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Das Büro

Das Büro

Titel: Das Büro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.J. Voskuil
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Hakenkreuze an Synagogen malt, zur Einsicht gebracht wird und dann sehr viel Gutes für die Juden tut!“
    „Das ist ebenfalls Antisemitismus, nur aus Sicht der Gesellschaft nicht so gefährlich.“
    „Dann solltest du mal der Van-der-Hoeven-Klinik in Utrecht einen Besuch abstatten, dann würdest du sehen, welche Resultate sie dort erzielen!“
    „Gib mal ein Beispiel.“
    „Da fällt mir so schnell nichts ein, aber du wärst überrascht!“
    „In Russland erzielen sie auch außergewöhnliche Resultate, mit Gehirnwäschen, und in Amerika mit dem Abtrennen der Hypophyse, aber was bringt das? Es geht mir doch gerade darum, dass man jemandem keine Schuldgefühle vermitteln kann, ohne seiner Persönlichkeit Gewalt anzutun.“
    „Das sehe ich aber ganz anders!“
    „Wer für die Juden ist, ist kein Antisemit“, meinte Beerta.
    „Dann bring Argumente“, sagte Maarten zu Karel. „Natürlich ist das ein Antisemit“, sagte er seitwärts zu Beerta.
    „Warte nur auf mein Buch“, sagte Karel. Er hielt die Flasche hoch. „Wollt ihr noch Wein?“
    „So jemanden nenne
ich
einen Philosemiten!“, sagte Beerta.
    „Wann erscheint es?“, fragte Maarten skeptisch. Er sah rasch zu Beerta. „Das ist dasselbe.“
    „Bald“, versprach Karel. „Ich muss es jetzt schreiben, denn in zwanzig Jahren ist es veraltet.“
    „Warum?“
    „Weil ich es mit den heutigen Begrifflichkeiten schreibe, und die sind in zwanzig Jahren veraltet!“, sagte Karel, ein wenig verzweifelt angesichts von so viel Dummheit.
    „Dann würde ich es lieber nicht schreiben.“
    Karel sah ihn an, die Flasche erhoben. „Und wenn es nun
mein
Medium ist, um mich auszudrücken? ‚Geh in die Welt hinaus und verkünde das Evangelium‘ heißt es in der Bibel. Und daran halte ich mich!“
    *
    Unterwegs zur Bushaltestelle fiel Frans plötzlich ein, dass er den Vestdijk-Roman noch in seiner Tasche hatte. „Den hatte ich zurückgeben wollen“, sagte er erschrocken.
    „Sieh mal an“, sagte Maarten, „dann können wir uns, wenn es nötig ist, noch etwas vorlesen.“
    „Soll ich ihn jetzt zurückgeben?“, er wollte die Schnallen schon aufmachen.
    „Besser, wenn wir zurück sind, sonst muss ich ihn den ganzen Weg tragen.“
    „O ja, natürlich. Entschuldigung.“
    Maarten lachte. „Nein, warum? Man kann es ja einmal probieren.“
    Frans wurde rot.
    Maarten nahm sich erneut vor, freundlicher zu sein. Er sah zum Himmel hinauf, ein hoher, grauer Himmel. „Schade, dass die Sonne nicht scheint“, bemerkte er.
    „Dann wird es schnell zu warm“, fand Nicolien.
    „Ich glaube, ich finde es jetzt schon warm“, sagte Frans.
    Auf der Straße war es noch still, die Stille eines frühen Sonntagmorgens. Sie überquerten die Rozengracht, die zu dieser Stunde noch einen verlassenen Eindruck machte. Bei der Haltestelle warteten sie auf den Bus.
    „Jetzt müsste man ein Auto haben“, sagte Frans.
    „Aber dann könnte man unseren Spaziergang nicht machen“, sagte Maarten, „denn dann müsste man wieder zurück.“
    „Ja, aber so meine ich es nicht“, sagte Frans rasch.
    Maarten wollte fragen, wie er es denn meinte, doch er behielt es für sich. Der Bus kam über die Brücke und schwenkte zur Haltestelle hinüber. Maarten stieg als erster ein und ließ seine Fahrkarte dreimal abstempeln, während Nicolien und Frans an ihm vorbeigingen. Der Bus war voll. Die paar Plätze, die noch frei waren, lagen weit auseinander. Sie blieben im Gang stehen, mit den Händen an den Stangen, und schwankten jedes Mal vor und zurück, wenn der Bus abbremste und wieder anfuhr. Zwei Haltestellen weiter stiegen ein paar Leute aus. „Drei Plätze!“, rief Maarten. Er ließ den Platz neben Nicolien frei, damit Frans sich dort hinsetzen konnte, doch der bliebstehen und tat so, als ob er es nicht gehört hätte. Das ärgerte Maarten flüchtig.
    „Bitte halten Sie Ihren Sitzplatz für Schwerbehinderte frei“, sagte er mit einigem Sarkasmus, als sie an der Centraal Station ausgestiegen waren.
    „Ja“, sagte Frans und wurde rot, „aber sich so früh am Morgen schon auf einen Platz zu setzen, der noch warm ist von jemand anderem … Geht dir das nicht so?“
    „Doch“, er musste kurz darüber nachdenken, „aber ich gebe dem nicht nach.“
    „Ja, das ist vielleicht auch besser.“
    „Na ja … besser“, sagte Maarten relativierend.
    Nicolien lachte.
    Sie gingen an der Centraal Station vorbei, stiegen in das Bergmann-Boot und fuhren durch das grüne Dunkel unter der

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