Das Camp (Sartos) (German Edition)
Octavian ein witziger Unterhalter sein konnte, wurde sie tatsächlich entspannter und nach einer Weile hatte sie ihre Befangenheit abgelegt.
Der Nachmittag verging wie im Flug. Sie lagen auf der breiten Schaukel und fütterten sich mit gegenseitig mit Obststücken, die Reeve überhaupt nicht kannte. Zum Tee holte Octavian eine Mandeltorte aus dem Kühlschrank, die es bei Reeve zu Hause nicht mal am Geburtstag gegeben hätte.
Sie waren gerade dabei, alte Fotos von Octavian und seiner Familie zu betrachten, als sie hörten, wie die Haustür ins Schloss fiel. Sie spritzten auf und blieben erstarrt sitzen. Reeve zu verstecken war unmöglich, es sei denn, sie rannte in den Garten, wo sie von allen Nachbarn gesehen werden konnte. Ein etwa zehnjähriges Mädchen, das dieselben Augen wie Octavian hatte, kam ins Wohnzimmer. Direkt hinter ihr war Persephone.
„Ach? Du hast Besuch? Deine Eltern hatten gar nichts davon erwähnt“, sagte sie mit süßlicher Stimme. Schau mal, Alexandra, das ist die Civi Freundin von deinem Bruder.“
Alexandra starrte Reeve mit feindseligem Blick an. Die hätte im Boden versinken können.
„Was macht ihr hier?“, fauchte Octavian ungehalten.
„Oh, Alexandra hatte ihre Zahnbürste vergessen. Das ist so ein kleines Bürstchen, mit dem man sich mehrmals am Tag die Zähne reinigt“, fügte sie herablassend, an Reeve gewandt, hinzu.
„Du wirst es nicht glauben, auch wir besitzen Zahnbürsten“, erwiderte die und zeigte ihre blendend weiße n, ebenmäßigen Zähne. Dass ihre Zahnbürste nur noch ein paar zerrupfte Borsten hatte, weil nur einmal jährlich für jedes Familienmitglied eine beim Bürstenmacher gekauft werden konnte, ließ sie unerwähnt.
„Wie dem auch sei. Alexandra übernachtet heute bei meiner k leinen Schwester, falls du das Vergessen hast. Wir wollen auch gar nicht weiter stören. Komm, wir holen deine Bürste und verschwinden wieder, Alexandra.“ Sie machte auf dem Absatz kehrt und ging in den oberen Stock, ins Badezimmer. Kurze Zeit später hörten sie die Tür ins Schloss fallen. Reeve verbarg das Gesicht in den Händen.
„Na, wenigstens können wir uns die Verkleidung schenken, wenn wir gehen. Persephone wird dafür sorgen, dass es, bis zum Abendessen, das ganze Viertel weiß.“
Reeve schaute ihn, mit Tränen in den Augen, an.
„Wie bescheuert kann man eigentlich sein?“, fragte Troy sie, als sie, in Tränen aufgelöst, bei ihr an der Haustür stand.
„Du kannst doch nicht ernsthaft glauben, dass das keine Konsequenzen hat? Der Senator wird toben, wenn er davon hört. Wann hat man denn jemals gehört, dass eine Civi am hellichten Tag im Haus eines Nobilitas sitzt? Also ehrlich, Reeve! Manchmal habe ich den Eindruck, dass du es darauf anlegst deportiert zu werden!“
„Es reicht, Troy!“ Ihre Mutter warf ihr einen mahnenden Blick zu und stellte Reeve, die immer noch vor sich hin schluchzte, eine Tasse Tee hin. Sie hatte sich nicht nach Hause getraut, wohl wissend, dass ihr Vater einen Tobsuchtsanfall erleiden würde, wenn er von der Geschichte hörte.
„Troy hat insofern Recht, dass Senator Montgomery darauf reagieren wird. Er lässt sich nicht ungestraft zum Gespött des Viertels machen. Du steckst in ernsten Schwierigkeiten. Meiner Meinung nach, hilft dir nur noch die Flucht nach vorne. Heirate den nächst besten Kandidaten, damit sie dich nicht in die Heiratsquote packen und sonst wo hin verschleppen.“
„Aber, ...aber... Octavian und ich, wir lieben uns!“ Sie schaute sie entsetzt an. Troy verdrehte die Augen.
„Reeve, komm zu dir! Er kann dir nicht helfen, wenn der Senat beschließt, dich in die nächste Heiratsquote zu packen, damit sie dich vom Hals haben. Was glaubst du denn, was er ernsthaft dagegen unternehmen kann? Dir bleibt nichts übrig, als den nächst Besten zu nehmen, damit du nicht sonst wohin kommst. Begreif das doch endlich! Ich wette, Rory wird dich mit Kusshand nehmen, fügte sie mit einer Spur Bitterkeit hinzu.
„Ich will Rory aber nicht! Auch nicht sonst irgendeinen. Octavian wird sich etwas einfallen lassen, da bin ich mir sicher. Jetzt gehe ich erst Mal nach Hause und bringe das Donnerwetter hinter mich.“ Sie verabschiedete sich und entzog sich damit weiteren Diskussionen.
„Ich glaube nicht, dass sie den Ernst der Lage wirklich erfasst hat“, meinte Troy zu ihrer Mutter.
„Ich befürchte, sie wird es schneller begreifen, als ihr lieb sein
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