Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies

Titel: Das Buch von Eden - Die Suche nach dem verlorenen Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
Vom Netzwerk:
einer neuen, besseren Schöpfung. Wir Menschen können vielleicht wieder unseren ursprünglichen Platz im Paradies einnehmen – falls es uns zuerst gelingt, es neu zu erschaffen. «
    Libuse schnappte nach Luft. » Ihr wollt … einen neuen Garten Eden anlegen? «
    » Er ist mehr als nur ein Garten, und er kann nicht einfach angelegt werden wie ein Rübenacker! « Neues Feuer loderte in den Augen des Magisters. Er beugte sich vor, als spräche er nur zu ihr. Sein Tonfall wurde beschwörend. » Viele Zeitalter lang stand die Lumina in einer leblosen Einöde. Vielleich t b lieb sie nur am Leben, weil Gott uns die Möglichkeit geben wollte, genau das zu tun, was wir nun vorhaben. Der Jünger war womöglich der erste Mensch, der sie zu Gesicht bekam. Er war ein guter Christ, ein Diener des Herrn – aber er war nicht rein. Die Lumina erkennt ein reines Geschöpf, wenn ihr eines begegnet. Und ich glaube, wenn ein solcher Mensch sie zurück an ihren ursprünglichen Platz trägt und dort einpflanzt, dann wird sie von neuem Leben erfüllt, wird sich ausbreiten und ein neues Paradies auf Erden begründen. Vielleicht ist das die Prüfung, die Gott uns auferlegt hat: die Wahrheit zu erkennen und danach zu handeln. Nicht länger in Gleichgültigkeit zu verharren. Unser Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. «
    » Das klingt mir nicht, als käme es aus der Heiligen Schrift. «
    Corax sprach zum ersten Mal nach dem langen Schweigen des Marsches. » Das sind die Worte eines Kämpfers, nicht die eines Pfaffen. Was bist du, Albertus? Krieger oder Geistlicher? «
    Für einen kurzen Moment zerschmolzen Albertus ’ harte Züge zu einem Lächeln von erstaunlicher Wärme. » Vielleicht beides, alter Freund. Vielleicht beides. «
    » Krieg und Glaube haben nie weit geführt, wenn sie auf derselben Seite standen. «
    » Lange vor den Kreuzzügen sind Schlachten im Namen des Herrn geschlagen worden, die sehr wohl ans Ziel geführt haben «, widersprach der Magister. » David war Krieger und ein Mann des Herrn zugleich. Man könnte behaupten, sogar Moses war ein Kämpfer. «
    » Aber du predigst Auflehnung. Du predigst Widerstand. Diese Männer, von denen du sprichst, haben immer nur den Willen des Herrn befolgt. Du aber sagst, wir müssen unser Schicksal selbst bestimmen und einen neuen Garten Gottes erschaffen. «
    » Wenn es gelingt, dann war Gott dabei auf unserer Seite. «
    Corax stieß ein dröhnendes Lachen aus, das allen anderen durch Mark und Bein ging. » Nun verstehe ich, warum der Erzbischof dich hasst, Albertus. Wenn das deine Auslegung von Gottgefallen ist! «
    » Glaubst du denn, der Herr zieht das vor, was der Erzbischof darunter versteht? «
    Libuse hatte sofort einen Kloß im Hals. Corax ’ Lachen brach ab. Die Blicke von Aelvin und Favola suchten Schutz beieinander.
    » Nein «, sagte Corax schließlich. Und das war das Letzte, was er zu dieser Unterredung beitrug.
    Libuse nahm sich zusammen und fragte mit einem Blick auf Favola: » Und Ihr glaubt, jenes reine Geschöpf, das mit der Lumina im Bunde steht, sei sie? «
    Die Novizin schlug den Blick nieder, doch Albertus nickte heftig. » Die Lumina selbst hat Favola erwählt, als sie sie zu ihrer Hüterin gemacht hat. «
    Libuse holte Atem. » Nur damit ich das alles richtig verstehe: Ihr wollt Favola zum ursprünglichen Ort des Garten Gottes bringen, damit sie die Lumina dort einpflanzt. Und Ihr denkt allen Ernstes, damit würde sie für uns … für die ganze Menschheit ein neues Paradies erschaffen? «
    » Das Paradies ist mehr als nur ein Garten «, erwiderte er mit mühsam unterdrücktem Eifer. » Es ist ein Bild für etwas, das unser aller Vorstellungskraft übersteigt. «
    » Und was könnte das sein? «
    » Die Antwort darauf, mein Kind, werden uns nur unsere eigenen Augen geben. «
    *
    Später, sie hatten sich alle nah beim Feuer zusammengerollt, drehten sich Libuses Gedanken noch immer im Kreis. Der harte Boden war unbequem, und sie hatten keine Decken , nur ihre Mäntel und Umhänge, um sich notdürftige Lager herzurichten.
    Libuses Schmerzen waren nicht mehr so stark, und die sich überstürzenden Ereignisse des Tages machten ihr eigenes Unglück merkwürdig unwirklich. Immer wieder musste sie jetzt über das nachdenken, was Albertus plante. Sie ertappte sich dabei, wie sie verstohlene Blicke zu Favola hinüberwarf. Das bleiche Mädchen hatte die Augen geschlossen und presste ihr kostbares Bündel mit beiden Armen an sich. Sie wirkte sehr verletzlich, wie sie

Weitere Kostenlose Bücher