Das Chamäleon-Korps
sagte McCrystal. „Weshalb uns diese schrecklich gute Gelegenheit, jemanden dort einzuschmuggeln, auch wie gerufen kommt.“
„Das ist alles?“
„Ja. Stellen Sie Simeon Despojo dar. Arbeiten Sie an seinem unvollendeten Meisterwerk im Zentrum für Psychiatrie weiter, und lüften Sie Dr. Reisbersons Geheimnis.“
„Haben Sie irgendwelche weiteren Einzelheiten?“
McCrystal fummelte zwischen den Sachen auf seiner Schreibtischplatte herum. „Ich vermute, daß die Schlafinstruktionen Ihnen den ganzen Rest vermitteln werden, alle winzigen Einzelheiten. Ach ja, ich habe noch ein Bild von Mrs. Despojo, das Sie vielleicht sehen möchten. Hier.“
„Seine Mutter?“
„Nein, seine Frau.“ McCrystal hielt ein 3-D-Foto von einer hochgewachsenen, gertenschlanken blonden Frau von etwa fünfundzwanzig Jahren hoch. „Ich vermute, daß Sie einige häusliche Funktionen erfüllen müssen wie etwa, mit diesem Mädchen zu schlafen. Recht erstaunlich hübsch, würde ich sagen. Und Despojo irrsinnig zugetan, soweit wir das beurteilen können.“
Jolson nahm das Foto in die Hand. „Ehefrauen kann man nicht so leicht hinters Licht führen, wenn man jemand anders darstellt.“
„Deswegen habe ich dem Chamäleonkorps ja auch gesagt, sie sollten einen ihrer fürchterlich besten Männer schicken.“ Er lächelte Jolson dünn und geradmäulig an. „Ich bin sicher, daß es Ihnen gelingen wird.“
„Ich werde mein fürchterlich Bestes geben“, erwiderte Jolson.
Jolson kratzte sich am Unterleib, dann am Bart. Er verzog seine breite, flache Nase und zog dem fahlgrünen Inneren des Luftbusses eine Grimasse. Er war jetzt ein massiger Mann, mit runden Schultern und äußerst behaart. „Mutter der Ziegen“, sagte er und rieb seine großen, knotigen Hände. „Ich bin ungeduldig, endlich wieder nach Hause zu kommen und zurück an die Arbeit zu gehen.“
Auf der anderen Seite des Gangs saß ein kleiner, dünner junger Mann mit langem, glattem Haar. Er seufzte und lächelte. Der Luftbus flog erst seit einer Stunde und würde noch zwei Stunden brauchen, bis er in der Hauptstadt von Zombada eintraf. „Wenn wir Glück haben, dann wird der Sicherheitsdienst des Territoriums nur einen halben Tag benötigen, um uns wieder umzupolen.“
„Mutter der Schweine“, meinte Jolson. „Ich will auch endlich Nana wiedersehen.“ Er besaß die Fähigkeit, seine Gestalt beliebig zu verändern, jeden anderen darzustellen. Nun war er das Abbild eines Wände bemalenden Guerilleros. Der junge Mann auf der anderen Seite mußte Aldo D’Arcy sein, der Public-Relations-Direktor der Grenzkiller-Phalanx und einer der fünf weiteren Gefangenen, die zusammen mit Despojo ausgetauscht wurden. Nana war Despojos blonde, gertenschlanke Frau.
Der schmale D’Arcy sprang zu ihm herüber und setzte sich neben Jolson. „Weißt du, was dein Problem ist, Simeon?“
„Mutter der Wasservögel“, sagte Jolson. „Mein einziges Problem ist, daß ich drei Monate nach der Vollendung meines Meisterwerks im Psychiatriezentrum zurück bin.“
„Dein Problem ist, daß du zu sentimental bist“, meinte D’Arcy. „Das sieht man in deinen Werken genauso wie in deinem Leben. Dein letztes Werk zum Beispiel, Die Hoffnungen der Jugend werden auf den Barrikaden des Dogmatischen Liberalismus zerschlagen: viel zu lieblich. Besonders für ein Kunstwerk, das das Hauptquartier für Jugendlichenverhöre schmückt.“
„Mutter der Ziegen“, sagte Jolson und zuckte mit den Achseln.
„Außerdem bist du einer der sentimentalsten Würger und Schläger, mit denen ich jemals zusammengearbeitet habe.“
„Mutter der Ochsen, Aldo. Es ist nicht eben einfach, ein Künstler und ein Killer zu sein.“
D’Arcy fuhr fort: „Und besonders sentimental bist du, was Nana angeht, viel zuviel. Warum nimmst du sie zurück, nach allem, was sie getan hat?“
Jolson kratzte sich wieder am Bart. „In mir siehst du ein großes Talent, das mit einem großmütigen Herzen verbunden ist.“ Das Amt für Politische Spionage hatte nichts davon erwähnt, daß Nana irgend etwas angestellt haben sollte.
„Da ich weiß, wie sentimental du ihr gegenüber bist, habe ich sie noch nicht umgebracht.“
Jolson machte eine drohende Grimasse und packte einen von D’Arcys dünnen Armen. „Mutter der Bienen, du würdest glatt meine Nana umbringen!“
„Noch nicht“, sagte D’Arcy. „Obwohl sie meiner Meinung nach eine Gefahr für die Grenzkiller-Phalanx darstellt. Selbst du solltest das erkennen,
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