Das Chaos-Casino
»Aber ich warte immer noch auf eine Erklärung, weshalb Sie das überhaupt tun.«
»Ist das nicht offensichtlich? Sie haben gesagt, daß Sie wissen wollen, was hier oben los ist, nicht wahr? Ich habe mir einfach überlegt, daß die beste Möglichkeit, an zuverlässige Informationen heranzukommen, der Zugriff auf die Quelle ist - indem man den Gegner infiltriert. Nachdem ich mir dieses Ziel gesetzt hatte, begriff ich, daß die beste Möglichkeit, das zu erreichen, die Maske eines auf Besuch weilenden Würdenträgere einer anderen kriminellen Organisation wäre, und da bot sich die Yakusa als naheliegend an.«
»Ist Ihnen auch in den Sinn gekommen, daß so etwas ziemlich gefährlich werden könnte?« fragte Narrisch, dessen ursprünglicher Zorn nunmehr der Sorge wich.
»Selbstverständlich.« Sushi lächelte. »Erinnern Sie sich noch, was ich gesagt habe, als Sie mich baten, in den Untergrund zu gehen? Daß ich süchtig nach Spielen mit hohem Einsatz bin, aber nicht sicher sein kann, daß ich am Spieltisch nicht die Kontrolle verliere? Nun, ich habe eine Antwort auf dieses Problem gefunden. Verglichen mit dem Spiel, das ich jetzt spiele, sind die Casinotische geradezu harmlos. Um ehrlich zu sein; ich habe seit Jahren schon nicht mehr soviel Spaß gehabt.«
»Spiele? Spaß?« wiederholte der Kommandant, und seine Wut begann wieder aufzuschäumen. »Einmal abgesehen von der Gefahr, daß die Einheimischen ihr Kostümspiel durchschauen könnten - was wollen Sie denn tun, wenn Sie zufällig auf ein Mitglied der echten Yakusa treffen sollten? Ich kann mir nicht vorstellen, daß die es sonderlich gern sähen, wenn Sie sich als einen ihrer Vertreter ausgeben.«
»Ich glaube. Sie unterschätzen mich, Hauptmann«, erwiderte der Legionär. »Ich mag es vielleicht als Spiel bezeichnen, aber als Gewohnheitsspieler habe ich die Chancen sehr sorgfältig abgewogen. Es ist zweifelhaft, daß es den Einheimischen jemals in den Sinn kommen könnte, daß ich ein Hochstapler bin, und zwar aus eben jenem Grund, den Sie gerade selbst angeführt haben: Wer würde es schon wagen, sich fälschlicherweise als Mitglied der Yakusa auszugeben? Darüber hinaus ist es außerordentlich zweifelhaft, daß ich auf ein echtes Mitglied dieser Organisation stoße, weil die sich nämlich schon seit Jahren in aller Vorsicht von Loreley fernhält.«
»Woher wollen Sie das wissen?«
»Ich habe ein paar Anrufe getätigt«, erklärte Sushi lächelnd. »Wenn meine Familie auch skrupulös jede kriminelle Unternehmung vermeidet, wobei ich selbst die bemerkenswerte Ausnahme darstelle, ist sie sich des Netzwerks der Unterwelt dennoch voll bewußt und unterhält auch viele Kontakte allein zum Zwecke der Informationsbeschaffung und der Kommunikation. Das bringt uns zu einem weiteren Punkt, Herr Hauptmann.«
Der Legionär ließ sein Lächern fallen.
»Ich weiß nicht, wie vertraut Sie mit der Yakusa sind, aber tatsächlich handelt es sich dabei nicht nur um eine einzige Organisation. Wie Ihre westlichen Gegenstücke besteht sie in Wirklichkeit aus mehreren Familien, die auf der Grundlage eines gemeinsamen Waffenstillstandsabkommens operieren.
Wenn ich tatsächlich auf ein Mitglied träfe, würde ich einfach nur behaupten, zu einer anderen Familie zu gehören. Ich bin mit den allgemeinen Erkennungszeichen vertraut.«
Sushis Lächern weitete sich wieder.
»Mir ist übrigens etwas Interessantes aufgefallen, als ich die Sache plante, Hauptmann: daß sie nämlich sogar fast legitim ist. Denn was Sie mit der Kompanie tun, ist der Bildung eines Yakusa-Clans nicht unähnlich, und bei diesem Auftrag bin ich tatsächlich Ihr Vertreter. Und wenn Sie sich meine Tätowierungen einmal genauer anschauen, werden Sie feststellen, daß Rembrandt mehrfach unser Einheitslogo in die Muster hineingearbeitet hat.«
»Da wir wieder bei Ihren Tätowierungen sind«, sagte Narrisch, ohne sie eines Blickes zu würdigen, »gehe ich recht in der Annahme, daß die nicht von Dauer sind? Was passiert, wenn sie sich im falschen Augenblick auflösen?«
»Das kann nicht passieren.« Sushi grinste. »Sie lassen sich nicht mit Wasser entfernen, nur mit Alkohol, und Rembrandt meint, daß sie Monate halten müßten. Sie hat mir für alle Fälle sogar ein Auffrisch-Set mitgegeben.«
»Und wenn jemand seinen Drink auf Ihrem Arm verschüttet?« hakte der Kommandant nach.
Der Legionär sah ihn erschrocken an.
»Ich ... daran habe ich gar nicht gedacht, Herr Hauptmann. Danke für die Warnung. Ich
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