Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies

Titel: Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
Vom Netzwerk:
sage, sicher, es gibt Riesen in dieser Wüste, und sie werden uns verfolgen und wahrscheinlich unter ihren Steinfüßen zertreten? «
    » Ja «, sagte Sinaida ernst.
    Aelvin blickte noch immer hinauf zu den öden Dünenkämmen. Ein einsamer Raubvogel flatterte dahinter empor und verschwand wieder. Am Himmel war keine einzige Wolke zu sehen. » Vielleicht verdursten wir ja vorher. Oder verhungern. «
    » Oder werden von irgendwelchen Wüstenräubern erschlagen «, fügte Libuse hinzu. » Schon mal daran gedacht? «
    Der Magister atmete tief durch. » Zumindest das halte ich für ausgeschlossen. «
    » Ach ja? «
    » Der Kapitän hat mir erzählt, dass keiner der Nomadenstämme, die hier leben, sich in die Nähe dieses Felsens wagt. «
    Er zeigte an dem zerklüfteten Gebilde hinauf. » Falls die Beschreibungen des Jüngers stimmen, dann führt eine lange Reihe dieser Felsen bis tief hinein in die Wüste, geradewegs zum Garten. Möglicherweise weisen die Steine uns nicht nur den Weg, sondern schützen uns auch vor den Bedu, solange wir uns nicht allzu weit von ihnen entfernen. «
    *
    Sinaida war die Einzige unter ihnen, die sich auf den Umgang mit Kamelen verstand. Zwar waren die Mongolen ein Volk von Pferdezüchtern, doch zu den Lasttieren der Großen Horde gehörten auch Tausende Kamele, die Hulagus Krieger in den Fürstentümern und Königreichen am Weg der Ordu erbeutet hatten. Sinaida wusste, wie man die wunderlichen Tiere sattelte und sie dazu brachte, einem Menschen zu gehorchen.
    Jetzt war sie die Erste, die ihr Kamel am Halfter packte un d a ufstehen ließ. Es röhrte und brüllte, versuchte aber nicht, nach ihr zu schnappen, was die größte Sorge der anderen war. Kamelstuten beißen nicht, hatte Sinaida ihnen schon beim Entladen des Schiffes erklärt, woraufhin einer der Matrosen seinen Oberkörper entblößt und ihnen stolz die scheußlichen Narben vorgeführt hatte, die er vom Biss eines Kamelbullen während der Paarungszeit davongetragen hatte. Aber die Stuten, versicherte auch er, als ihn ein vernichtender Blick der Mongolin traf, seien tatsächlich sehr viel zahmer.
    Aelvin fasste als Nächster den Mut, sein Kamel zum Aufstehen zu bewegen. Es stieß gurgelnde Laute aus, bleckte die Zähne und bespie ihn mit zerkautem Grünzeug. Schließlich aber gehorchte es. Auch Libuse und Albertus scheuchten ihre Tiere hoch, dazu noch die beiden Lastentiere, während Favola mit einem erschöpften Lächeln zusah.
    Schließlich bewegten sie sich in einer langen Reihe die Düne hinauf. Favola saß nach wie vor als Einzige im Sattel, die Übrigen führten ihre Kamele zu Fuß, um die Tiere so lange wie möglich zu schonen. Sandschollen brachen unter ihren Füßen, und sie hatten noch nicht die Hälfte der Anhöhe erklommen, als Sinaida nach Süden zeigte.
    » Dort! «, rief sie. » Da sind Spuren! «
    Aelvin kniff die Augen zusammen, der helle Sand blendete ihn. Gleich darauf aber erkannte er, was sie meinte. Die Mongolenprinzessin ließ ihr Kamel stehen und eilte zu dem Band aus aufgewühltem Sand hinüber, fast eine Bogenschussweite entfernt. Als sie zurückkehrte, sahen ihr alle erwartungsvoll entgegen.
    » Mindestens zehn Kamele, vielleicht ein paar mehr «, sagte sie. » Und ebenso viele Männer, nehme ich an. «
    » Shadhan und seine Turgauden «, murmelte Albertus. » Sie müssen ein Stück weiter südlich an Land gegangen sein. «
    Während sie ihren Weg fortsetzten, blickte Aelvin immer wieder zurück über die See. Das einzige Segel, winzig klei n i n der milchigen Ferne, war das ihres Boums. Shadhans Schiff dagegen war längst verschwunden. Er mochte noch immer die zwei Tage Vorsprung haben, die er ihnen bei der Abfahrt in Bagdad voraus gewesen war – oder auch mehr, falls er unterwegs günstigeres Wetter gehabt hatte als sie.
    Sonderbarerweise fürchtete Aelvin Shadhan nicht. Er wollte nichts, als die Lumina zurückzugewinnen, damit ihre Nähe Favola heilen konnte. Alles andere – der Garten Eden, die mörderischen Turgauden unter Shadhans Befehl, sogar die endlose Einöde, die vor ihnen lag – beschäftigte ihn kaum. Jedes Mal, wenn er zu Favola hinüberblickte, die kraftlos und in siechen Halbschlaf versunken im Sattel ihres Kamels kauerte, fühlte er einen schmerzhaften Stich in der Brust und seine Kehle schnürte sich zusammen wie ein leerer Wasserschlauch.
    Manchmal bemerkte Libuse, wie es ihm erging; dann lief sie ein wenig schneller, führte ihr Kamel neben seines und nahm seine Hand. Ihre Berührung

Weitere Kostenlose Bücher