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Das Daemonenschiff

Das Daemonenschiff

Titel: Das Daemonenschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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ins Gesicht.
»Ist auch wirklich alles in Ordnung mit dir?«
Abu Dun nickte trotzig, fuhr sich mit dem Handrücken über
den Mund und schluckte ein paar Mal schwer. Andrej konnte
ihm ansehen, wie viel Kraft es ihn kostete, mit den schweren
Verletzungen fertig zu werden, die ihm der Fangarm zugefügt
hatte, aber schließlich nickte er noch einmal, straffte trotzig die
Schultern und setzte zu einer Antwort an, sah dann aber nur
stirnrunzelnd und besorgt an Thure vorbei. »König … Osrik?«
Auch Thure wirkte im ersten Augenblick genauso überrascht
und verwirrt wie der Nubier, dann aber zeigte sich tiefste
Erleichterung auf seinem Gesicht. »Osrik! Ich bin ja so froh,
dass –«
» Das ist nicht mehr Osrik! « , schrie Andrej. » Weg! «
Er fuhr hoch und herum, doch so schnell er auch war, Abu
Dun war schneller. Mit einer einzigen Bewegung stieß er Thure
zur Seite, fing den Arm des Daugers ab, mit dem dieser sein
Schwert schwang, und rammte der unheimlichen Kreatur die
Faust ins Gesicht.
Nicht einmal die ungeheuerlichen Kräfte des nubischen Riesen
reichten, um den Dauger niederzuwerfen, aber der vermeintliche
König wankte und ließ seine Waffe fallen, und mehr brauchte
Abu Dun nicht. Er packte den Dauger mit beiden Händen, riss
ihn hoch über den Kopf und schleuderte ihn mit einer kraftvollen Bewegung über Bord. Im nächsten Moment waren Andrej
und er an der Reling und beugten sich gleichzeitig vor, und
Andrej hätte es nicht erstaunt, den Dauger wieder auftauchen zu
sehen, um mit einem einzigen Satz wieder zu ihnen heraufzuspringen. Doch das Einzige, was sie sahen, war schäumendes,
schwarzes Wasser.
»Kaum zu glauben«, sagte Abu Dun, »aber manchmal sind
diese schweren Rüstungen wohl doch zu etwas Nutze.«
Andrej sah angestrengt in den Nebel hinaus. Tief in sich fühlte
er noch immer den Schmerz und die grenzenlose, heulende Wut
des Nagelfahr, und für einen winzigen Moment glaubte er einen
grotesk aufgeblähten Schatten über das Wasser davonkriechen
zu sehen – dann hatte der Nebel den Spuk endgültig verschluckt.
Abu Dun sah Thure an. Der Nordmann wirkte erschüttert.
Selbst in der fast vollkommenen Dunkelheit konnte Andrej
sehen, wie blass er war.
»Das … das war nicht mehr Osrik«, murmelte er. »Aber wie
…?« Er schüttelte hilflos den Kopf und sah Abu Dun an. »Du
hast mir das Leben gerettet.«
Abu Dun grinste flüchtig. Auf seinen Lippen klebte immer
noch Blut. »Dann sind wir ja jetzt quitt. Ich bleibe ungern
jemandem etwas schuldig, und du hast gerade für mich –«
Etwas sirrte, ein Laut wie von einer Armbrust, nur mächtiger,
lauter und bösartiger, und Abu Dun brach mitten im Wort ab.
Eine geschlagene Sekunde lang stand er wie erstarrt, dann
senkte er den Kopf, ganz langsam, und starrte den doppelt
daumendicken, schwarzen Dorn an, der annähernd zwei Handspannen weit aus seiner Brust ragte.
Andrej und Thure sprangen gleichzeitig hinzu, als er zusammenbrach.
    Die Flotte war zum Stillstand gekommen. Die Schiffe hatten
sich zusammengefunden und Rumpf an Rumpf festgemacht, so
dicht nebeneinander, dass man jedes der verbliebenen sechsundzwanzig Drachenboote trockenen Fußes hätte erreichen können.
Sämtliche Segel waren gerefft und die Ruder eingezogen. Nur
die Strömung bewegte die Flotte noch fast unmerklich von der
Stelle, als hätte sie sich in ein einziges, großes Boot mit zahlreichen Rümpfen und ebenso zahlreichen Masten und Drachenköpfen verwandelt.
»Wie geht es deinem Freund?«
    Andrej schmiegte die Finger um den Becher mit heißem Met,
den ihm einer der Männer gereicht hatte, um die Wärme
aufzusaugen, und blies in die dampfende Flüssigkeit, bevor er
sich zu Thure umwandte.
    In den letzten beiden Stunden war der Nordmann von Schiff
zu Schiff gegangen, um die Kapitäne über die veränderte Lage
zu informieren und die Mannschaften aufzumuntern, und Andrej
hatte nicht einmal gemerkt, dass er zurück auf die Fenrir gekommen war.
    »Deine Schwester kümmert sich um ihn«, antwortete er, mit
einiger Verzögerung und auch erst, nachdem er einen kräftigen
Schluck aus seinem Becher genommen hatte. Heiß schmeckte
das Zeug noch scheußlicher, aber die Wärme tat gut.
    »Dann ist er in den besten Händen«, sagte Thure. Es klang
ehrlich. »Wenn es jemanden gibt, der Abu Dun retten kann,
dann ist es Urd.«
    »Abu Dun wird nicht sterben«, antwortete Andrej. Seine
Worte klangen grober, als er es beabsichtigt hatte, aber Thure
schob seinen

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