Das Cottage im Wald
gab ich schließlich nach, und Emily kam in ein Heim. Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr ich darunter litt, sie abgeschoben zu haben. Ich besuchte sie jeden Tag nach der Arbeit, sogar an den Wochenenden. Aber meine Ehe zerbrach daran. Josie warf mir vor, Emily mehr zu lieben als sie selbst, und bald kamen mir Gerüchte zu Ohren, dass sie sich mit anderen Männern traf. Als ich sie daraufhin zur Rede stellte, gab sie alles zu, versprach aber, es in Zukunft sein zu lassen. Josie meinte, sie liebe mich wirklich, sie habe sich nur vernachlässigt gefühlt, weil ich zu wenig Zeit für sie gehabt hätte.”
Es ist wieder einmal die alte Geschichte, dachte Carin betroffen, nur dass nicht übertriebener Arbeitseifer Sean von zu Hause ferngehalten hat, sondern die Liebe zu seiner Schwester. Hätte Josie diese Liebe teilen können, wäre alles anders gewesen.
“Doch sie änderte sich nicht”, fuhr Sean fort. “Sie traf sich weiterhin mit anderen Männern – so wie meine Mutter!” Ein wilder, zorniger Ausdruck verzerrte sein Gesicht. “Wir hatten dauernd Streit, bis mir schließlich der Kragen platzte und ich sie hinauswarf. Danach reichte ich sofort die Scheidung ein. Wenn Josie nur mehr Verständnis für meine Lage gehabt hätte. Ich habe sie wirklich geliebt, aber sie hat mit ihrer Gefühlskälte Emily gegenüber alles zunichte gemacht. Am Ende war ich der Einzige, der sich noch um Emily kümmerte. Bruce besuchte sie zwar, aber nicht sehr häufig, und ich brachte es nicht übers Herz, sie in diesem Heim sitzenzulassen in dem Glauben, dass niemand sie mehr lieben würde.”
Carin traten Tränen in die Augen. Wie hatte sie sich so in Sean täuschen können? Nie hätte sie es für möglich gehalten, dass er zu so tiefen Gefühlen fähig war.
“Meine Schwester starb kurz nach der Scheidung.” Seans Blick fiel ins Leere, während er weitersprach. “Josie kam nicht zur Beerdigung, sie schickte nicht mal eine Beileidskarte. Den Rest kennst du ja. Ich kam nach Emilys Tod hierher, weil ich Zeit zum Nachdenken brauchte. Ich musste endlich Ruhe finden, um mit all dem, was geschehen war, fertig zu werden und um mit mir selbst wieder ins Reine zu kommen.”
“Das habe ich alles nicht gewusst”, sagte Carin leise. Ihr war klar, dass sie Sean nicht trösten konnte.
“Ich hoffe, du verstehst jetzt, warum ich keine Lust mehr habe, mich je wieder an eine Frau zu binden.”
Carin schwieg betroffen. Sean hatte zweifellos ein schweres Schicksal erlitten, und sie konnte gut nachempfinden, dass er nun misstrauisch und verbittert war. Aber würde die Zeit nicht seine Wunden heilen?
“Nicht alle Frauen sind wie Josie”, sagte sie schließlich. “Das siehst du doch an Stephanie.”
“Aber die meisten”, erwiderte Sean scharf. “Ich will es auch gar nicht mehr ausprobieren. Und jetzt Schluss damit. Wo waren wir vorhin eigentlich stehen geblieben? Dass wir uns zueinander hingezogen fühlen?”
“Das hast du gesagt, nicht ich. Ich habe jedenfalls nicht die Absicht, mich auf eine Affäre mit dir einzulassen. Eines Tages, auch wenn du jetzt anders denkst, wirst du wieder eine Frau finden, die du liebst und die dich nicht im Stich lassen wird. Und wenn du bis dahin ein paar Abenteuer brauchst, dann ist das dein gutes Recht, aber mich lass dabei bitte aus dem Spiel. Der Mann, mit dem ich schlafe, wird auch der Mann sein, den ich heirate. So einfach ist das.”
“Klingt ganz so, als meintest du das ernst.”
“Bitterernst”, bestätigte Carin und fragte sich insgeheim, wie das Schicksal ihr nur einen derartigen Streich spielen konnte, dass sie sich ausgerechnet in einen Mann verliebt hatte, der von Liebe und Ehe nichts mehr wissen wollte.
Sean lächelte sanft. “Mal sehen, ob ich dich nicht umstimmen kann.”
Ein erregendes Prickeln durchrieselte Carin. Es war so leicht für Sean. Er brauchte sie nur zu küssen, und ihr Widerstand würde in seinen Armen dahinschmelzen. Mühevoll zwang sie sich, kühl zu bleiben.
“Ich wusste, dass es ein Fehler von John war, dich bei uns wohnen zu lassen. Er hat keine Ahnung, wie du mich von Anfang an bedrängst.”
“Oh nein, meine liebe Carin. Ich glaube, du verdrehst da was. Du warst diejenige, die hinter mir her war. Oder hast du das vergessen?”
“Mein Interesse hatte nichts mit Sex zu tun, und daran hat sich nichts geändert. Wenn du nur meinen Körper willst, dann vergiss es. Ich werde uns was kochen, oder wir können auch auswärts essen, das ist mir gleich. Oder
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