Das Büro
erneut auf. „Das kann ich nur herrlich finden! Davon werden sie schon kein Rheuma bekommen haben! Sie haben nur für die Katz gearbeitet! Was glaubst du, was diese Kerle sonst gemacht hätten? Die hätten die schönste Klassenjustiz betrieben! Umgekehrte Klassenjustiz! Wenn die etwas von einem Haus mit achtundvierzig Zimmern hören, fühlen sie sich erst richtig wohl! Ein hübscher Skandal! Da werden wir mal eine schöne kleine Ermittlung durchführen! Das ist nun gerade das Elend in den Niederlanden, dass alle Zeter und Mordio schreien, wenn jemand aus einem besseren Milieu ein Verbrechen begeht! Achte mal darauf! Wenn ein Intellektueller etwas getan hat, steht es am nächsten Tag so groß in der Zeitung“ – er streckte seine Hände weit auseinander. „Achte mal darauf! Wenn du jemals einen Mord verüben solltest, was Gott verhüten möge, wirst du sehr viel härter bestraft als ein Normalbürger! Das sind die Niederlande!“
„Ist das so?“, fragte Maarten skeptisch.
„Natürlich ist das so!“
„Woher weißt du das?“
„Weil ich darüber habe forschen lassen!“
„Kriege ich dann mehr Jahre? Oder wie geht das?“
„Ach, du verrennst dich in die Anzahl der Jahre. Die Jahre sind nicht wichtig, wohl aber die Zeitungen und das Ermittlungsverfahren! Weißt du, was sie mit Boudewijn H. gemacht haben?“
„Nein.“
„Na, das ist auch gut so, denn wenn du das wüsstest, würdest du weinen!“
Maarten schmunzelte. „Haben sie ihn denn geschlagen?“
„Ach, geschlagen! Da gibt es schon noch andere Methoden!“ Er federte hoch, in heftiger Erregung. „Siebenunddreißig Mal haben sie den Jungen den Mord rekonstruieren lassen! Siebenunddreißig Mal! Siebenunddreißig Mal zum Tatort!“ Er sprang auf und machte es vor. „Wo hast du dies hingelegt? Antworte! Wo hast du das hingelegt? Antworte! Und dann kurz etwas essen, und dann wieder aufs Neue! Siebenunddreißig Mal! Obwohl er schon längst gestanden hatte!“ Er sank in seinen Stuhl zurück. In diesem Moment klingelte das Telefon. „Einen Augenblick.“ Er stand auf und ging ins Hinterzimmer. „Ravelli“, hörte Maarten ihn sagen. Er lachte. „Wir sitzen hier einfach und diskutieren! … Sicher denke ich an die Nachbarn! … Komm dann dazu! … Bis gleich!“ Er kam schmunzelnd zurück. „Das war Beerta. Er hatte Angst, dass wir uns streiten würden und die Nachbarn es hören könnten. Wollt ihr noch eine Tasse Tee?“
„Habt ihr Nachbarn?“, fragte Maarten, während Karel den Tee einschenkte.
„Oben drüber. Ein Ehepaar.“ Er stellte den Tee vor sie hin und bot ihnen einen Keks an. „Über die Art und Weise, in der Polizei und Gericht diese Dinge angehen, kann ich mich maßlos aufregen“, sagte er und nahm wieder Platz. „Sie machen wirklich alles verkehrt! Aber auch wirklich alles!
Das
ist Unrecht!“
„Wie würdest du es denn machen?“, fragte Maarten.
„Völlig anders!“
„Gib mal ein Beispiel!“
„Ja, ein Beispiel …“
„Der Fall Boudewijn H.“, schlug Maarten vor. „Du bist Untersuchungsrichter.“
„Gut.“ Er richtete sich auf und sah Maarten mit einem durchdringenden Blick an, sofort in seiner Rolle. „Ich würde ihn zum Beispiel fragen, ob er weiß, warum er es getan hat.“
Maarten lachte. „Und was glaubst du, wird er antworten?“
„Ja, das weiß ich natürlich nicht, denn ich kenne die Akte nicht! Ich habe keine Fakten!“
„Dann bin ich Boudewijn H.“
„Gut.“
„Auf deine Frage antworte ich: ‚Nein, ich weiß es nicht‘. Es scheint mir unwahrscheinlich, dass er etwas anderes antworten wird. Ich habe sein Bild gesehen. Dieser Junge wird immer erst einmal nein sagen.“
„Siehst du! Da sieht man es mal wieder!“, platzte Karel los. „Du hast sein Bild gesehen! Darauf kannst du doch kein Urteil aufbauen?“
„Natürlich kann ich das. Aber das ist auch egal, denn was er auch sagen würde, in der Praxis würde es darauf hinauslaufen. Glaubst du wirklich, dass man einen derart komplizierten Vorfall in Worte fassen kann, vorausgesetzt, man hat eine Ahnung von den eigenen Motiven? Das einzige Motiv, das du erwarten kannst, ist eines, das er in Büchern gelesen hat und ihn in einem möglichst günstigen Licht erscheinen lässt.“
„Ich hätte das wahrscheinlich auch nicht gefragt“, gab Karel zu. „Wahrscheinlich würde ich fragen, was er nun vorhabe zu tun.“
„Gut. Die Antwort ist wieder, dass er das nicht weiß.“
„Aber wir wissen auch rein gar nichts über ihn!“ Er hob
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