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Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman

Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman

Titel: Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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lange zurücklagen, bestürzten sie ihn. Plötzlich sah er manches in einem anderen Licht.
    »Die Geschichte ist noch nicht zu Ende«, ergriff Baldric wieder das Wort. »W ir kehrten ins Lager zurück und erstatteten Bericht, und de Rein rühmte sich, unter den Angelsachsen Angst und Schrecken verbreitet zu haben. Anderntags wurden wir ausgeschickt, ein weiteres Dorf zu zerstören, und alles wie d erholte sich. Schlimmer noch, nun, da wir uns an die Schreie und das Entsetzen in den Augen der Dorfbewohner gewöhnt hatten, gingen wir unserem Mordhandwerk nach wie seelenlose Schatten, und ich stieg zu de Reins Unterführer auf. Des Nachts allerdings, wenn ich versuchte, Ruhe zu finden, verfolgten mich die Gesichter derer, die ich erschlagen hatte, und ich erwachte schreiend und schweißgebadet, so sehr bedrückte mich die Last meiner Taten – bis ich es schließlich nicht mehr aushielt. Als de Rein uns eines Tages erneut anwies, die Einwohner eines Dorfes zu töten, missachtete ich seinen Befehl und verweigerte ihm die Gefolgschaft.«
    »Und – was hat er getan?«, fragte Conn, worauf Baldric endlich den Blick wandte und ihn ansah.
    »Zur Strafe hat er mich in Fesseln legen lassen und mir mit einem glühenden Dolch das linke Auge ausgestochen, damit ich, wie er sich ausdrückte, künftig nur noch das Rechte sehe.«
    »Das kommt mir bekannt vor«, knurrte Conn.
    »Ich wurde ausgestoßen, verlor nach meinem Namen auch noch meine Ehre und musste mich fortan als Soldat verdingen. Die Ereignisse jener Nächte jedoch haben mich nie mehr losgelassen, ganz gleich wie oft ich sie auch beichtete und dafür Vergebung zu erlangen suchte. Ich wusste, dass ich dazu verdammt sein würde, ewige Höllenqualen zu leiden, wenn es mir nicht gelang, Ablass von meinen Verfehlungen zu erhalten …«
    »… und so hast du dich den Kreuzfahrern angeschlossen«, folgerte Conn.
    Baldric nickte. »Indem ich das Kreuz nahm, verspürte ich zum ersten Mal in meinem Leben wieder Hoffnung. Ich flehte zum Herrn, dass er mir den rechten Weg zur Buße weisen solle – und da fand ich dich, Conwulf. Als ich dich dort am Flussufer liegen sah, halb tot und mit einem Pfeil im Arm, da wusste ich, dass Gott mein Flehen erhört und mir einen Weg gezeigt hatte, mich zu bewähren und meine Vergehen zu sühnen.«
    » An mir«, vervollständigte Conn staunend. »Das also ist der Grund, warum du mich damals gerettet hast und weshalb du mich unbedingt auf die Pilgerreise mitnehmen wolltest.«
    »Ja, Conwulf. Deine Rettung und die Pilgerfahrt ins Heilige Land sind die Bußen, die mir aufgegeben wurden, um das Seelenheil zurückzuerlangen.«
    Conn nickte und fühlte, wie sich in seinem Hals ein Kloß bildete. Was er gehört hatte, bestürzte ihn einerseits, andererseits wollte er Baldric nicht für etwas zürnen, was mehr als drei Jahrzehnte zurücklag und was dieser aufrichtig bereute. »Es tut mir leid«, sagte er leise.
    »W as tut dir leid? Dass der Mann, der dich an Sohnes statt angenommen hat, ein gemeiner Mörder ist?«
    »Nein. Sondern dass ich nicht auf dich gehört habe und zu de Rein gegangen bin.«
    »Ich nehme an, du hattest deine Gründe.«
    Conn nickte – und ihm war klar, dass dies der Augenblick war, um auch sein eigenes Schweigen zu brechen. »Guillaume de Rein hat die Frau getötet, die ich liebte. Wir wollten eine Familie gründen, Kinder haben. Er hat sie geschlagen und vergewaltigt, sodass sie …«
    »Schon gut, Junge«, sagte Baldric, um ihm den Rest zu ersparen. »Das also war es, was du damals in der Burg zu suchen hattest. Du wolltest dich an Guillaume de Rein rächen und wurdest entdeckt.«
    Conn widersprach nicht.
    Es war die Wahrheit, wenn auch nur ein Teil davon.
    Er überlegte sich, Baldric auch noch den anderen Teil zu offenbaren und ihm von dem Mordkomplott zu berichten, das Guillaume de Rein gegen den Bruder des Königs hegte. Dass Baldric ihm keinen Glauben schenken würde, brauchte er wohl nicht mehr zu befürchten, schließlich hatte auch er unter der Willkür und der Grausamkeit der Familie de Rein gelitten. Dennoch zögerte Conn, sein Schweigen zu brechen.
    Wenn er es tat, so machte er den Mann, der ihm das Leben g erettet und dem er so viel zu verdanken hatte, zum Mitwisser von Dingen, die ihn nichts angingen, und brachte damit womöglich sein Leben in Gefahr. Was war gewonnen, wenn er Baldric davon erzählte? Weder konnte dieser ihm helfen, das in jener Nacht Gehörte zu beweisen, noch war sein Einfluss groß genug, um der

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