Das Chamäleon-Korps
weiterverfolgt hätte, könnte ich heute irgendwo stellvertretender Direktor oder Direktor meiner eigenen Agentur sein, was ein schrecklicher Gedanke wäre, wenn auch unwahrscheinlich lukrativ. Das ist einer der Gründe, warum meine Familie und ich nach Connecticut verzogen sind. Ich wollte weg von dieser Verlockung, wieder in die Werbebranche gezogen zu werden. Sie wären weiter auf mich eingestürmt und hätten mich mit Geld in Versuchung geführt. Zum großen Teil hat es Spaß gemacht. Ich ging nach Hollywood, machte Werbespots, stand hinter der Bühne und all dieser Showkram. Ein Freund, mit dem ich in der Werbung zusammenarbeitete, nannte das immer das periphere Show-Busineß. Und das trifft es genau. Man befindet sich am Rand, ist nicht mittenmang dabei, doch nahe genug, um Blut zu riechen und zu lecken. Es ist äußerst verführerisch. Außerdem verdient man gutes Geld, und Spaß kann es auch machen. Manchmal allerdings auch nicht, und so kann es leider auch auf den höheren Ebenen des Verlagsgeschäfts zugehen. Es gibt zu viele Ausschüsse. Da ist nicht nur der Verleger. Da gibt es den Verleger plus einen Verkaufsdirektor plus einen Aufsichtsrat. Wenn man von einem Buch spricht, das das große Geld macht, so ist das ein Buch, das viele Leute beurteilt und beeinflußt haben. Das ist genau wie in der Werbung, aber ich habe ohnehin die Erfahrung gemacht, daß es überall wiein der Werbung ist. Also habe ich mich früh damit befaßt. Ich lernte in der Werbung in sehr frühen Jahren, und es hat mir immer genützt.
Schweitzer: Norman Spinrad hat einmal gesagt, daß viele moderne Buchveröffentlichungen wie Prosafernsehen sind.
Goulart: Gewiß. Überall wird ein Produkt verkauft. Das einzige, woran man sich halten kann, ist, dafür Sorge zu tragen, daß ich damit zufrieden, stolz darauf bin und es meine beste Leistung darstellt. Ich meine nicht in finanzieller Hinsicht. Wie ich schon sagte, ist Cowboy Heaven ein sehr zufriedenstellendes Buch. So hatte ich es im Kopf, und ich meine, es ist gut gelungen und läuft. Aber ich glaube nicht, daß es auf die Bestsellerliste kommt, obwohl ich mir das wünsche. Und doch ist es für mich ein befriedigendes Produkt. Aber es bleibt nun einmal ein Produkt, und es scheitert an dem System, weil kein Geld da ist, um dafür Werbung zu machen. Es gibt keine Mechanismen zu seiner Promotion. Für mich als ehemaligen Werbemenschen ist es frustrierend zu sehen, wie solche Gelegenheiten immer wieder versäumt werden. Man bringt ein Buch heraus und sagt sich: „Meine Herrn, wenn ich bloß tausend Mäuse hätte, wie könnte ich dann für das Ding die Trommel rühren!“ Ich halte mich also nicht für einen Künstler, der verkannt seiner Zeit vorweg- oder hinterhergaloppiert. Ich halte mich für einen kommerziellen Autor, doch ich meine, daß ich in der Lage bin, im kommerziellen Bereich anständiges Zeug anzufertigen. Darum habe ich mich stets bemüht, und ich meine, daß ich dazu einiges von dem, was ich in der Werbung gelernt habe, gebrauchen kann. Auf jeden Fall habe ich eine enge Verbindung zu den Medien. Wie Sie sagten, ist Cowboy Heaven ein verzwicktes Stück über das Fernsehen, Hollywood und ein Phantasie-Hollywood. Ich habe in Hollywood drei oder vier Jahre so am Rande gearbeitet, und der Roman ist eine Art Fantasy-Text, der zusammenmischt, was ich erlebt und gedacht habe.
Schweitzer: In welchem Maße werden Ihrer Ansicht nach Bestseller gemacht und nicht geschrieben? Aus Sword of Shannara (Das Schwert von Shannara und Der Sohn von Shannara) wäre beispielsweise überhaupt nichts geworden, wenn man es nicht so hochgeschaukelt hätte.
Goulart: Ich habe das Buch nicht gelesen, aber man hat stets das Gefühl, daß die
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