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Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman

Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman

Titel: Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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dem Boden abgesetzt hatte.
    »W ie fühlt Ihr Euch, Mutter?«
    »W ie soll ich mich fühlen?« Ein freudloses Lächeln spielte um ihren schmalen Mund. »W ie sich ein frommer Pilger in einem gottlosen Land eben fühlen muss.«
    Guillaume erwiderte das Lächeln. Wie so oft schien seine Mutter genau wie er zu empfinden. Mit dem Unterschied, dass sie den Mut hatte, es auszusprechen, während er selbst …
    »Guillaume!«
    Der Ruf seines Vaters ließ ihn zusammenzucken. Er kannte diesen Tonfall nur zu genau, und stets bedeutete er Verdruss.
    »Ja, Vater?«
    Guillaume wandte sich um. Vor ihm stand der Baron de Rein. Wie er selbst trug er ein Kettenhemd, das bis zu den Knien reichte und vorn und hinten geschlitzt war, um das Sitzen im Sattel zu erleichtern. Anders als Guillaume, der nach seiner Mutter kam und von schlankem Wuchs war, bot Renald de Rein jedoch eine eindrucksvolle, fast hünenhafte Erscheinung mit breiter Brust und starken Armen, die keinen Zweifel daran ließen, dass er das Langschwert, das an seiner Hüfte hing, mit wuchtigen Schlägen zu führen wusste. Den Helm hatte der Baron abgenommen, sodass sein rotbraunes, in schweißnassen Strähnen hängendes Haar, das ohnehin mehr an einen Angelsachsen denn an einen Normannen gemahnte, wie Kupfer in der fahlen Nachmittagssonne glänzte. Das fleischige Gesicht mit der gebogenen Nase und den hohen Wangenknochen verriet unverhohlene Missbilligung.
    » W enn du damit fertig bist, am Rockzipfel deiner Mutter zu hängen, kümmere dich darum, dass die Pferde gut versorgt und die Männer ordentlich untergebracht werden.«
    »Aber Vater«, beeilte Guillaume sich zu versichern, »ich wollte doch nur, dass Mutter …«
    »Erspare mir deine Ausreden«, fiel Renald ihm ins Wort. »Unsere Leute sind müde und hungrig, also trage dafür Sorge, dass sie ein Dach über dem Kopf und eine anständige Mahlzeit erhalten.«
    Guillaumes hohe Stirn verfinsterte sich. Er hasste es, vor den Untergebenen gemaßregelt zu werden, und sein Vater wusste das – was ihn nicht davon abhielt, es wieder und wieder zu tun. »Ich bin ebenfalls geritten«, erklärte er mit unverhohlenem Trotz in der Stimme, »und ich bin nicht weniger hungrig.«
    »Glaubst du, das interessiert mich?« Der Baron gab sich keine Mühe, seine Verachtung zu verbergen. »Diese Leute«, sagte er, auf die Soldaten und die Dienerschaft deutend, die sie auf dem langen Weg nach London begleitet hatten, »sind mit uns gereist und haben uns mit ihrem Leben beschützt. Als ihr Oberhaupt ist es deine Pflicht, für sie zu sorgen, noch bevor du an dein eigenes Wohl denkst. Geht das in deinen blonden Schädel?«
    Guillaume verzog angewidert das Gesicht. Er mochte es nicht, wenn sich sein Vater ihm gegenüber solch grober Worte bediente, auch seiner Mutter war das Missfallen deutlich anzusehen. Beide wussten jedoch, dass es weder Sinn gehabt hätte noch besonders klug gewesen wäre, dem Baron vor seinen Gefolgsleuten zu widersprechen, also schwiegen sie, und Guillaume deutete, wenn auch zähneknirschend, eine Verbeugung an.
    »Natürlich, Vater. Ihr habt wie immer recht.«
    Renald brummte eine unverständliche Erwiderung, und Guillaume setzte sich in Richtung der beiden schlanken, zweistöckigen Steingebäude in Bewegung, die die Südmauer der B urg säumten und wo er die Unterkünfte der örtlichen Garnison vermutete.
    Die Gedanken, denen er dabei nachhing, handelten von Rachsucht und Revolte, und er schwor sich, dass er seinem Vater all die Erniedrigungen und Zurechtweisungen einst in gebührender Form heimzahlen würde. Plötzlich war ihm jedoch, als würde die Düsternis seiner Gedanken von einem hellen Lichtstrahl durchbrochen. Klar und leuchtend drang er hindurch, in Gestalt einer jungen Frau, die am Brunnen stand und Wasser schöpfte.
    Sie war noch keine zwanzig Jahre alt.
    Dunkles Haar wallte auf ihre schmalen Schultern und umrahmte Gesichtszüge, die einfach waren, aber ebenmäßig und voller Anmut, und weder ihr gebräunter Teint noch der Ansatz von Sommersprossen auf ihren Wangen konnte ihre Schönheit mindern. Selbst durch das graue Kleid, das sie trug und das wenig mehr war als ein an den Schultern verschnürter Sack, war ihr vollendeter, jugendlicher Körper zu erahnen. Sie mochte Waliserin sein oder Schottin, eine der unzähligen Gefangenen, die im Zuge der Grenzkonflikte gemacht worden waren und die fortan ihr Dasein als Leibeigene fristeten – die Eisenspange um ihren Hals legte beredtes Zeugnis davon ab.
    Dankbar

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