Das Cottage im Wald
brauche.”
“Wozu?”, fragte Carin bitter. “Um deine sexuellen Begierden zu befriedigen? Da gibt es sicher genügend andere, die dir mit Freuden zu Diensten wären. Deswegen brauchtest du also nicht die Last einer Ehe auf dich zu nehmen.”
“Würdest du denn mit mir schlafen, ohne mit mir verheiratet zu sein?”
Carin schüttelte den Kopf. “Nein, das weißt du.” Plötzlich glaubte sie zu wissen, was in Sean vorging. “Soll das etwa heißen, du heiratest mich bloß, weil …” Sie fasste sich an die Stirn. “Du lässt dich auf eine Ehe ein, nur damit du mit mir schlafen kannst? Das ist das Verrückteste, was ich je gehört habe. Ich kann es nicht glauben. Du bist genauso schlecht wie Karl”, fügte sie dann verächtlich hinzu.
“Verdammt noch mal, Carin, das ist nicht der Grund.” Sean wurde nun ungeduldig. “Ich bin sicher, dass es mit uns beiden klappen könnte. Wir passen zueinander. In den letzten Wochen haben wir uns doch gut verstanden. Du hättest ein angenehmes Leben, ich bin kein armer Mann. Zumindest müsstest du nicht allein leben. Überleg es dir.”
Carin dachte verzweifelt nach. Was sollte sie tun? Eine Partnerschaft ohne Liebe war nicht das, wovon sie träumte. Sie liebte Sean mehr als alles auf der Welt und wünschte sich sehnlichst, dass er sie auch liebte. Aber nur seine Haushälterin und Geliebte zu sein reichte nicht für eine Ehe. Nicht nur körperliche Zuneigung, sondern auch geistige und seelische Verbundenheit waren nötig, um einer Partnerschaft Bestand zu geben.
“Wie stellst du dir denn unser Zusammenleben vor?”, wollte sie schließlich wissen. “Welche Verpflichtungen würde ich eingehen? Hätte ich die Freiheit, auch andere Freunde zu haben?”
“Meinst du Männer?”
“Nein, natürlich nicht so, wie du denkst. Aber bei einer so unkonventionellen Ehe erwartest du hoffentlich nicht, dass ich den ganzen Tag zu Hause sitze, die brave Hausfrau spiele und auf dich warte? Und was ist, wenn es doch nicht klappt? Würdest du mich gehen lassen, oder würdest darauf bestehen, dass wir bis ans Ende unserer Tage verheiratet bleiben?”
“Du könntest gehen”, antwortete Sean ruhig, doch in seiner Stimme klang Bitterkeit mit.
Carin fiel es schwer, Seans Beweggründe zu begreifen. “Ich brauche Zeit zum Nachdenken”, sagte sie. “Das alles kommt mir ein bisschen zu plötzlich.”
Sean stand auf. “Gut. Während du nachdenkst, spüle ich das Geschirr.”
Carin machte sich nichts vor. Sie würde Ja sagen. Nachdenklich sah sie Sean zu, wie er die Teller zusammenstellte und in die Küche trug.
Er suchte Gesellschaft und eine Geliebte. Der Gedanke, in ein leeres Haus zurückkehren zu müssen, behagte ihm offensichtlich nicht. Aber was ist mit mir?, fragte sich Carin. Wird mich nicht alles in diesem Haus an Josie erinnern?
Sie liebte Sean. Warum sollte sie also Nein sagen? Ihn für immer zu verlieren könnte sie nicht ertragen. Vielleicht würde es ihr mit der Zeit sogar gelingen, seine Liebe zu gewinnen?
“Nun?” Seans Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Er war ins Wohnzimmer gekommen und setzte sich nun ihr gegenüber ruhig in einen Sessel.
Carin hörte sich Ja sagen, während ihr die Vernunft das Gegenteil riet. Du wirst es bereuen, warnte eine innere Stimme. Du weißt genau, warum er dich heiraten will. Aber es war sinnlos. Ihr Herz hatte über den Verstand gesiegt.
“Gut”, sagte Sean und blickte Carin ernst an. “Dann sollten wir so schnell wie möglich heiraten.”
Bereits eine Woche später fand die standesamtliche Trauung statt. Sean hatte die Entscheidung für eine kirchliche Trauung Carin überlassen, doch sie hatte abgelehnt. Den Umständen entsprechend hielt sie dies nicht für angebracht. Sie hatte nicht einmal Weiß getragen. Stattdessen hatte sie einen elfenbeinfarbenen Zweiteiler mit hübschem Hut gewählt, dessen kurzer Schleier gerade die Augen bedeckte. Sean trug einen eleganten schiefergrauen Anzug.
Carin war sehr stolz und glücklich gewesen, als Mrs. Savage an Seans Seite zu stehen, und sie hatte sich zwingen müssen, ihre Liebe nicht allzu deutlich zu zeigen. Sean war äußerst zurückhaltend gewesen, und in seinem obligatorischen Kuss hatte sie nichts von Leidenschaft gespürt.
In der Woche vor der Hochzeit hatte sie Sean kaum gesehen. Offensichtlich war er ihr absichtlich aus dem Weg gegangen. Wäre sie nicht davon überzeugt gewesen, seine Liebe doch noch zu gewinnen, hätte sie die ganze Sache abgeblasen.
Die Feierlichkeiten
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