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Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies

Titel: Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Die Kunde von der Macht dieser Burg war den Invasoren schon vor langer Zeit entgegengeeilt, doch Hulagu hatte sich davon nicht schrecken lassen. Er hatte beschlossen, den Nizariführer erst all seiner Anhänger zu berauben, ehe er sich Khur Shah selbst annähme. Alamut lag im Westen der Berge, keinen Tagesmarsch vom Südufer der Kaspischen See entfernt. Und wie von Hulagu geplant, war die Horde viele Monde lang quer durch das Gebirge gezogen, hatte eine Burg nach der anderen zerstört und sich den größten Triumph bis zuletzt aufgehoben.
    Jetzt war es so weit. Die Mongolen standen seit mehreren Tagen vor Alamut, und alles war bereit für den Angriff.
    Späher hatten das Gelände schon Wochen vor der Ankunf t d es Heerzugs ausgekundschaftet, aber nicht alle waren zur Ordu, zur Großen Horde, heimgekehrt. Beinahe die Hälfte war den Nizaris zum Opfer gefallen, die in Felsspalten und Gruben wie Höhlenspinnen auf ihre Opfer gelauert hatten, vollendete Meister in der Kunst des lautlosen Tötens. Erst als sich der endlose Zug der Horde den Tälern des Alamut-Flusses näherte, hatten sich die Krieger hinter die Mauern Alamuts zurückgezogen und die umliegenden Hänge dem Feind überlassen.
    » In der Nacht hat es wieder Überfälle gegeben «, sagte Sinaida, während sie die letzten Grate erklommen. Der Gipfel war nur noch einen Steinwurf entfernt.
    » Wie weit sind sie diesmal gekommen? « Kasim machte keinen Hehl aus seiner Neugier. Die Attentäter, die Khur Shah jede Nacht von Alamut aussandte, waren seine Brüder gewesen. Mit ihnen war Kasim aufgewachsen, an ihrer Seite hatte er zu Allah gebetet und die Wiederkehr des Imam erwartet.
    » Du bist noch immer stolz auf ihr Geschick, unsere Wachen zu überlisten, nicht wahr? «
    » Es wäre eine Lüge, würde ich es verneinen. «
    Sie blieb stehen und musterte ihn. Seine Offenheit war gefährlich und hätte ihn im Beisein jedes anderen Mongolen das Leben gekostet. Kasim aber wusste, dass er Sinaida vertrauen konnte.
    » Sie haben fast den halben Weg bis zu den Zelten Hulagus und der anderen Unterführer geschafft «, sagte sie. » Dann aber war die Zahl der Krieger, die sich ihnen entgegengestellt hat, zu groß. Du hättest den Kampf eigentlich hören müssen. «
    » Ich habe einen tiefen Schlaf. «
    Sie schüttelte den Kopf. » Hast du nicht. Kein Nizari hat das, das hast du selbst gesagt. «
    » Allah verfluche mein loses Mundwerk «, antwortete er lächelnd und deutete eine Verbeugung vor ihr an. » Ja, ic h h abe das Klirren von Klingen und die Schreie deiner Leute gehört. Aber ich war sicher, dass dir und deiner Schwester keine Gefahr droht. «
    » Und wenn doch? Hättest du uns verteidigt? «
    » Khur Shah weiß, dass ich ihn verraten habe. Seine Männer wollen meinen Tod ebenso wie den euren. Ich hätte gar keine Wahl gehabt, als zu kämpfen. «
    » Das war keine Antwort auf meine Frage «, stellte sie fest, aber sie konnte sich ein anerkennendes Lächeln nicht verkneifen. Hulagu und die anderen hatten Kasims Klugheit von Anfang an unterschätzt. » Weshalb warst du sicher, dass uns keine Gefahr droht? «
    » Diese nächtlichen Angriffe haben nicht das Ziel, deinen ehrwürdigen Schwager zu töten «, sagte Kasim. Der eisige Bergwind fuhr in sein pechschwarzes Haar. Er hatte die scharfgratige, leicht gekrümmte Nase der Araber, doch seine Augen waren blau, und das war ungewöhnlich. Sinaida musste es wissen: Sie hatte in den vergangenen zwei Jahren so viele abgeschlagene Araberköpfe auf Spießen gesehen, dass sie die toten Blicke ihrer aufgerissenen Augen niemals würde vergessen können.
    » Wieso sollte Khur Shah Mörder aussenden, wenn sie niemanden ermorden sollen? «, fragte sie.
    » Um euch einzuschüchtern. «
    Sinaida stieß verächtlich den Atem aus. » Ein paar feige Überfälle im Dunkeln? In diesen Tälern dort unten warten dreihunderttausend Krieger darauf, die Mauern Alamuts zu stürmen. Dreihunderttausend! Über wie viele gebietet Khur Shah heute noch? Fünfhundert? Vielleicht tausend? «
    Kasim schüttelte den Kopf. » Es würde mich wundern, wären es mehr als dreihundert. Die Nizaris waren nie groß an Zahl, und deine Leute haben viele getötet, bevor sie hierher fliehen konnten. «
    Sinaidas Blick verdunkelte sich. » Aber viele sind uns entkommen. Wir haben ihre Leichen am Fuß der Felsen gefunden. Und sie sind nicht von Mongolen getötet worden. «
    Kasim zuckte die Achseln. » Natürlich nicht. Khur Shah will einen Krieg gewinnen. Er kann

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