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Das Büro

Das Büro

Titel: Das Büro Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.J. Voskuil
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nicht nötig, wenn man mächtig ist“, fand Beerta.
    „Er hat seinerzeit die erste Ausgabe des Atlas kritisiert“, brachte Maarten in Erinnerung, froh, dass er endlich etwas zum Gespräch beitragen konnte. Er war inzwischen so gespannt, dass er Mühe hatte, die richtige Tonhöhe zu treffen.
    „Natürlich“, sagte Kaatje Kater. „Man stelle sich vor, dass wir das vergessen könnten!“
    „Wenn man mächtig ist, muss man Kritik äußern“, bemerkte van der Land aus den Mundwinkeln.
    Buitenrust Hettema sah auf ihn herab, seine Unterlippe etwas nach vorn geschoben. Er war sicher einen Kopf größer als van der Land und beäugte ihn ein wenig abschätzig.
    „Und was werdet ihr nun dagegen tun?“, fragte Kaatje Kater.
    „Wir werden ihn in die Redaktion aufnehmen“, antwortete Beerta mit einem Schmunzeln, „aber das werden wir dir natürlich erst noch vorschlagen.“
    „Hört, hört!“, rief Kaatje Kater fröhlich. „Ich meine nur.“
    *
    Am zweiten Tag des Kongresses wurden die fast hundert Wissenschaftler mit ihren Frauen in vier Bussen von Brüssel nach Gent gefahren. In den Morgenstunden lauschten sie den Vorträgen eines schwedischen und eines französischen Wissenschaftlers über die Kultur der schwedischen Dockarbeiter und die Straßenrufe französischer Hausierer. Im weiteren Verlauf wurden sie von der Stadtverwaltung unter Leitung des Bürgermeisters und des Stadtdirektors im Rathaus empfangen, anschließend servierte man ihnen im Ratskeller an langen Tischen altflämische Gerichte, bestehend aus einer Suppe mit allerlei Gemüse darin, gefolgt von einer Platte mit Schweineohren und -schwänzen, als Gemüse Strandflieder und Queller, sowie als Getränk ein schweres belgisches Bier. Die Mahlzeit war üppig und zog sich hin, so dass die Teilnehmer zum Schluss nur mit Mühe dazu zu bewegen waren, den Keller wieder zu verlassen, um sich dösig und träge und in das gleißende Sonnenlicht blinzelnd auf den Weg zum Museum zu machen. Dort sahen sie zu ihrer Erleichterung, dass man am Rand des Platzes vor dem Eingang ein paar Reihen Stühle aufgestellt hatte, mitten in die Sonne, so dass sie sich, in Erwartung einer Demonstration alter Handwerke, die speziell aus diesem Anlass zum Leben erweckt worden waren, sofort wieder hinsetzen konnten. In dem Bedürfnis, an die Darbietungen des Vormittags anzuknüpfen, wurden von passend gekleideten flämischen Sprachforschern zunächst die Straßenrufe flämischer Hausierer zu Gehör gebracht, woraufhin in einer kurzen Pantomime die Geschichte des Museums, das ursprünglich ein Krankenhaus gewesen war, dargestellt wurde. Das Spiel fand seinen Höhepunkt in einem Volkstanz, bei dem der Tanzgruppe aus irgendeinem Grund ein Mann fehlte, für den dann von einem der Mädchen ein Ersatz im Publikum gesucht wurde. Zu seinem Entsetzen wurde Maarten von ihr auserwählt, und bevor er nochwusste, wie ihm geschah, führte sie ihn an der Hand auf den Platz, zwischen die anderen Tänzer. „Aber ich kann überhaupt nicht tanzen“, sagte er unglücklich. – „Das ist auch nicht nötig“, beruhigte sie ihn, „folgen Sie mir einfach“, und sie lachte ihm aufmunternd zu, während die Musik aus Fideln und Flöten wieder einsetzte. Stampfend, in die Hände klatschend, die Knie und den Rücken etwas gebeugt, versuchte er auch tatsächlich, ihr zu folgen, doch das Lachen, das von weit her zu ihm drang, sagte ihm, dass seine Rolle eher die eines Clowns als die eines ausländischen Prinzen war, den er wahrscheinlich darstellen sollte. Und als er sich schließlich, tiefunglücklich, unter donnerndem Applaus wieder zurückgeleiten ließ, hätte er sich am liebsten für den Rest des Nachmittags unter seinem Stuhl versteckt, bis die Erinnerung an seinen Auftritt von den nachfolgenden Programmpunkten aus dem Gedächtnis seiner Fachkollegen gelöscht worden war.
    „Warum hat sie gerade dich ausgesucht?“, fragte Nicolien verstimmt, als er wieder neben ihr stand.
    „Ich weiß es wirklich nicht“, sagte er, als müsse er sich entschuldigen.
    So fühlte er sich immer noch, als ihm ein paar Stunden später, nach der Demonstration alter Handwerke und einem Rundgang durch das Museum, im Empfangssaal von der Direktion ein Aperitif angeboten wurde.
    „Herr Koning“, sagte jemand hinter ihm.
    Er drehte sich um. Vor ihm stand ein kleiner, dicker Mann, mit einem kugelrunden Kopf, der scheinbar ohne Hals auf seinen Schultern saß, und hellen, blauen Augen. Er musste zu Maarten aufblicken.
    „Sie

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