Das Chamäleon-Korps
verspotte man ein Kirchenritual oder lache während der Messe – was ich zu meinen Zeiten als Kirchengänger getan habe. Das war einer der Gründe, warum sie mich schließlich hinausgeworfen haben.
Schweitzer: Einige Leute akzeptieren Humor auf dem Bildschirm vielleicht bereitwilliger als auf der gedruckten Buchseite. Letzteres verlangt eine gewisse Vorstellungskraft auf seiten des Lesers.
Goulart: Ja, und besonders im Fernsehen bleibt einem nichts anderes übrig, als zu lachen. Entweder läuft im Hintergrund eine Tonspur mit Gelächter, oder die Personen sind albern gekleidet. Man ist darauf programmiert. Man schaltet Laverne and Shirley ein, und es hat lustig zu werden. Man rechnet nicht damit, vor Lachen zusammenzubrechen, wenn man Quincy einschaltet. Mit anderen Worten, jede Sendung ist schon eingeordnet in ernst, tragisch oder komisch, und ich mache halt, wie einmal gesagt wurde, etwas undurchsichtiges Zeug. Ich dränge Ihnen den Scherz nicht auf – obwohl manche diese Auffassung vertreten, das hängt davon ab, welchen Kritiker man nun liest –, also kann ich mir vorstellen, daß meine Stories auch ganz ernsthaft gelesen werden. Ich weiß nicht, wohin einen das führen würde, aber es ist möglich.
Schweitzer: Es würde einen verwirren.
Goulart: Manchmal fragen mich die Leute, wie es kommt, daß ich niemals ernst bin, wobei der Fehler nicht bei ihnen, sondern bei mir liegt, wenn sie alles von mir gelesen haben. Ich habe eine ganze Menge ernste Sachen geschrieben. Insbesondere im Krimi-Bereich habe ich einen Haufen Kurzgeschichten verfaßt, die düster und traurig sind. Lenore Glenoffer nannte sie „abscheulich, schaurig“ – das war ein Kompliment. Ich meine, sie hat das als Kompliment gemeint.
Schweitzer: Hat Sie ursprünglich humoristische SF angezogen, deren Humor auf sich selbst beruht oder darüber hinausgeht? Beispielsweise ist einer ihrer denkwürdigsten frühen Texte, Ralph Wollstonecraft Hedge: A Memoir, eine Parodie durch und durch.
Goulart: Ich fühlte mich anfänglich von zwei Dingen neben vielen anderen angezogen: der Parodie und der Science Fiction. Als ich vor langer Zeit anfing, Science Fiction zu schreiben, war es einfacher, Parodien zu verkaufen, denn ich arbeitete weitgehend mit Anthony Boucher zusammen; wir wohnten beide in Berkeley, ich kannte ihn, und er hielt mich für einen amüsanten Burschen. Ich schrieb also diese Parodien, und er kaufte sie. Ich hatte schon im Unterhaltungsmagazin der California-Universität, dem Pelican, geschrieben, wo ich eine Reihe Parodien zu naheliegenderen Dingen wie Fernsehen, Kino und so weiter veröffentlicht hatte. Doch ich wollte Belletristik schreiben, und die Parodie stößt nach einer Weile an ihre eigenen Grenzen. Genau das widerfährt Mel Brooks. In seinen Filmen muß er stets nach etwas Neuem suchen, das sich parodieren läßt, offensichtlich kann er die Komik nicht mehr in der ursprünglichen Situation finden. Wenn man Hitchcock nicht gesehen hat, dann kann man auch nicht über High Anxiety (Höhenkoller) lachen, dergleichen meine ich damit. Jede gute Parodie sollte, wie Boucher dies einmal sagte, aus sich selbst kommen. Mit anderen Worten, selbst wenn Sie niemals Lovecraft gelesen haben, sollten Sie in Ralph Wollstonecraft Hedge etwas zu lachen haben, weil dort eine eigene Zielscheibe aufgestellt und getroffen wird, und nicht, weil man Ihnen sagt, die Geschichte im Kontext mit einer anderen zu lesen. So verfährt Ellery Queen’s {1} nach wie vor. Ich verkaufte früher Parodien an Ellery Queen’s, und sie pflegten die Geschichte, die ich parodierte, mit abzudrucken, ein rechter Wink mit dem
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