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Das Büro

Das Büro

Titel: Das Büro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.J. Voskuil
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Buitenrust Hettema. „Wenn sie dich schon wegen deiner Verdienste für die Wissenschaft ehren wollten, wäre doch auch wohl eine Königliche Auszeichnung drin gewesen, würde ich sagen. Das hier erinnert an einen Blechorden.“
    „Eine Königliche Auszeichnung hätte ich nicht angenommen“, sagte Beerta.
    „Hört, hört!“, rief Kaatje Kater fröhlich.
    „Ich bin Sozialist und Republikaner“, verdeutlichte Beerta.
    „Ich kenne genügend Sozialisten, die stolz darauf waren, als sie eine Königliche Auszeichnung bekamen“, sagte van der Land. Im Gegensatz zu Beerta und Buitenrust Hettema, die beide einen hellgrauen Sommeranzug trugen, trug er einen dunklen Anzug mit einer dunklen Krawatte.
    Maarten lauschte. Er fühlte sich unbehaglich. Ihm war vage bewusst, dass dieses Gefühl durch die Anwesenheit Nicoliens, die schweigend neben ihm saß, noch verstärkt wurde, so als müsste er ihr gegenüberRechenschaft darüber ablegen, was von den anderen gesagt wurde. Mit einem erstarrten Lächeln hörte er ihrem Gespräch zu und suchte nach einer Bemerkung, mit der er sich an der Unterhaltung beteiligen konnte, doch was ihm einfiel, erschien ihm so unbedeutend, dass er nicht wagte, es auszusprechen. Solange er hinten im Saal in verhältnismäßiger Anonymität der Rede des Ministers und den Ehrungen von acht prominenten europäischen Koryphäen – darunter Beerta – durch Professor Pieters, den Vorsitzenden der Belgischen Kommission, hatte lauschen können, war er sich noch einigermaßen beschützt vorgekommen, und auch während des Empfangs war es in der Ecke, in die Nicolien und er sich zurückgezogen hatten, auszuhalten gewesen. Doch jetzt, da sie mit den anderen Mitgliedern der niederländischen Delegation in einem Restaurant auf dem Grote Markt gelandet waren und er an dem geselligen Beisammensein teilnehmen musste, fühlte er sich tiefunglücklich, und er wusste, ohne dass er sie anzusehen brauchte, dass es Nicolien ebenso ging.
    „In Niederländisch-Ostindien hatten wir einen Archivbeamten“, erzählte Buitenrust Hettema, „der einmal zu mir sagte: ‚Müünheer, Müünheer‘, er hatte so einen Mäuschenmund und redete ein bisschen so“, er machte einen Mäuschenmund und klapperte mit den Zähnen, „‚ist es wahr, dass, wenn die Sozialisten an die Macht kommen, sie die Königin ermorden?‘ Ich sage: ‚Ja, das ist wahr, aber du darfst es nicht weitersagen‘.“ Er lachte plötzlich, entwaffnend und jungenhaft.
    „Ja, in Niederländisch-Ostindien!“, sagte Kaatje Kater. „Da sieht man mal wieder!“
    „Ich hatte einen Freund“, erzählte van der Land und beugte seinen Kopf etwas nach vorn, „der bekam von seinen alten Leuten zu hören, dass er sich zu Hause nicht mehr blicken zu lassen brauche, sollte er es wagen, Sozialist zu werden.“ Er artikulierte seine Worte so, als spräche er zu einer Gesellschaft von Taubstummen, wobei er seine Mundwinkel auseinanderzog. „Hat er dann auch nicht gemacht.“
    Beerta lächelte reserviert. Maarten wollte bemerkten, dass er selbst sich zu Hause nicht mehr blicken lassen könnte, wenn er rechtsliberal wählen würde, doch bevor er sich dazu entschließen konnte, stand der Kellner an ihrem Tisch.
    „Für mich eine Consommé de volaille → la Royale“, sagte Kaatje Kater und musste darüber lachen, „und danach eine Selle d’agneau aux laitues braisées, was auch immer das sein mag.“ Sie schob die Karte von sich weg und sah triumphierend in die kleine Runde.
    Die anderen schlossen sich ihr an, außer Buitenrust Hettema, der Darnes de saumon → la Béarnaise bestellte.
    „Und trinken wir noch etwas dazu?“, fragte Kaatje Kater.
    „Der Wein geht auf meine Rechnung“, sagte Beerta.
    „Aber nein doch“, sagte Kaatje Kater und tippte ihm auf den Arm, „Anton!“
    „Das ist natürlich, weil du die Medaille bekommen hast“, mutmaßte Buitenrust Hettema.
    „So hat sie doch noch einen Sinn gehabt“, meinte van der Land.
    Beerta reagierte nicht. Er sah mit gespitzten Lippen auf die Weinkarte. „Bringen Sie uns einen Côte du Rhône, Nummer 18“, sagte er schließlich und gab die Karte zurück.
    „Was ist dieser Pieters eigentlich für ein Mensch?“, fragte Kaatje Kater. „Ich meine ja nur, wie muss ich mir diesen Mann vorstellen?“
    „Pieters ist ein mächtiger Mann“, antwortete Beerta, während er die Serviette auf seinen Schoß legte.
    „Er macht nicht den Eindruck eines großen Gelehrten“, bemerkte Buitenrust Hettema.
    „Das ist auch

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