Das Chamäleon-Korps
gewissen Zutaten besteht. Natürlich war ich immer versucht, gegen den Strom anzuschwimmen, und wenn ich den Eindruck gewinne, daß sich jemand über etwas ärgert – wissen Sie, wie ein Kind, das sagt: „Hör auf damit!“ –, so reizt mich das um so mehr, damit fortzufahren. Ich sehe meine Bücher genauso kritisch, glaube ich, wie die Kritiker oder Verleger. Ich glaube schon, daß ich mich auf einem festen Gleis bewege, und bin eigentlich nicht besonders glücklich darüber – andererseits bleibt man an der Form kleben, die man einmal für sich entdeckt hat. Ich meine, daß Cowboy Heaven das beste Buch ist, das ich im Verlauf mehrerer Jahre geschrieben habe, denn es erfüllt das, was ich vorhatte, nämlich, daß es Spaß macht. Es liegt ihm eine meiner Ansicht nach gute Idee zugrunde, nämlich der Plot, John Wayne am Leben zu halten. Ausgerechnet in der Woche, als das Buch herauskam, lag er im Krankenhaus im Sterben. Ich suchte nach einer geschmackvollen Möglichkeit, daran mit der Werbung anzuknüpfen, aber es fiel mir nichts Entsprechendes ein.
Schweitzer: Insbesondere, da er ja, wenn ich recht unterrichtet bin, nicht programmgemäß starb.
Goulart: Das konnten wir nicht wissen. Vielleicht wird er von einem Androiden vertreten. {2}
Schweitzer: Wenn man einen Androiden von ihm herstellt, kann man auch mehrere schaffen.
Goulart: Das stimmt. Zu diesem Thema habe ich eine andere Geschichte geschrieben, die noch nicht verkauft ist. Doch andere naheliegende Beweise sagen, daß John Wayne niemals existiert hat und es alles nur Androiden sind. Das war der Grundgedanke zu Wildesmith. Wildesmith war kein realer Mensch. Er war immer ein Androide gewesen, und niemand sollte es erfahren.
Ich glaube, der ganze Grundgedanke geht auf meine Zeit in der Werbung zurück. So dachte ich damals, daß ich an all diese albernen Produkte gefesselt war, über die ich schreiben mußte, und mit der Zeit konnte ich nicht mehr an sie glauben. Es ist, als ob man seinen Glauben verliert, wie ein Priester ohne Religion; man sagt, daß man das vortäuschen kann, bis man die Rente und den Sozialversichungsanspruch durchhat. Aber meine Identifikationsfiguren, meine Helden, gelangen gewöhnlich zu der Erkenntnis, daß sie sagen: „Nein, ich kann es nicht.“ Es mögen bis zu einem gewissen Grade Spinner sein, aber früher oder später stellen sie fest: „Ich kann diesen Scheiß nicht mehr ertragen“ oder „Ich werde das in die Öffentlichkeit tragen“ oder „Ich werde versuchen, dem ein Ende zu machen“. Grundsätzlich teile ich, glaube ich, die Auffassungen, wie sie in den Pulp-Magazinen der vierziger Jahre vertreten waren.
Obwohl ich zynisch wirken möchte, sind meine Gestalten gewöhnlich sentimentale Softies, die am Ende der Bücher normalerweise zu konservativen moralischen Entscheidungen kommen.
Schweitzer: Kamen Sie denn zu einer solchen Entscheidung, als Sie die Werbebranche verließen?“
Goulart: Ich glaube nicht, daß ich bewußt dazu kam, aber es war eine gewaltige Erlösung, endlich frei zu sein. Es war wie eine Flucht von der Teufelsinsel. Die ersten Jahre hört man nachts immer noch die Bluthunde und das Kettengerassel und glaubt, jetzt hätten sie einen gefunden. Endgültig aufgehört habe ich vor einem Dutzend Jahren; bis zu jenem Zeitpunkt hatte ich zwar keinen Fulltime-Job mehr in der Werbung, doch ich rutschte langsam wieder hinein, arbeitete ein paar Tage in der Woche oder übernahm freiberufliche Aufträge. Ich war ein unglaublicher Werbetexter. Ich war einer der besten Werbetexter der Westküste für sogenannte unkonventionelle Spots. So kamen Leute zu mir und sagten: „He, schreib dazu mal was!“ Wenn ich das
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