfschüttelnd. »W as sollte ich dir wohl zu sagen haben?«
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11.
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Iconium
16. August 1097
Ein Wunder.
Für die meisten Kreuzfahrer stand fest, dass es nichts anderes als ein göttliches Wunder gewesen sein konnte, das den Kreuzfahrern zu Hilfe gekommen war und sie nach sechs Wochen entbehrungsreichen Marsches durch sengende Hitze und lebloses Land gerettet hatte.
Conn sah die Dinge nüchterner, aber auch er kam nicht umhin, erleichtert zu sein, dass die mörderischen Entbehrungen zumindest vorerst ein Ende hatten. Die Kreuzfahrer hatten Iconium erreicht, die alte Stadt im anatolischen Hochland, die den Seldschuken als Zentrum ihrer Macht diente. Deshalb hatten die entkräfteten, von Hunger und Durst gezeichneten Streiter Christi geglaubt, einen blutigen Kampf um den Besitz der Stadt austragen zu müssen – doch diese Annahme hatte sich als falsch erwiesen.
Die Kunde von ihren Siegen bei Nicaea und Dorylaeum war den Kreuzfahrern vorausgeeilt, und so hatte die türkische Garnison die Stadt bereits verlassen, während ihre Bewohner – zum größten Teil armenische Christen – ihre Glaubensbrüder als Befreier willkommen hießen und ihnen bereitwillig die Tore öffneten.
Der Triumph war vollkommen, ohne dass auch nur ein einziger Pfeil abgeschossen oder eine Klinge gekreuzt worden w ar. Entsprechend groß war der Freudentaumel, in den die Angehörigen des Kreuzfahrerheeres daraufhin verfielen. Überall in den Lagern loderten Feuer, über denen Fleisch gebraten wurde. Bereitwillig hatten die Einwohner von Iconium ihr Vieh geschlachtet und ihre Vorratslager geöffnet, um die ausgehungerten Kreuzfahrer zu versorgen. Die gedrückte Stimmung, die zuletzt wie ein Leichentuch über dem Zug gelegen hatte, schlug innerhalb von nur zwei Tagen in Euphorie um.
Die Prediger, die die Unternehmung begleiteten und während der letzten Wochen zunächst immer leiser geworden und schließlich ganz verstummt waren, ergriffen wieder das Wort und hielten flammende Ansprachen; hier und dort waren sogar Flötenklang und Gesang zu hören, und der Wein, der von freigebigen Iconiern aus langen Schläuchen ausgeschenkt wurde, trug sein Übriges dazu bei, eine Stimmung zu erzeugen, die jene von Rouen noch übertraf. Zwar betrauerte man die Toten, die auf der langen Wegstrecke zurückgeblieben waren und deren Zahl in die Hunderte ging; aber es überwog die Freude, selbst mit dem Leben davongekommen zu sein. Man war überzeugter denn je, mit dem Segen des Allmächtigen zu reisen, der die Kreuzfahrer hart geprüft, sie jedoch für wert befunden hatte, die heiligen Stätten zu befreien.
Auch Conn hatte dem Wein zugesprochen, wenn auch nur mit einigen Schlucken, die auf seinen jeder Flüssigkeit entwöhnten Körper jedoch verheerende Wirkung hatten. Ziellos trat er zwischen Feuern und Zelten umher, die für ihn alle gleich aussahen, und er gestand sich widerstrebend ein, dass er sich im Lager verlaufen hatte. Nirgendwo sah er mehr ein bekanntes Gesicht, von Berengar und den Lothringern, deren Gesellschaft er kurz verlassen hatte, um sich am Rand des Lagers zu erleichtern, keine Spur.
Wohin Conn auch schaute, sah er ausgemergelte, aber glückliche Gesichter, lachend, singend, lallend, das Leben feiernd, das ihnen so unvermittelt wieder geschenkt worden war. Jemand packte ihn am Arm und drehte ihn herum. Ein betrun k ener Franke, der einen Krug in den Händen hielt, prostete ihm zu, eine junge Frau sandte ihm auffordernde Blicke, ein Armenier bot ihm großzügig Wein an.
Conn winkte dankend ab und wankte weiter, um seine Suche nach Berengar und den anderen fortzusetzen. Da er keine Ahnung hatte, wohin er sich wenden musste, schlug er jeweils die Richtung ein, die ihm passend erschien – und hatte das Gefühl, sich immer noch tiefer im Labyrinth des nächtlichen Lagers zu verlieren. Lachende Mienen, heiserer Gesang,
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