Das Buch Von Ascalon: Historischer Roman
bewusst, dass die Dinge sich tatsächlich unwiderruflich verändert hatten.
Eine neue, finstere Zeit war angebrochen.
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11.
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London
Einen Tag später
»Diese Unternehmung ist Wahnsinn! Ich hätte meine Zustimmung dazu niemals geben dürfen!«
Renald de Rein ging in der Kammer auf und ab, die ihm und seiner Gattin für die Dauer ihres Aufenthalts in London als Quartier diente. Die Hände hatte er auf dem Rücken verschränkt, den Kopf hielt er nach vorn gereckt wie ein hungriger Wolf. Der Blick seiner kleinen, zu Schlitzen verengten Augen hatte etwas Getriebenes.
»W ie konntest du nur? Wie konntest du dich nur mit diesem Intriganten Flambard verbünden?«
»Ihr solltet leiser sprechen, mein Gemahl«, beschied Eleanor ihm, die auf einem Hocker saß und im fahlen Licht, das durch das hohe Fenster fiel, an einer Stickerei arbeitete. Die Gelassenheit, die sie dabei an den Tag legte, während sie die Nadel wieder und wieder in den Stoff senkte und dabei ganz allmählich das Bild einer Rose entstehen ließ, stachelte seine Unruhe nur noch mehr an. »Ich nehme an, dass der königliche Berater es nicht sehr schätzt, wenn er bei seinem wenig schmeichelhaften Beinamen genannt wird. Zudem stand es auch Euch frei, sich mit ihm gutzustellen …«
»Schweigt!«, fuhr Renald sie mit hochroten Zügen an. »Ihr habt mir das alles eingebrockt! Ihr mit Euren Verbindungen und Ränken! Ihr seid kaum besser als dieses Monstrum von e inem Berater, das einen ehrbaren Kämpfer zum Mordwerkzeug machen will!«
»W orüber ereifert Ihr Euch so, mein Gemahl? Ist es nicht Eure tiefe Überzeugung, dass ein Vasall seinem Lehnsherren und König treu zu dienen hat? Und habt nicht Ihr selbst stets die Ansicht vertreten, dass man den Einfluss und den Besitz der eigenen Familie stets erweitern und vergrößern sollte?«
»Gewiss«, polterte der Baron weiter. »Aber ganz sicher habe ich dabei nicht an feigen Mord gedacht, der unser Ansehen beschmutzt und uns innerhalb des Adels zu Ausgestoßenen macht! Kein Herrscher von Ehre sollte von seinem Gefolgsmann so etwas verlangen!«
Eleanor ließ den Stickrahmen sinken und schaute auf. Der Blick ihrer grünen Augen war kalt wie Eis. »An Bemerkungen wie diesen lasst Ihr erkennen, wie rückständig und in die Vergangenheit gerichtet Euer Denken ist«, sagte sie und genoss es zu sehen, welche neuerliche Verheerung ihre Worte in seinem Gesicht anrichteten. »Der alte William ist nicht mehr, und egal, wie sehr Ihr Euch darum bemüht, zumindest einen Teil von ihm in seinem Sohn zu erkennen, Ihr werdet ihn nicht finden. Eine neues Zeitalter bricht an, werter Renald, das nach neuen Methoden verlangt.«
»Nach neuen Methoden?« Der Baron schnaubte wie ein wilder Stier. »Ihr sprecht von kaltblütigem Mord …«
»… den Ihr nicht begehen müsst«, fiel sie ihm ins Wort. »Ihr solltet Eurem Sohn auf Knien dafür danken, dass er Euch die Schande erspart hat, Euch vor Eurem Monarchen als Feigling zu erweisen. Ohne Guillaume wärt Ihr Eures Besitzes und Titels bereits ledig, dessen seid gewiss!«
»Und das … das sagst ausgerechnet du mir?« Renalds Hand fuhr an den Griff seines Schwertes, und einen Augenblick lang schien er zu erwägen, die Klinge zu ziehen und sie seiner anmaßenden Gattin in die Brust zu stoßen. »Nachdem du all dies eingefädelt hast?«
» W as meint Ihr?«, fragte sie ungerührt und wahrte die Distanz, die er in seiner Unbeherrschtheit aufgegeben hatte.
»Du weißt, was ich meine. Du hast das alles von langer Hand geplant! Du wusstest genau, weshalb wir nach London bestellt wurden und welchen unrühmlichen Vorschlag der König mir unterbreiten würde. Nur aus diesem Grund wolltest du mich unbedingt begleiten. Nicht um bei mir zu sein, wie du sagtest, oder um den Königshof zu sehen. Sondern um mich zu hintergehen!«
»Ich habe Euch nicht hintergangen. Das habt Ihr selbst getan, mein Gemahl. Schließlich stand es Euch frei, des Königs Angebot anzunehmen.«
»Und damit meine Ehre zu beschmutzen?« Renald schüttelte das bullige Haupt, während er freudlos lachte. »Du kennst mich gut genug, um zu wissen, dass ich so etwas niemals tun würde. Dennoch hast du mich blindlings in die Falle laufen lassen – und das alles nur, um deinen Sohn meinen Platz einnehmen zu lassen. Ist es nicht so?«
»Hättet Ihr ihn geliebt wie Euer eigen Fleisch und Blut und ihn nicht vom Tag seiner Geburt an mit Verachtung gestraft, wäre es nie dazu gekommen«, entgegnete Eleanor und bestätigte
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