Das Cottage im Wald
Klamotten”, wehrte Sean ab. “Im Haus war nichts wirklich Wertvolles. Vielleicht ist das ja auch ein Wink des Schicksals. Vielleicht sollte ich nun wirklich nach Hause zurück.”
Carin war, als würde ihr die Kehle zugeschnürt. “Aber John braucht dich doch.”
“Natürlich werde ich ihn nicht im Stich lassen. Aber sobald er wieder auf den Beinen ist, breche ich die Zelte hier ab. Komm jetzt, wir wollen zu ihm gehen und ihm sagen, dass sein Haus unversehrt geblieben ist.”
John war bei Mary O’Donnell, der Ladeninhaberin des Dorfes, untergebracht. Er sah besorgt auf, als sie Carin und Sean in das gemütlich eingerichtete Wohnzimmer führte.
“Wie schlimm ist es?”, fragte er sofort, und Sean klärte ihn über die Umstände auf.
“Weiß man schon, woher das Feuer kam?”
“Wenn der Officer recht behält, aus meinem Cottage”, antwortete Sean widerstrebend. “Aber ich kann mir nicht vorstellen, wie das passiert sein soll.”
“Heißt das, dein Haus ist abgebrannt?” John wurde blass, als Sean nickte. “Aber das ist ja furchtbar. Da gibt es nur eine Lösung – du musst unbedingt zu uns kommen.”
6. KAPITEL
I n den folgenden Tagen und Wochen stellte sich heraus, dass Carins Befürchtungen, Sean könnte erneut versuchen, sie zu verführen, unbegründet waren. Er erwies sich als perfekter Gentleman. Liz schaute häufig vorbei, und Carin und Sean gingen dann meist auswärts essen oder machten lange Spaziergänge, um das Liebespaar allein zu lassen.
Das Cottage war tatsächlich völlig ausgebrannt, doch glücklicherweise waren die einzigen persönlichen Dinge, die Sean durch den Brand verloren hatte, nur Kleidungsstücke. Nach sorgfältigen Untersuchungen hatte man festgestellt, dass ein Funke, der vom vermutlich noch leicht glimmenden Feuer im Kamin übergesprungen war, den Brand verursacht haben musste.
Was Sean betraf, so schien er keine Eile mehr zu haben, Carin zu verführen. Stattdessen zog er es vor, ihre nur allzu verräterischen Reaktionen auf seine Zärtlichkeiten zu genießen. Dieses Spiel schien ihm immer wieder Spaß zu machen.
Eines Abends gelang es Liz, John zu einer Fahrt mit dem Wagen zu überreden. Anfangs zögerte er, doch als Liz ihm versicherte, sie habe schon seit Jahren den Führerschein und noch nie einen Unfall gehabt, willigte er schließlich ein.
“Na, also”, meinte Sean, nachdem die beiden gegangen waren. “Das ist das Beste, was er machen konnte. John hat sich schon viel zu lange hier im Haus verkrochen.”
Carins Bruder hatte es mit Hilfe seiner Krücken zwar geschafft, auch im Hof umherzugehen, doch auf dem unebenen Boden war dies äußerst schwierig, sodass er tatsächlich einmal gestürzt war. Glücklicherweise hatte er sich dabei nicht verletzt, aber die Lust, draußen herumzuhumpeln, war ihm von da an gründlich vergangen.
An diesem Abend war Carin zum ersten Mal mit Sean allein im Haus. “Vielleicht sollten wir auch ausgehen?”, schlug sie zaghaft vor.
“Das halte ich für keine gute Idee.” Sean lächelte breit, jedoch ohne Humor. “Du hast Angst, mit mir allein zu sein, nicht wahr? Aber da wir uns beide voneinander angezogen fühlen, ist das ziemlich albern, findest du nicht?”
“Nein, das finde ich nicht!”, erwiderte Carin barsch. “In der Nacht, als dein Cottage brannte, habe ich eben den Kopf verloren, das gebe ich zu. Aber das war das erste und das letzte Mal, dass mir so etwas passierte. Ich lasse mich nicht benutzen.”
Sean wurde plötzlich ernst. “Du glaubst wohl, Josies Untreue hätte meinen Charakter verdorben?” Er atmete tief durch. “Ich glaube, ich sollte dir die ganze Geschichte erzählen. Vielleicht kannst du mich dann besser verstehen.”
Carin sah überrascht auf. “Was gibt es denn noch zu erzählen?”
Er ging vom Fenster weg und setzte sich auf einen Stuhl. “Wir hatten eine Schwester, Bruce und ich”, begann er. “Wusstest du das?”
“Nein, du hast sie nie zuvor erwähnt.”
“Aus gutem Grund”, erwiderte Sean bitter. “Sie war eine Schande für die Familie.” Als Carin ihn verständnislos ansah, fügte er schnell hinzu: “Nicht für mich, niemals. Ich habe sie sehr geliebt. Aber meine Mutter schämte sich ihretwegen. Und das tat mir am meisten weh. Kannst du dir das vorstellen? Eine Mutter, die von ihrem eigenen Kind nichts wissen will?”
Er machte eine kurze Pause und fuhr dann fort: “Oh ja, meine Mutter konnte es nicht verwinden, dass sie ein Kind auf die Welt gebracht hatte, das geistig
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