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Das Daemonenschiff

Das Daemonenschiff

Titel: Das Daemonenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Luft.
Abu Dun sah ihn beunruhigt an, eine stumme Frage im Blick,
aber er sagte nichts, sondern trat nur an Andrej vorbei und stieß
die Stofffetzen mit dem Fuß auseinander. Darunter war nichts
als moderiges Holz.
Abu Dun schwieg weiter, und Andrej senkte zögernd sein
Schwert, sah sich noch einmal aufmerksam auf Deck um und
trat schließlich an die nebeneinander aufgereihten Schilde, die
die Stelle der Reling einnahmen. Die Nacht stürmte mit Riesenschritten über das Meer heran, und er fragte sich, ob er Nebel
sah oder die herankriechende Dunkelheit. Aber was immer es
war … etwas verbarg sich in den lautlos wogenden Schatten.
»Was ist das, Hexenmeister?«, flüsterte Abu Dun.
Ratlos zuckte Andrej die Achseln. Er verspürte eine absurde
Erleichterung, offensichtlich nicht der Einzige zu sein, der den
unheimlichen Schatten sah, aber zugleich griff eine eisige Hand
nach seinem Herzen und presste es ganz langsam zusammen. Er
konnte es nicht wirklich sehen. Er war nicht einmal wirklich
sicher, ob es wirklich ein Schatten war, der hinter der plötzlich
greifbaren Dunkelheit wogte, und doch verstand er die lautlose
Botschaft, dass dort draußen etwas war, das von ihnen, ihrem
Kommen und all ihren Plänen wusste.
Dann war es verschwunden, so schnell und still, wie es aufgetaucht war.
Abu Dun warf ihm stirnrunzelnd einen Blick zu, aber Andrej
sagte nichts, steckte nun endgültig sein Schwert ein und wandte
sich brüsk ab, um zu dem halb bewusstlosen Mann zurückzugehen. Inzwischen war ein halbes Dutzend von Osriks Kriegern an
Bord gekommen, die sich mit erhobenen Schilden und gezückten Schwertern rings um den reglos Daliegenden postiert hatten.
Keiner der Männer sagte auch nur ein Wort, aber der Ausdruck
auf ihren Gesichtern verriet nichts anderes als pure Angst.
Andrej vermochte nicht zu sagen, ob diese Furcht ihm oder
diesem von düsteren Sagen umwobenen Schiff galt.
»Gehen wir«, sagte er. Abu Dun setzte zu einer Frage an, aber
Andrej wollte sie nicht hören. Ganz bewusst sah er nicht noch
einmal zu der unheimlichen Nebelbank zurück … oder was
immer es auch war. Etwas verbarg sich darin, das sich sowohl
seinen Blicken als auch seinen anderen Sinnen entzog, seine
Anwesenheit aber zugleich mehr als deutlich kundtat.
»Kümmert euch um ihn«, befahl er den Kriegern, während er
an dem zusammengesunkenen Mann vorbeiging und seinem
Blick auswich. »Aber seid behutsam. Er hat eine Menge
durchgemacht.«
Als sie über den Schildwall steigen wollten, kam ihnen Thure
entgegen. Er hatte den Schild auf den Rücken gehängt, aber
seine gewaltige Streitaxt in der Hand, und der Ausdruck auf
seinem Gesicht war keine Furcht, sondern etwas … anderes, das
Andrej ganz und gar nicht gefiel.
Doch Abu Dun war schneller. »Thure, unser großer Heerführer«, sagte er spöttisch. »Wie immer in vorderster Front und
begierig darauf, dem Feind ins Auge zu schauen, wie ich sehe?«
Thure warf dem Nubier zwar einen vor Zorn sprühenden Blick
zu, enthielt sich darüber hinaus zu Andrejs Erleichterung aber
jeglichen Kommentars und umklammerte den Stiel seiner
gewaltigen Axt fest mit beiden Händen, als könnte er es gar
nicht erwarten, sie auf einen Feind hinabsausen zu lassen. Sein
Blick tastete aufmerksam über die Ruderbänke, die Rückseite
des Schildwalles und schließlich den geschnitzten Drachenkopf,
der sich zu anderthalbfacher Manneshöhe im Bug des Bootes
emporschwang. Wenn man genau hinsah, dachte Andrej,
obwohl er wusste, wie närrisch dieser Gedanke war, dann hatte
er eigentlich eher Ähnlichkeit mit einem Wolfsschädel als einem
Drachenkopf. Ihm lief ein eisiger Schauer über den Rücken.
»Das ist also die berüchtigte Fenrir « , murmelte Thure schließlich. Er schüttelte den Kopf. Widerwillige Bewunderung
schwang in seinen Worten mit, als er weitersprach. »Sie haben
es tatsächlich geschafft.«
»Hast du nicht damit gerechnet, oder ist es dir am Ende gar
nicht recht?«, fragte Abu Dun.
Andrej konnte ihm ansehen, dass es ihm schwerfiel, die Fassung zu bewahren. Und zu Andrejs Überraschung antwortete er
sogar: »Ich habe gehofft, dass sie es schaffen. Die beiden waren
die besten Männer, die ich für diese Aufgabe einsetzen konnte.
Aber wenn ich ganz ehrlich sein soll …« Er hob die Schultern
und wich zwar nicht Abu Duns, sehr wohl aber Andrejs Blick
aus. »… große Hoffnung hatte ich nicht.«
»Und du hast diese beiden Männer trotzdem auf der Insel
zurückgelassen?«,

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