Das Chamäleon-Korps
ich schon etwas“, sagte die Agentin. „Ich werde dir mehr Informationen beschaffen. Am besten erwischt man ihn in seinem Vergnügungsturm. Ach übrigens, ich habe eine Anweisung von Chef Mickens vom Amt für Politische Spionage bekommen.“
„Ach ja?“ sagte Jolson.
„Er sagte, wenn auch nicht in ganz so knappen Worten, daß du jeder Spur nachgehen solltest, die du ausfindig machst. Du kannst jede beliebige Identität annehmen, die du brauchst. Wenn die Kimbrough-Spur irgend etwas ergeben sollte, dann könne er bestimmt weitere Mittel loseisen. Also kannst du auch das normale CK-Budget überziehen.“
„Kimbrough“, sagte Jolson. „Den sollte man in aller Stille aus dem Verkehr ziehen.“
Jennifer lächelte. „Ich weiß, das habe ich auch gerade in meiner Kodenachricht durchgegeben.“
Jolson griff über seine Schulter und massierte sich seinen Altmännernacken. „Das mit dem Sondergeld ist gut. Ich habe etwas Geld bei dieser Nepenthe-Sache eingespart, weil ich nur zwei Tage geblieben bin. Das kann ich dann alles auf Robert Leslie Rover verwenden.“
Jennifer jagte den Kreuzer auf die sechsspurige Straße, die nach Esperanza City führte. „Geld, ja. Eine gute Möglichkeit, sich an ihn ranzumachen.“
Jolson fragte: „Warum dieser Boden wagen? Wäre ein Luftkreuzer nicht schneller gewesen?“
„Vorschrift. Kein Luftverkehr über den Friedhöfen. Dadurch hat Esperanza den Tourismus besser unter Kontrolle und hält ihn am Boden. Das gibt größere Profitmargen.“
„Ich beschwere mich ja gar nicht, ich bin bloß neugierig“, sagte Jolson. Er legte sich entspannt zurück und betrachtete die Nacht, die sich um sie herum immer mehr ausbreitete; er musterte das Profil des Mädchens.
„Wirst du den Rest der Heimfahrt ein alter Mann bleiben, Ben?“ fragte sie und blickte zu ihm hinüber.
„Ich glaube, ich bin zu müde, um mich zu verwandeln.“
„Werde ich dich jemals“, fragte Jennifer, „als du selbst sehen? Als Ben Jolson?“
„Hinterher“, sagte Jolson.
9
„Das ist der beste Vergnügungsturm“, sagte die nackte Androidin und zeigte auf das lavendelgetönte Wickelfenster der Cocktaillounge. „Direkt dort drüben, Sir.“ Die Androidin stellte Jolsons Drink auf sein Ebenholztablett.
„Ist das der Turm, der von einem Burschen namens Robert Leslie Rover gemanagt wird?“ fragte er. Der Turm war vierzig Stockwerke hoch, Chromfarben und glitzerte nun im scheidenden Tageslicht. „Ich habe gehört, daß man seinen Turm unbedingt aufsuchen sollte.“
Die Androidin nickte und wischte dabei mit einer schwarzgeränderten Serviette Feuchtigkeit von ihrem nackten Bauch. „Mr. Rover kommt oft hierher zum Top o’the Apex. Obwohl er ziemlich politisch ist, ist er ein netter Kerl.“
Jolson zog seine Apex Hotel Kreditkarte hervor, und die Androidin klickte sie in den Schlitz an ihrem Handgelenk ein, dann reichte sie sie ihm zurück. „Darf man Trinkgeld geben?“ fragte Jolson.
„Ist im Preis Ihres Drinks enthalten“, sagte der weibliche Roboter. „Sie können mich in den Hintern kneifen, wenn Sie wollen, das kostet nichts.“
Jolson zuckte mit den Schultern. „Ich passe.“
„Leute von verschiedenen Planeten haben verschiedene Gewohnheiten“, sagte der Roboter. „Sie sind von Peregrine, nicht wahr, Mr. Gillespie? Das hat mir der Computer am Empfangsschalter gesagt.“
Jolson war nun groß und blond, ungefähr dreißig Jahre alt und kurgebräunt. „Stimmt, Miß, und auf Peregrine sind wir etwas zurückhaltend.“
Die Androidin sagte: „Mr. Rover fummelt auch nie viel an mir herum. Dabei ist er hier auf Esperanza geboren. Leute gibt’s!“ Sie lachte, drehte sich langsam um und schritt zur nächsten Nische.
Die Zigaretten vom Planeten Peregrine bestanden aus einem puckernden Fasttabak. Jolson nahm eine aus seinem chromfarbenen Etui und lehnte sich zurück gegen das schwarze Echtleder. Der schmierige, gelbe Qualm, der die Stadt bei Tag einnebelte, ließ mit hereinbrechender Nacht nach. Jolson konnte die Gebäude von Esperanza mit ihren an Metall und Glas reichen Fassaden jetzt klar erkennen. Auf den glänzenden Flächen begannen zahlreiche bunte Lichter zu spielen. Rovers Vergnügungsturm flackerte in scharfen Pastellfarben.
„Bist du es?“
Jolsons Hand faßte an sein kurzes blondes Lockenhaar. „Hallo, Jennifer. Setz dich.“
Die Agentin des Amts für Politische Spionage trug eine zitronengelbe Cocktailhose und eine gemusterte Baumwollbluse. „Gilbert
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