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Das Daemonenschiff

Das Daemonenschiff

Titel: Das Daemonenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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fragte Andrej. Warum wurde er zornig, fragte
er sich? Er sollte Thure doch inzwischen kennen.
Trotz blitzte in Thures Blick auf. »Du weißt nicht, was dieses
Schiff für uns bedeutet. Das ist die Fenrir. So mancher fürchtet
sie mehr als das Nagelfahr, und die meisten wagen es nicht
einmal, ihren Namen laut auszusprechen.«
»Damit hat es ja nun ein Ende«, sagte Abu Dun gelassen.
Andrej war nicht überzeugt. Sie hatten die Besatzung dieses
Schiffes ausgelöscht und den Fluch damit gebrochen, wie sie bis
zu diesem Moment geglaubt hatten. Aber vielleicht irrten sie
sich. Irgendetwas … war noch immer auf diesem Schiff. Wir
hätten es verbrennen sollen, dachte er.
Von Thures nächsten Worten fühlte er sich bestätigt. »Du verstehst nichts, Abu Dun. Dieses Schiff wird unsere Flotte anführen.
Wir werden den Schrecken, der uns alle so lange heimgesucht hat,
zurück zu denen tragen, die ihn uns geschickt haben.«
Wenn auch widerwillig, so musste Andrej doch eingestehen,
dass Thures Vorschlag klug war. Was er selbst als ungutes
Gefühl tief am Grunde seiner Seele spürte, das las er als
unverhohlene Angst auf dem Gesicht jedes einzelnen Mannes, in
das er blickte. Abu Dun und er waren gewiss nicht die Einzigen,
die fühlten, dass dies kein gewöhnliches Schiff war. Aber die
Krieger würden ihre Furcht beherrschen und sich dem Befehl
des Nordmannes beugen, und wenn sie ihre Angst erst einmal
besiegt hatten, da war Andrej sicher, dann würde es den Mut
und den Kampfeswillen der Männer nur stärken, ausgerechnet
mit diesem Schiff in die Schlacht gezogen zu sein. Aber Taktik
und Strategie waren eine Sache. Er musste plötzlich noch einmal
an das denken, was Abu Dun über diese Inseln und ihre Bewohner gesagt hatte. Vielleicht waren sie nicht nur in einer falschen
Zeit gestrandet, sondern auch in einer Welt, in der Logik nicht
mehr ihr angestammtes Gewicht hatte.
»Dieses Wrack?«, schnaubte Abu Dun. »Und ich dachte, ihr
Nordmänner seid erfahrene Seeleute.« Er sah sich argwöhnisch
um. »Der erste kräftige Windstoß, und es bricht auseinander.«
Thure lachte nur. »Jetzt unterschätzt du uns, schwarzer
Mann«, sagte er mit gutmütigem Spott, dem der Ausdruck in
seinem Blick allerdings jegliche Versöhnlichkeit nahm. »Ich
werde meine besten Männer mit dieser Aufgabe betrauen. Wenn
die Sonne das nächste Mal aufgeht, ist die Fenrir wieder
seetüchtig, darauf gebe ich dir mein Wort.«
»Ja«, versetzte Abu Dun böse. »Und ich bin sicher, du verwettest das Leben deiner Krieger darauf.«
Möglicherweise war das selbst für die Duldsamkeit des Nordmannes zuviel, denn in seinen Augen blitzte es abermals zornig
auf. Er setzte gerade zu einer wütenden Antwort an, als ihn eine
helle Stimme spöttisch unterbrach: »Habt ihr beide eigentlich
selbst in diesem Moment nichts Besseres zu tun, als euch
gegenseitig zu beweisen, wer der Stärkere ist?«
Andrej war nicht der Einzige, der überrascht die Stirn runzelte,
als er die schlanke Gestalt sah, die mit fließenden Bewegungen
über den Schildwall kletterte. Urd trug nicht mehr ihr gewohntes
zerschlissenes blaues Kleid, sondern Lederrock, Stiefel und
Wams und darüber ein fein gewobenes Kettenhemd, das jede
ihrer Bewegungen mit einem hellen Klingen begleitete, und
dazu einen wuchtigen Lederhelm (ohne Hörner), Schild und
Schwert. Erst später wurde Andrej klar, dass er sie unten am
Steg vermisst hatte. Sie war nicht da und somit nicht in Gefahr
gewesen, das war das Einzige, was in diesem Moment gezählt
hatte, und so hatte er sich nicht weiter um ihren Verbleib
gesorgt.
»Warum regelt ihr die Sache nicht endgültig?«, fuhr Urd fort.
»Legt eure Waffen ab, reibt euch mit Schlamm ein und schlagt
euch gegenseitig so lange ins Gesicht, bis ihr blutet und jeder für
sich beanspruchen kann, mehr Hiebe eingesteckt zu haben.« Sie
schnaubte. »Männer!«
»Was tust du hier?«, fragte Andrej, nachdem er endlich seine
Überraschung überwunden hatte.
»Ach, ich wollte nur sehen, wie richtige Krieger eine gefährliche Situation wie diese meistern«, antwortete Urd spitz, und mit
einem weiteren demonstrativen Kopfschütteln, das Abu Dun
und ihrem Bruder galt. Der Nubier grinste breit, doch Thure
wirkte verstimmt. Andrej konnte dieselbe Frage in seinen Augen
lesen, die er gerade laut gestellt hatte. »Und nachsehen«, fuhr
Urd nach einer kleinen, aber genau bemessenen Pause fort, »ob
ich irgendwie helfen kann.«
Ohne auf eine Antwort zu warten,

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