Das Cottage im Wald
du gehst allein aus – das wäre sogar noch besser. Dann könnte ich den Abend wenigstens richtig genießen.”
Sean grinste jungenhaft. “Weißt du was? Ich glaube, du hast einfach Angst. Du fühlst und willst viel mehr, als du zugibst. In letzter Zeit habe ich dich oft beobachtet, Carin. Du willst mich, so wie ich dich will. Nur dein Gewissen hält dich noch davon ab, mit mir endlich ins Bett zu gehen.”
Carin schüttelte energisch den Kopf. “Das ist nicht wahr. Ich gebe zu, ich stehe Männern genauso misstrauisch gegenüber wie du Frauen, und im Moment habe ich auch nicht die Absicht zu heiraten. Das heißt aber nicht, dass das immer so sein wird. Aber im Gegensatz zu dir brauche ich keine sexuelle Erfüllung. Ich bin mit meinem Leben zufrieden, so wie es jetzt ist. Die Arbeit bei John macht mir Spaß. Erst als ich hierher kam, wurde mir bewusst, wie sehr ich das Leben auf dem Land vermisste.”
“Das sind doch nur Ausreden, Carin.” Sean war aufgestanden und kam nun auf sie zu. Dann beugte er sich über sie und stützte die Hände auf ihre Stuhllehne. Sein Gesicht war nur noch wenige Zentimeter von ihrem entfernt.
Carins Herz klopfte wild, und unwillkürlich fuhr sie sich mit der Zungenspitze über die trockenen Lippen.
Sean deutete diese harmlose Geste wohl als Aufforderung, denn im nächsten Moment neigte er den Kopf und presste die Lippen auf ihren Mund.
Sofort überkam Carin das heiße Verlangen, Sean die Arme um den Nacken zu legen und sich den Wonnen der Leidenschaft hinzugeben. Doch sie musste der Versuchung widerstehen. So blieb sie stocksteif, selbst als Sean mit der Zunge sanft die Konturen ihrer Lippen nachzog.
Sean lachte spöttisch auf. “Du kannst dich verstellen, wie du willst, Carin, mir machst du nichts vor. Aber keine Sorge, der Abend ist noch lang, und ich kann warten.”
Er richtete sich auf und sah Carin eindringlich in die Augen. Sie hatte das Gefühl, als könne er ihr bis auf den Grund des Herzens sehen.
“Mein Magen sagt mir allerdings, dass er wieder Nachschub braucht”, fügte er heiter hinzu. “Was hältst du davon, wenn ich uns etwas zu essen mache?”
“Keine schlechte Idee.” Carin hoffte, Sean wenigstens so für eine Weile zu entkommen.
“Und du kannst mir Gesellschaft leisten. Wir genehmigen uns einen guten Wein, und während ich koche, erzählst du mir, was du in London so alles erlebt hast.”
Das hat mir gerade noch gefehlt, ärgerte sich Carin und überlegte krampfhaft, wie sie sich herausreden sollte. “Aber ich muss unbedingt duschen und mich umziehen”, entschuldigte sie sich nicht gerade sehr geistreich.
“Das dauert höchstens zehn Minuten, und wenn du dann nicht kommst, werde ich dich holen, mein Schatz.” Sean lächelte Carin jungenhaft an, und in dem Moment wusste sie, dass er seine Drohung wahr machen würde.
“Ich bin gleich wieder zurück”, sagte sie und warf ihm einen bösen Blick zu.
Unter der Dusche zerbrach sich Carin den Kopf über ihre verzwickte Lage. Wäre John doch nur nicht ausgegangen. “Du und Sean, ihr seid das ideale Paar”, pflegte er ständig zu sagen. Er hat ja keine Ahnung, wie Sean mich behandelt, dachte sie. Er weiß nicht, dass dieser Mann nur eines im Sinn hat, nämlich Sex.
Trotz des angenehm warmen Wassers konnte Carin sich nicht entspannen. John hat wohl vergessen, dass Sean sich nie wieder an eine Frau binden will, grübelte sie weiter. Oder er versucht einfach, mich zu verkuppeln, weil er mich loswerden will. Er hat jetzt ja Liz. Natürlich! Das war es! Plötzlich schien Carin ein Licht aufzugehen. Der Gedanke, dass ihre Vermutung richtig sein könnte, versetzte sie regelrecht in Panik. Hastig drehte sie das Wasser ab und wickelte sich in ein großes Handtuch. Sie war hierher gekommen, um mindestens ein paar Jahre auf der Farm zu bleiben, und nun, fast über Nacht, war alles anders geworden.
Carin zog ein mintgrünes Baumwollkleid an und fuhr dann mit der Bürste durch ihr langes blondes Haar, bis es seidig glänzte. Sie trug nur selten Make-up, und wenn, dann höchstens Mascara, einen Hauch von Lidschatten und ein zartes Rot auf den Lippen. Während sie sich im Spiegel betrachtete, überlegte sie, ob sie sich wohl etwas schminken sollte. Doch das war gar nicht nötig. Ihre Augen strahlten, ihr Teint sah rosig frisch aus, und die Wangen waren vor Aufregung ganz leicht gerötet.
Aus der Küche strömte ein verlockender Duft. Sean hatte in der Zwischenzeit Lammkoteletts gegrillt und frisches Gemüse
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